Reklame der 70er Jahre

Die „Wilden 70er“ waren eine Zeit des Aufbruchs, geprägt von einem Infragestellen überkommener Gewohnheiten und Werten im Zusammenleben, sowie politischen Veränderungen. Dieses Lebensgefühl spiegelte sich nicht zuletzt auch in der Werbung wieder.
Bunt und grell - unter diesen Schlagworten könnte man jedenfalls die äußerlichen Vorzeichen der 70er-Jahre-Werbung auf den Punkt bringen. Begünstigt und gefördert wurde die „neue

Farbigkeit“ durch das aufkommende Farbfernsehen, für das in der Bundesrepublik im Jahr 1967 der Startschuss gefallen war.
Die Fernsehwerbespots der 70er Jahre waren farbenfroh, spielten mit Landschaftsbildern und Einblendungen der Produkte, warn aber im Vergleich zu heutigen Spots langsamer und ließen sich mehr Zeit, eine Geschichte zu erzählen. Mit Dialogen wurde nicht gespart - Musik fand oft nur am Ende des jeweiligen Spots ihren Platz. Während der erzählten Geschichte fand man oft Einblendungen von prägnanten Slogans, die gleichzeitig nachgesprochen wurden.
Bei aller Offenheit für Buntes, Neues, Verrücktes war man wohl auch in den 70er Jahren noch der Meinung, dass der Verbraucher sachlich informiert werden möchte - ein Bemühen um betonte Seriosität in den Aussagen war nicht zu übersehen.
Bei aller Seriosität zeichnete sich ein anderes Element des damaligen gesellschaftlichen Wandels in der Werbung ab: Die sexuelle Freizügigkeit. Im Fernsehwerbespot geriet der Schokoladenkauf auf der Almhütte zum heißen Flirt mit der tief dekolletierten Alm-Wirtin und lüsterne Nonnen tranken „Afri-Cola“. Für die damalige Zeit ein wohl gezieltes Spiel mit der Provokation und dem Reiz des Halb-Verbotenen. Wer modern war und nicht prüde erscheinen wollte, trank nun eben auch „Afri-Cola“ und war damit auf der Höhe der Zeit.
Trotz solcher Offenheit wurden in den Spots der 70er weiterhin eher klassische Rollenbilder vermittelt: „Mutti Clementine“ staunte, wie weiß „Ariel“ wusch und selbstverständlich waren die Juwelendiebe, die am praktischsten und schnellsten mit ihrem VW Käfer türmten, „echte“ Männer. Frauen hingegen suchten den Kaffee aus und „Wicküler-Bier“ trinken Männer, wie wir“.
Auffällig im Bereich der Genussmittelwerbung war - im Gegensatz zu heute - ein sehr unverkrampftes Verhältnis zu Alkohol und Tabak. Das Rauchen von Zigaretten wurde dabei nicht so sehr im Zusammenhang mit Arbeit oder Stress dargestellt, sondern vielmehr als ein Genuss, der die Freizeitgestaltung noch angenehmer machte. Ebenso hatte die Werbung für harte Alkoholika einen selbstverständlichen Platz in der Werbelandschaft.
Ein wohl spezifisches Kuriosum der 70er Jahre fand sich in einer Kleiderkatalog-Werbung für Herren: Knöpf-Pullover mit Gürtelschlaufe in Beckenhöhe und Gürtel - immerhin zu einer Zeit als das Wort „metrosexuell“ noch nicht erfunden war. Durchgesetzt hat sich diese Idee jedoch nicht.
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