Die Geschichte des Musicals
Neben dem Theater und der Oper erfreut sich auch das
Musical großer Beliebtheit. Es erfüllt dabei nicht
nur den Anspruch der Handlung und des Gesangs,
sondern trumpft dabei mit einer bombastischen
Bühnenshow, beeindruckenden Tänzen und einer ganz
eigenständigen Musik auf. Bei manchen Musicals hat
das Publikum die Möglichkeit, inmitten der Show zu
sitzen, wie z. B. bei dem Stück „Starlight Express“,
bei dem die Darsteller mit ihren Rollschuhen um die
Köpfe der Zuschauer rasen und dadurch auch aus der
Nähe zu bewundern sind.
Das Musical ist eine Mischung aus anspruchsvoller
Unterhaltung, die aber nicht so sehr den Verstand
fordern soll, als vielmehr für das Auge und das
Gehör gedacht ist. Der Zuschauer soll etwas sehen,
soll emotional bewegt werden, sich beeindrucken
lassen, von Gesang, Handlung, Tanz und Show.
Der Beginn des einfachen Musicals fällt etwa in das
19. Jahrhundert zurück. Hier spricht man noch eher
von einem musikalischen Theater, vergleichbar mit
der „Opera buffa“ oder einem Singspiel. Erste
Varianten davon gab es in New York und London.
Gerade am berühmten Broadway in New York wurde das
Musical zum Highlight gestaltet, Tänzer und
Tänzerinnen ausgebildet, die nicht nur tanzen,
sondern auch singen und schauspielern mussten,
gleichzeitig eine Rolle für sich ausbauen und
Sympathie und Wirkung erzielen sollen. Gesang auf
der Bühne wurde zum Spektakel kreiert, Einflüsse von
französischen Varietéshows, Musikstilen wie Jazz
oder Swing, später dann Rock und auch klassische
Elemente, artistische Nummern bis hin zu
ausgefeilten Kunst- und Bewegungsstücken fanden nach
und nach in die Aufführung, eine Handlung wurde
gezeigt, aufwendige Kostüme kreiert, pompöse
Showeinlagen sollten das Publikum unterhalten, in
denen nicht nur einzelne Stars auftraten, sondern
unzählige Menschen das Tanzbein schwangen, mit
Vordergrundfiguren wie auch etlichen Statisten. Das
Bühnenbild wurde häufig gewechselt und umgestaltet,
der Vorhang war Teil des Ereignisses.
Anfang des 20. Jahrhunderts war das Musical noch
eher eine Revueshow. Erst 1920 entstand die
bekannte, amerikanische Gattung, bei der viele
Stücke zu Gesang und Tanz umgeschrieben und
aufgeführt wurden. Darunter sind „Showboat“ von
Jerome Kern und „Lady, Be Good“ von George Gershwin
zu nennen. Die Musicals wuchsen von einer Aufführung
aus reinem Tanz und Gesang zu ernstzunehmenden
Stücken heran, die ihre Zeit und die Gesellschaft in
Frage stellten, Kritik übten, Missstände
anprangerten, wie z. B. Krieg oder Diskriminierung.
Der Broadway ist einer der wichtigsten Bezugspunkte,
geht es um Musicals. In London ist es das „West
End“. An solchen Schauplätzen musste sich das
Bühnenspektakel gegen die Konkurrenz des Kinos und
des Films durchsetzen, weshalb sich diese Shows auch
immer mehr vergrößerten, teurer und aufwendiger
wurden, ein großes Publikum anziehen sollten. Die
Blüte solcher Musicals erlebten New York und London
zwischen den dreißiger und fünfziger Jahren.
Eine der bekanntesten Musicals ist die „West Side
Story“ von
Leonard Bernstein. Das aufwendige, kitschige
Musical wurde zu einem ernsthaften Stück mit
Hintergrund, das aber gleichzeitig auch durch eine
beeindruckende Gestaltung auffiel. Das gefühlsvolle
Pathos kehrte dann in den achtziger Jahren wieder
zurück, in denen sich überhaupt etliche Musicals und
Variationen etablierten. Das Musical sollte massen-
und kulturtauglich sein. Akrobatische Künste,
Tanzstile, auch technische Effekte und
abwechslungsreiche Showeinlagen sollten vor allen
Dingen unterhalten und die Menschen immer wieder neu
begeistern und in die Aufführungen locken.
Gerade die Filmbranche entdeckte die Faszination des
Musicals und erfreute sich großer Beliebtheit. Das
Filmmusical offenbarte ganz neue
Aufnahmemöglichkeiten und Techniken, Choreografen
organisierten den Tanz von über hundert Tänzern vor
riesigen Bühnenbildern und Kulissen. Der Gesang
ersetzte den
Sprechtext, wurde mit Handlungsabläufen
verbunden. Bekannt sind die „ Rocky Horror Picture
Show“ oder „Singin’ in the Rain“. Eines der
wichtigsten Musicals dieser Zeit war auch „Hair“,
das von Woodstock und der Hippie-Zeit beeinflusst
war, mit Gesang und Handlungsablauf Kritik am
Vietnamkrieg übte und auf die Probleme der Jugend
samt ihrer Zweifel und Sehnsüchte hinwies. Auch
umgekehrt wurden Erfolge gefeiert, wenn Filme
wiederum durch ihren Erfolg dann zu Musicals
umgestaltet wurden, darunter auch Zeichentrickfilme
wie „Der König der Löwen“.
Ende der siebziger Jahre entstanden dann die bis
heute bekannten Musicals als durchkomponierte Opern,
die sich hauptsächlich mittels Gesang und Tanz
ausdrücken. Stücke wie „Phantom der Oper“, „Cats“
oder „Starlight Express“ von
Andrew Lloyd Webber
gelten als klassische Musicals, bei denen gerade die
Musik eine wichtige Rolle spielt und durch die
einmaligen Kompositionen im Gedächtnis bleibt. Die
aufwendige und kostspielige Umsetzung solcher
Bühnenprogramme bedurfte langer Laufzeiten, so dass
spezielle Theater ausschließlich für Musicals in den
verschiedenen Großstädten erbaut wurden, deren
Bühnen genau auf die jeweiligen Musicals abgestimmt
waren, damit die Show geeignet präsentiert werden
konnte.
Auch immer mehr Musiker und Künstler zeigen großes
Interesse an einer Mitwirkung in Musicals. So gibt
es z. B. von
Elton John,
Phil
Collins oder Mitglieder der Gruppe ABBA
speziell für deren Musicals gestaltete und von ihnen
komponierte Musik. Auch in Deutschland erprobte sich
Udo Lindenberg erfolgreich an einer solchen Richtung
oder der Schauspieler und Komiker Bully Herbig.
Das Musical wird also weiterhin seinen Platz
behaupten und viele Zuschauer locken. Es ist eine
schöne Alternative zu anderen Aufführungen und
sicherlich ein abendfüllendes und begeisterndes
Erlebnis.
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