Oktober 1923 - Regierungskrise
Reichskanzler Gustav Stresemann forderte am 1.
Oktober 1923 ein
Ermächtigungsgesetz zur Sanierung der
Wirtschaftslage, damit die Reichsregierung zur
Überwindung der Wirtschaftskrise sofort finanzielle
und sozialpolitische Maßnahmen ohne Verzögerungen
durch das normale Gesetzgebungsverfahren ergreifen
könnte. Die SPD verweigerte ihre Zustimmung und am
3. Oktober kam es daher zu einer Regierungskrise.
Die KPD war bereit, in die sozial-demokratische
Landesregierung von Sachsen und Thüringen
einzutreten.
Wichtige Naschrichten im
Oktober 1923
1. Oktober
Einheiten der Schwarzen Reichswehr unter Major Bruno
Buchrucker unternahmen in Küstrin und Spandau einen
Putschversuch, der von der regulären Reichswehr
schnell niedergeschlagen wurde.
1. Oktober
Für einen US-Dollar werden 242 Millionen Mark
gezahlt.
2. Oktober
Nach dem Rückzug der letzten britischen Truppen aus
Konstantinopel (heute Istanbul) wurde dort feierlich
die türkische Flagge gehisst.
2. Oktober
Wegen eines drohenden Bürgerkrieges im Deutschen
Reich forderten zahlreiche Kundgebungen in der
Sowjetunion zur Unterstützung der deutschen
Kommunisten auf.
2. Oktober
Papst Pius XI. richte einen Aufruf an die
US-amerikanischen Bischöfe zur Hilfeleistung für
Mitteleuropa, wo eine Hungersnot drohte.
3. Oktober
Die Reichsregierung trat zurück. Stresemann wurde
mit Koalitionsverhandlungen beauftragt.
4. Oktober
Die Reichstagsfraktion der Deutschnationalen
Volkspartei teilte offiziell mit, dass sie auch
einer neuen Regierung unter Gustav Stresemann kein
Vertrauen entgegenbringen würde.
4. Oktober
Ein Liter Vollmilch kostete in Berlin derzeit 14
Millionen Mark.
4. Oktober
Die Komödie „Fannys erstes Stück“ von George Bernard
Shaw wurde in der Tribüne in Berlin-Charlottenburg
aufgeführt.
4. Oktober
In Salem starb der Reformpädagoge und Leiter der
Schule Schloss Salem, Karl Reinhardt im Alter von 74
Jahren. 1919 schrieb er „Die Neugestaltung des
deutschen Schulwesens“.
5. Oktober
Die KPD war bereit, in die sozialdemokratische
Landesregierung von Sachsen und Thüringen
einzutreten. Sie fasste diesen Beschluss „angesichts
der großen Gefahr, die dem deutschen Proletariat und
vor allem der sächsischen und thüringischen
Arbeiterschaft drohte“.
5. Oktober
In China wurde der am 14. Juni am Sturz von
Präsident Li Yüan-hung maßgeblich beteiligte General
Ts’aso K’un zum Präsidenten gewählt. Ts’ao K’un war
einer der militärischen Machthaber im Norden des
Landes.
5. Oktober
Im Deutschen Volksverlag in München erschien „Adolf
Hitler. Sein Leben, seine Reden“ herausgegeben von
A.B. von Koerber.
6. Oktober
Der bayerische Generalstaatskommissar Gustav Ritter
von Kahr erließ ein Streikverbot und verbot
gleichzeitig kommunistische Zeitungen und
Zeitschriften in Bayern.
6. Oktober
US-Präsident Calvin Coolidge lehnte die Streichung
der alliierten Kriegsschulden ab. Großbritannien und
Frankreich hatten während des Weltkrieges
umfangreiche US-amerikanische Kredite aufgenommen.
Coolidge betonte jedoch die Bereitschaft zu
großzügigen Regelungen.
6. Oktober
Beauftragte der Industrie (u. a. Stinnes und Vögler)
nahmen mit dem französischen General Degoutte
Verhandlungen über eine Verlängerung der
gesetzlichen Arbeitszeit von acht Stunden auf.
Degoutte lehnte das jedoch ab.
6. Oktober
Das Schauspiel „Vom Teufel geholt“ von Knut Hamsun
wurde im Schauspielhaus in Berlin aufgeführt.
7. Oktober
Ein Kongress thüringischer Betriebsräte beschloss
die Arbeiter, Angestellten und Beamten zu
mobilisieren. Diese sogenannten proletarischen
Hundertschaften sollten die „faschistische Reaktion“
Bayerns abwehren.
