Literatur 1976

Friedenspreis des Deutschen Buchhandels für Max Frisch
Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ist einer der wichtigsten Preise der deutschen Literatur- und Kulturlandschaft, dessen Bedeutung nur noch von der Auszeichnung mit dem Georg-Büchner-Preis überboten wird. Der Schweizer Autor Max Frisch erhielt als Ausdruck der Würdigung seines literarischen Werkes beide Preise: Nachdem er bereits im Jahr 1958 mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet worden war, folgte im literarischen Jahr 1976 die Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels.
Max Frisch gilt als einer der wichtigsten deutschsprachigen Autoren des 20. Jahrhunderts. Wie kaum ein anderer Schriftsteller verband er es, sich gleichermaßen für Literaturinteressierte und Literaturwissenschaftler, für junge wie alte Leser interessant zu machen und Unterhaltung mit Tiefenschärfe zu bieten. Das Repertoire des Schweizers, der als Sportredakteur ebenso tätig gewesen war wie als Architekt, reicht dabei von Dramen bis hin zu Romanen, die ihren festen Platz in der Literaturlandschaft des deutschsprachigen Raums gefunden haben. So zählen Bühnenstücke wie „Biedermann und die Brandstifter“ oder „Andorra“ zu den meistgespielten Stücken auf deutschsprachigen Bühnen im 20. Jahrhundert, während der Roman „Homo Faber“ ein fester Bestandteil des etablierten Kanons der Schullektüre geworden ist und Jahr für Jahr durch zahlreiche Schülerhände geht.
Die menschliche Existenz als solche ist es, die Max Frisch in seinen literarischen Werken nachhaltig beschäftigt und um die jede einzelne Zeile kreist: Das Sein des Menschen, sein Platz in einer von Technik dominierten Welt, Fragen der Moral und der Schuldhaftigkeit – diese Themen bestimmen den Kern seiner Dramen und Romane.
Dabei besticht das Œuvre des Schweizers vor allem durch die nahezu kühl anmutende Präzision der Sprache, durch das nüchterne Erzählen innerhalb der entzauberten Welt des 20. Jahrhunderts. Wie kaum einem anderen deutschsprachigen Autor dieser Epoche gelingt es Frisch, in seinem literarischen Werk die ihn umgebende Welt abzubilden, seine von automatisierter Ratio gesteuerte Gegenwart zu spiegeln und kritisch zu hinterfragen.
Gleichzeitig verwundert in Anbetracht der bestechenden Schärfe und Punktgenauigkeit des Erzählens Frischs seine private Liaison mit der Lyrikerin Ingeborg Bachmann, mit der zusammen er eines der schillerndsten Paare der deutschsprachigen Literaturlandschaft des 20. Jahrhunderts bildete. Zwar dauerte die auf losen Strukturen beruhende Beziehung zwischen den beiden ungleichen Künstlern nur wenige Jahre, doch sie prägte sich nachhaltig ins Bewusstsein der literaturinteressierten Nachwelt.
Max Frisch, der im Jahr 1911 geboren worden war, starb im Frühjahr des Jahres 1991 in Zürich als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Autoren seines Jahrhunderts, dessen Zeitzeuge und Sprachrohr er geworden war.
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