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Das Modejahr 1924 Mode – Der Beginn der Goldenen Zwanziger


Die wirtschaftliche Misere in Deutschland wich einer allmählichen Stabilisierung. Es war kein Tritt ins Fettnäpfchen mehr, wenn man Reichtum zeigte. Extravaganz verlor seinen negativen Stellenwert. Das war in der Mode nicht anders. Alles glitzerte, war mit Stickereien und Strasssteinchen versehen und Straußenfedern waren der gängige Aufputz in der Bekleidung. All das war zumindest am Abend so, wenn man rauschende Feste feierte und Vergnügungen an erster Stelle standen. Abendkleider waren ärmellos und die Kleider selbst waren durch die vielen Verzierungen – es konnte gar nicht üppig genug sein – so
schwer, dass sie durch ihr Eigengewicht hautnah am Körper saßen. Goldlamé war nur einer der edlen Stoffe, die verarbeitet wurden. Der Hang, sich abends luxuriös zu kleiden, zeigte sich auch in der Schuhmode. Da kamen die Damen in Silberbrokat-Schuhen mit eingefärbten Straußenfedern oder mit Strass-Schnallen einher gestöckelt. Vergoldetes Leder und hohe Absätze waren der letzte Schrei. Zum feinen Gewand trug man selbstverständlich einen Hut oder ein Stirnband, das natürlich mit Straußenfedern geschmückt war. Was glänzte und edel aussah, war nicht immer echt. Es entsprach auch der Mode, Strass und Gagat zu verwenden. Diese versteinerte Form von Braunkohle war auch als Jett oder Schwarzer Bernstein bekannt. Und wer sich keine Chiffon- oder Laméstoffe leisten konnte, begnügte sich mit Kunstseide.
Die Kleidung für den Alltag war längst nicht so fantasiereich wie die Abendgarderobe. Hier musste nach wie vor gespart werden. Dennoch wurden die engen, anschmiegsamen Etui-Kleider – sie wurden auch als Fourreaus bezeichnet – mit ihrem geraden Schnitt nicht mehr favorisiert. Moderner waren nun Kleider mit Stoffeinsätzen, bei denen die tiefer liegende Taille geblieben war, dafür aber Stoff am Saum gespart wurde. Aus Knöchellänge wurde Wadenlänge.
Für alles, was die Frauen trugen, war eine schlanke Figur unerlässlich. Doch die war trotz der Hungerjahre keine Selbstverständlichkeit. Es gab viele Frauen, die deshalb immer noch ihr längst unmodern gewordenes Korsett aus dem Schrank holten. Doch sogenannte Gummigürtel boten eine Alternative. So war es wenigstens nur der Gummi, der den Körper einschnürte, nicht aber die Stäbe des Korsetts. Hauptsache war, die Form wurde gewahrt. Eine nachhaltige Methode, die es noch immer gibt, wenngleich die Möglichkeiten sich stark verändert haben.
Auch die Männer gingen mit der Mode. Es gehörte zum guten Ton, sich gepflegt zu kleiden. Am Tage sah man den Herrn in einem Anzug lockerer Schnittform, der eine leichte Taillierung aufwies. Auch der Anzug, den Gustav Stresemann als Reichskanzler bereits im Vorjahr trug, verbreitete sich, als wäre er von einem renommierten Modemacher vorgestellt worden. Die Bezeichnung nach seinem Träger bürgerte sich allerdings erst später ein. Dieser Anzug bestand aus einem einreihigen Sakko, einer Weste, einer
gestreiften Krawatte und einer gestreiften Hose, die keinen Saumumschlag hatte. Der einstige Gehrock wurde seltener, dafür hatten Frack und Smoking immer noch ausreichend Popularität, um als modisch zu gelten. Den Herrn aus besseren Kreisen erkannte man an den Mänteln, die mit Pelz gefüttert waren oder durch einen Pelzkragen auffielen. Zu sportlichen Anlässen trug Mann eine Plusfours, eine Hose, die einem Knickerbocker ähnelte, aber einen etwas weiteren Schnitt hatte. Unverzichtbar war hierzu die Norfolk-Jacke.
Auch wenn Deutschland noch nicht bei den Olympischen Spielen dabei sein durfte, weil es als Kriegs-Schuldner-Land geächtet war, erlebte es einen großen kulturellen Aufschwung. Die Künste erblühten auf allen Gebieten. Nicht nur, dass Thomas Mann seinen „Zauberberg“ vollendete; in der Musik machte George Gershwin mit seiner „Rhapsody in Blue“ Furore. Das Unterhaltungsbedürfnis der Bevölkerung wurde auf ernste und heitere Weise befriedigt. Hier fanden die großen Revuen mit Glamour und Glitzer, mit wirbelnden Ballett-Beinen und viel Musik einen Massenzulauf. Sie hatten begonnen – die Goldenen Zwanziger.

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