7. Oktober
Der französische Ministerpräsident Raymond Poincaré
wies das Verschulden der französischen Behörden an
den blutigen Separatisten Unruhen in Düsseldorf am
30. September entschieden zurück.
8. Oktober
Die Arbeiterorganisationen protestierten heftig
gegen den Beschluss der rheinisch-westfälischen
Zechen Besitzer, die Arbeitszeit auf 8,5 Stunden
unter Tage und 10 Stunden über Tage zu verlängern.
Der preußische Handelsminister untersagte den Zechen
eine solche Arbeitsverlängerung. Daraufhin zog der
Zechen Verband die Anordnung zurück.
8. Oktober
Der neue Berliner Flughafen wurde auf dem
Tempelhofer Feld eröffnet und den
Luftverkehrsgesellschaften Junkers und Aero Lloyd AG
zur regelmäßigen Nutzung übergeben.
8. Oktober
Ein US-Dollar war derzeit 838 Millionen Mark Wert.
Für ein Brot musste man in Berlin 64 Millionen Mark
zahlen.
9. Oktober
Die preußische Bergwerks- und Hütten-AG (Preussag
AG) wurde gegründet. Das Unternehmen vereinigte und
betrieb die bisherigen preußischen Staatsbetriebe.
9. Oktober
Das Drama „Anna Christie“ von Eugene O’Neill wurde
am Deutschen Theater in Berlin von Fritz Wendhausen
inszeniert. Käthe Dorsch spielte die Hauptrolle.
10. Oktober
Ministerpräsident Zeigner (SPC) bildete in Sachsen
eine Koalitionsregierung aus SPD und KPD. Die KPD
übernahm die Ministerien für Wirtschaft und
Finanzen.
10. Oktober
Der Reichstag billigte den vierten Nachtrags-Etat.
Durch Anleihen und Schatzanweisungen sollten 578 416
Billionen Mark für den Aufkauf von Brotgetreide, die
Bezahlung der Ruhrschäden und die Auszahlung der
Beamtengehälter aufgebracht werden.
10. Oktober
Das Angebot der Reichsregierung über die
Wiederherstellung des normalen Wirtschafts- und
Verkehrsleben im Ruhrgebiet zu verhandeln, wurde von
der französischen Regierung abgelehnt. Diese wollte
mit den lokalen deutschen Behörden und
Wirtschaftsvertretern Verhandlungen aufnehmen.
10. Oktober
Der Kurs des US-Dollars war auf 2,9 Milliarden Mark
angestiegen.
10. Oktober
„Der abtrünnige Zar“ von Carl Hauptmann wurde an der
Volksbühne in Berlin aufgeführt.
11. Oktober
Reichswehrminister Otto Geßler verbot bis auf
Weiteres das kommunistische Zentralorgan „Die Rote
Fahne“, weil die Zeitung am Vortag zur Vorbereitung
des politischen Generalstreiks aufgerufen hatte.
11. Oktober
Reichspräsident Friedrich Ebert erließ eine
Verordnung über Steueraufwertung, die für
Zahlungspflichten aus Reichssteuern die Umrechnung
in Goldmarktwerte vorsah. Damit wurde eine
entscheidende Grundlage für die Sanierung des
Reichshaushaltes geschaffen.
12. Oktober
Die Genfer Freihandelszonen wurden durch ein
französisches Dekret aufgehoben. Sie sollten ab dem
10. November der französischen Zollverwaltung
einverleibt werden. Diese einseitige Veränderung der
französisch-schweizerischen Zollgrenze stieß in der
Schweiz auf heftige Kritik.
12. Oktober
In Palästina, das unter britischer Mandatsherrschaft
stand, kam es zu jüdisch-arabischen Spannungen. Die
Araber forderten die Abschaffung der Jewisch Agencs
for Palestine, womit sie gegen die massive
Einwanderung der
Juden protestierten.
12. Oktober
Der US-Dollar war auf vier Milliarden Mark
gestiegen.
13. Oktober
Das von Reichskanzler Gustav Stresemann geforderte
Ermächtigungsgesetz wurde nach heftiger Debatte vom
Reichstag mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit
verabschiedet.
13. Oktober
Reichsverkehrsminister Rudolf Oeser forderte die
Eisenbahner im besetzten Ruhrgebiet auf, am 17.
Oktober den Dienst bei der französischen
Eisenbahnregie aufzunehmen.
