Chronik 1622 - Die Kipper- und Wipperzeit oder
die große Münzentwertung
Der Dreißigjährige Krieg hatte nicht nur Leid über
die Menschen gebracht, sondern auch in weiten Teilen
Europas für eine starke Teuerung gesorgt, die ihren
Höhepunkt im Jahr 1622 und im Folgejahr hatte. Die
Ernten waren gut und dennoch war es zu einer enormen
Münzentwertung gekommen. Waren es um 1600 noch 74
Kreuzer, die einen Reichstaler ausmachten, so waren
es inzwischen 600 und 1000 Kreuzer, die nötig waren,
einen Reichstaler aufzuwiegen. In die Geschichte
ging diese Zeit als Große Kipper- und Wipperzeit
ein. Dieser Name leitete sich vom Wippen ab, das die
Waagbalken beim Wiegen der Münzen verursachten. Die
Münzen wurden anschließend „gekippt“, also
aussortiert. Die schweren, guten Münzen wurden
herausgenommen. Sie wurden dann weiterverarbeitet.
Es wurde ihnen Kupfer, Zinn oder Blei beigegeben. So
waren zwar wieder Münzen vorhanden, aber ihr Wert
war entscheidend gemindert. Die Silberproduktion war
zurückgegangen. Angehäuftes Schatzgeld diente zur
Finanzierung der Söldnerheere. Mit einem Wort – das
Heilige Römische Reich Deutscher Nation war fast
pleite und die Menschen waren arm dran. Viele
wanderten aus den ländlichen Gebieten ab, versuchten
in der Stadt ihr Glück. Gleichzeitig hatte die
Bevölkerung einen starken Zuwachs zu verzeichnen.
Hungrige Mäuler konnten nicht mehr gestopft werden
und die Landwirtschaft wurde nicht mehr so
betrieben, dass die Versorgung gesichert war. Es
waren schlimme Zeiten. Christian von
Braunschweig-Wolfenbüttel (1599-1626), der den
Beinamen der „tolle Christian“ trug, ein 20.000 Mann
starkes Heer anführte, hatte zu Jahresbeginn das
katholische Paderborn eingenommen. Es ging die
Geschichte um, dass seine Männer den Paderborner
Domschatz gestohlen hatten. Damit ließen sich
wertvolle Münzen prägen und der „tolle Christian“
brachte den „Pfaffenfeindtaler“ in Umlauf. Mit dem
konnte er seine Leute bezahlen, sein Image gewaltig
aufpolieren und seinem Ruf, einer der
eigentümlichsten Feldherren zu sein, gerecht werden.
Tatsächlich war der Pfaffenfeindtaler einige Zeit
lang ein legales und sogar wertvolles Zahlungsmittel
gewesen, da er in der Hauptsache aus reinem
Edelmetall bestand. Ungeachtet der Kriegswirren war
es Fürsterzbischof Paris Graf von Lodron (1586-1653)
gelungen, Salzburg den Frieden zu erhalten. Mehr
noch – er gründete die Universität Salzburg, die im
1622 eröffnet wurde. In die Geschichte ging der
römisch-katholische Adelige als „pater patriae“ ein,
als Vater des Vaterlandes.
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