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Filmchronik 1921 - Kassenschlager und
Kommerz
Von der Öffentlichkeit zunächst relativ unbeachtet
wurde 1921 in technischer Hinsicht ein
filmhistorischer Meilenstein begangen: Der
schwedische Elektroingenieur Sven Ason Berglund
(1881–1937) präsentierte am 17. Februar in Stockholm
den weltersten, lippensynchronen Tonfilm. Berglund
stieß eine Entwicklung an, die über etliche
Zwischenstationen 1927 zur Premiere des ersten
abendfüllenden Tonfilms („The Jazzsinger“) führte.
1921 war die Kino- und Filmkultur aber noch
eindeutig von Stummfilmen geprägt, deren
Aufführungen in vielen Kinos durch Live-Musik
untermalt wurden.
In großen Kinopalästen konnten das
regelrechte Sinfonie-Orchester mit 60 und mehr
Musikern sein, in Provinz-Kintopps gab oft lediglich
ein einzelner Pianist sein Bestes. Der Film von 1921
war zudem schwarz-weiß, wenngleich es bereits
Experimente mit Farbfilmen gab.
Das zum großen Teil von den USA dominierte Kino nach
dem Ersten Weltkrieg war einerseits von kommerz- und
unterhaltungsorientierten Kurz- und Langfilmen
unterschiedlicher Qualitäten bestimmt, andererseits
entwickelten sich in den europäischen und
amerikanischen Produktions-Studios Nischen
cineastischer Intellektuellen-Kultur, die zum Teil
durchaus massentauglich waren. Dabei ragten
insbesondere die vor allem in Deutschland, das
damals zu den wichtigsten Filmländern gehörte,
entwickelten Filmrichtungen „Expressionistischer
Film“ und „Kammerspiel“ heraus. Typisch für den,
lediglich wenige Jahre in den frühen 1920er
blühenden, filmischen Expressionismus waren sich
optisch an expressionistischer Malerei anlehnende,
bedrohlich verzerrte Filmkulissen und die Betonung
von surrealer Symbolik.
Zu den wichtigsten 1921 erschienenen Filmen dieser
Sparte zählt Ernst Lubitschs komödiantisch angelegte
Groteske „Die Bergkatze“ mit Pola Negri in einer
Hauptrolle. Im Vergleich dazu wesentlich
bedrohlicher wirkte das schwerblütige, von Fritz
Lang nach einem Drehbuch von Thea von Harbou in
Szene gesetzte Episoden-Drama „Der müde Tod“ mit Lil
Dagover in der weiblichen Hauptrolle. Ähnlich in
Thematik und Stil war die schwedische Verfilmung der
Selma-Lagerlöf-Novelle „Der Fuhrmann des Todes" („Körkarlen“,
Regie: Victor Sjöström). Ebenso beklemmend und
ausweglose Bedrohung transportierend wirkte das
durch seine düsteren Kulissen gekennzeichnete
deutsche Drama „Verlogene Moral“ (Regie: Hanns Kobe,
Hauptrolle: Adele Sandrock). Zu den besten
Produktionen des Jahres 1921 in der Sparte
„Kammerspiel“ gehörten die Filme „Die Hintertreppe“
und „Scherben“. Der psychologisch geschickt
aufgebaute Krimi „Scherben“ (Regie: Lupi Pick) kam
fast gänzlich ohne Untertitel aus. Im von Leopold
Jessner und Paul Leni inszenierten
Dienstmädchen-Drama „Die Hintertreppe“ (Hauptrolle:
Henny Porten) ging es ebenfalls um Mord und
Verzweiflung.
Ausgesprochenes Kommerzkino des Jahres 1921 waren
„Großfilme“ wie „Das indische Grabmal“ mit Conrad
Veidt als heldischer Abenteurer und das
Geschichtsdrama „Danton“ mit Emil Jannings sowie das
US-Romantical „Der Scheich“ mit einem der
bedeutendsten Frauenlieblinge der Filmgeschichte,
Rudolph
Valentino, in der Titelrolle. Valentino
spielte auch die Hauptrolle im US-Kassenschlager
„Die vier apokalyptischen Reiter“ (Regie: Rex Ingram)
und starb dort den Filmtod im Schützengraben.
Filmhistorisch wichtiger war aber die
US-Tragikomödie (53 min) „The Kid“, die den Ruhm
seines Hauptdarstellers Charlie Chaplin, der in
seiner Paraderolle als „Tramp“ brillierte, endgültig
festigte. Buster Keaton überzeugte 1921 unter
anderem in dem 26-Minuten-Slapstick-Streifen „The
Boat“. Chaplin und Keaton behielten noch Jahrzehnte
nach ihrem Tod ihren Berühmtheitsstatus.
Anders Roscoe Arbuckle. Für den bis dahin als der
populärste US-Filmstar geltenden Arbuckle begann
1921 der Absturz ins baldige kollektive Vergessen.
Der korpulente, unter seinem von ihm gehassten
Beinamen „Fatty“ berühmte Arbuckle (1887–1933) war
seit etwa 1912 der Liebling des US-Publikums. Seine
klamaukigen Slapstick-Streifen mit den
obligatorischen Tortenschlachten trafen genau den
Geschmack des amüsierwilligen Publikums und machten
Fatty Arbuckle zum Gagen-Millionär. Arbuckle stand
1921 im Zentrum von Angriffen der mit
pseudomoralischen „Hollywood ist ein
Sündenpfuhl“-Kampagnen Kasse machenden
Hearst-Presse. Bei einer von Arbuckles üblicherweise
ausschweifenden Partys war eine junge Schauspielerin
zu Tode gekommen. Arbuckle wurde beschuldigt, die
Frau vergewaltigt zu haben und für den Tod der Frau
verantwortlich gewesen zu sein. Angeblich soll er
sie mit seinem Körpergewicht erdrückt haben. In den
folgenden Prozessen stellte sich zwar seine Unschuld
heraus, seine Reputation war aber im Zuge der
medialen Hetzkampagne zerstört worden. Seine
Karriere war trotz Unterstützung seines
Schauspieler-Freundes Buster Keaton beendet.
Dagegen leuchteten die Sterne einiger anderer
US-Stars in Jahr 1921 besonders hell. Douglas
Fairbanks jr. charmierte in „Die drei Musketiere“,
Lilian Gish überzeugte als Waise im Historien-Drama
„Zwei Waisen im Sturm“ und Mary Pickford sorgte in
einer Doppelrolle in „Little Lord Fauntleroy“ für
reichliche Tränendrüsenanregung. Zu den Topstars
1921 gehörte auch der bebrillte Komiker Harold
Lloyd.
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