13. Oktober
Die Explosion eines Pulvermagazins in der Warschauer
Zitadelle forderte über 100 Todesopfer.
13. Oktober
Der Präsident der Preußischen Akademie der Künste,
Max Liebermann, eröffnete in Berlin die
Schwarz-Weiß-Ausstellung, bei der Käthe Kollwitz
Holzschnittzyklus „Der Krieg“ zu sehen war.
14. Oktober
In Basel fand eine Tagung des internationalen
Kongresses für Arbeitsschutz statt.
14. Oktober
Der aus Kiew stammende Bildhauer Alexander
Archipenko verließ Berlin, wo er seit 1921 eine
Bildhauerschule betrieben hatte, um in die USA
auszuwandern.
15. Oktober
Reichspräsident Friedrich Ebert (SPD) verzichtete
wegen der Finanzkrise auf die Hälfte der ihm
zustehenden Aufwandsgelder. Damit wollte Ebert der
Öffentlichkeit die Dringlichkeit einer
Währungssanierung vor Augen führen.
15. Oktober
In verschiedenen Städten des Deutschen Reiches
fanden Demonstrationen gegen die Inflation und die
zunehmende Arbeitslosigkeit statt, die teilweise in
blutige Kämpfe zwischen Arbeitslosen und der Polizei
übergingen.
15. Oktober
Die türkische Nationalversammlung ernannte mit
großer Mehrheit Angora (heute Ankara) zur Hauptstadt
der Türkei, weil die bisherige Hauptstadt
Konstantinopel (heute Istanbul) nicht zentral genug
liege.
16. Oktober
Die Reichsregierung gab die Errichtung der Deutschen
Rentenbank bekannt, womit die Voraussetzung für den
Übergang zu einer neuen Währung, der sogenannten
Rentenmark geschaffen war. Das Kapital dieser Bank
(32 Milliarden Rentenmark) mussten Landwirtschaft,
Industrie, Gewerbe und Handel durch Grundrenten
aufbringen.
16. Oktober
In Thüringen wurde wie in Sachsen eine
Koalitionsregierung aus SPD und KPD gebildet. Die
Kommunisten übernahmen das Justiz- und
Wirtschaftsministerium. Am 11. September war die
sozialdemokratische Landesregierung durch ein
Misstrauensvotum gestürzt worden.
16. Oktober
Der expressionistische Film „Schatten – eine
nächtliche Halluzination“ von Arthur Robinson wurde
im Theater am Nollendorfplatz in Berlin
uraufgeführt. Fritz Kortner und Alexander Granach
spielten die Hauptrollen.
17. Oktober
In Berlin wurden von der städtischen Volksspeisung
zurzeit täglich 20 000 Portionen Mittagessen
ausgegeben. Mit der Schulspeisung sollte möglichst
bald begonnen werden.
18. Oktober
Die rechtsgerichtet bayerische Regierung brach die
diplomatischen Beziehungen zu Sachsen ab.
18. Oktober
General Degoutte erließ ein Dekret, mit dem er den
Drohungen der Ruhr Industriellen über
Betriebsschließungen und Betriebsstilllegungen
entgegenarbeiten wollte.
19. Oktober
Weil General von Lossow sich weigerte, den
„Völkischen Beobachter“ zu verbieten, wurde er vom
Reichswehrminister am 20. Oktober abgesetzt. Es kam
zu einer ersten Krise zwischen dem Reich und
Bayerns, da von Kahr sich vor den General stellte.
19. Oktober
Der Anstieg des US-Dollar hielt an. Ein US-Dollar
war zurzeit 12 Milliarden Mark wert.
19. Oktober
Das Schauspiel „Der Volksfeind“ von Henrik Ibsen mit
Eugen Klöpfer als Hauptdarsteller hatte am
Schillertheater in Berlin Premiere.
19. Oktober
Der Film „Seine Frau, die Unbekannte“ wurde im
Tauentzienpalast in Berlin uraufgeführt. Willie
Fritsch spielte zum ersten Mal eine Hauptrolle. Lil
Dagover spielte die weibliche Hauptrolle.
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Oktober 1923 in den Nachrichten
90 Jahre Radio in 90 Tagen
Saarländischer Rundfunk
Oktober 1923, 20.00 Uhr: Die Geburtsstunde des ersten
elektronischen Massenmediums ist da, als das Funkhaus
sein einstündiges „Eröffnungskonzert“ in den Äther
schickt. Ab sofort sendet Berlin regelmäßig Musik und
Wortbeiträge in die Wohnstuben ....
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