Politjahr 1910 Politik in Deutschland

Gründung der "Fortschrittlichen Volkspartei" (Januar / Februar / März)
Am 26. Januar übt die Zentrumspartei im Reichstag scharfe Kritik an dem Adel, der ihrer Auffassung nach eine zu hohe Dominanz innerhalb des Offizierskorps ausübt.
In vielen preußischen Städten kommt es am 13. Februar zu Großdemonstrationen, an denen hunderttausende Menschen teilnehmen und es mancher Orts auch zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei kommt. Grund dafür war der vorangegangene Beschluss über das Dreiklassenwahlrecht, welches den Aufstieg in eine höhere
Wahlrechtsklasse nur für Hochschulabgänger, ehemalige Offiziere und "Kulturträger" vorsah. Frauen blieben dabei vom Wahlrecht weiterhin ausgeschlossen. In Berlin kommt es am 6. März zu einer Fusion zwischen der DVP (Deutsche Volkspartei), "Freisinnigen Vereinigung" und der "Freisinnigen Volkspartei", zu der "Fortschrittlichen Volkspartei". Die neue Partei bekennt sich in ihren Forderungen zum Liberalismus und wird allem voran von Köpfen wie Otto Fischbeck, Friedrich von Payer oder
Friedrich Naumann angeführt.


Streik der Bauarbeiter (April / Mai / Juni)
Am 16. April kommt es im Deutschen Reich zur Aussperrung von insgesamt 160.000 Bauarbeitern durch den Arbeitgeberbund. Grund dafür war das in den Streik treten der Arbeiter und deren Forderungen nach Arbeitszeitverkürzungen, Lohnerhöhungen und lokalen Tarifverträgen. Der  Streik kann sieben Tage später beendet werden und ergibt für die Arbeitnehmer nur einen Bruchteil der geforderten Zugeständnisse. Am 27. Mai kommt es durch die Regierung Preußens zur Zurücknahme der beschlossenen Wahlrechtsreform. Diese war zuvor von sämtlichen Parteien  scharf kritisiert worden. Die Liberalen und die Sozialdemokraten fordern darüber hinaus die Einführung des freien und allgemeinen Wahlrechts, was die Konservativen jedoch strikt ablehnen und weiterhin auf dem gültigen
Dreiklassenwahlrecht beharren. Der Präsident des Abgeordnetenhauses in  Preußen, bezeichnet den Sozialdemokraten Adolf Hofmann am 8. Juli als "Hochverräter", als dieser zur Kritik bringt, dass der preußische König bereits Tageseinnahmen in Höhe von 43.065 Mark beziehen würde und die  beantragte Erhöhung von daher nicht legitim sei.

Streik in Hamburg und Berlin (Juli / August / September)
Am 5. August kommt es in Hamburg zu einer Großdemonstration von 10.000 Werftarbeitern, die Lohnerhöhungen fordern. Ein großer Teil der Werftbelegschaften in Bremen, schließt sich dem Ausstand an. Dieser wird noch bis Oktober fortgeführt und erwirkt für die streikenden Arbeiter Teilerfolge in den gestellten Forderungen. Im Arbeitsbezirk des Berliner Moabit, kommt es am 24. September zu Lohnstreiks der Kohlenarbeiter, welche zu Straßenschlachten mit der Polizei ausarten, die über mehrere Tage andauern. Bei den gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Streikenden und Polizisten, werden hunderte Teilnehmer verletzt und zwei Arbeiter getötet.

Bevölkerungszuwachs seit 1905 (Oktober / November / Dezember)
Bei der Volkszählung im Deutschen Reich, am 1. Dezember, wird eine Einwohnerzahl von 64.925.993 Menschen errechnet. Seit dem Jahr 1905 ist die Bevölkerung demnach um 7,1 % gewachsen. Hamburg liegt dabei an der Spitze und kann einen Zuwachs von insgesamt 16,1 % verbuchen. Somit weist Hamburg eine Bevölkerungsdichte von 120 Einwohnern pro Quadratkilometer auf. Trotz des Zuwachses, müssen aber auch über 130.000 Deutsche verbucht werden, die in den vergangenen 15 Jahren aus dem Land ausgewandert sind.

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