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Die
Kunst in den siebziger Jahren
Vieles, was sich bereits im Kunstbetrieb der 60er
Jahren angekündigt hatte, findet in diesem Jahrzehnt
seine Fortsetzung. Die Pop-Art als
Auseinandersetzung mit der Konsumwelt entwickelter
Industriegesellschaften findet ihren Platz in
Museen. Kunst wird unbequemer, was ihren Ausdruck
beispielsweise in der Minimal-Art findet.
Ganz eindeutig ist der Trend weg vom Einzelkünstler
und vom Kunstwerk hin zu einem künstlerischen
Schaffensprozess, in den das Publikum einbezogen
werden soll. Künstler wollen Bewusstseinsreaktionen
beim Publikum auslösen und es mobilisieren.
Der amerikanische Pop-Künstler Claes Oldenburg hat
diese Anliegen vielleicht am anschaulichsten auf den
Punkt gebracht: „Ich bin für eine Kunst, die nicht
nur auf dem Hintern im Museum sitzt. Ich bin für
Kunst, die an- und ausgezogen wird wie eine Hose,
die Löcher kriegt wie Socken und die gegessen wird
wie ein Kuchen.“ Es geht um die Annäherung von Kunst
und Leben, Künstler und Publikum. Happening,
Performance und Straßenkunst sind Kunstgattungen, in
denen sich dieses Kunstverständnis verwirklicht.
Happenings versuchen, die traditionelle Schranke
zwischen Künstler und Publikum aufzuheben, was
mitunter eine Zumutung ist – wie beispielsweise das
Zerfetzen notgeschlachteter Lämmer, das der
österreichische Künstler Herrmann Nitsch als
„Abreaktionsspiel“ in seinem
„Orgien-Mysterien-Theater“ inszeniert.
Die sich weiter entwickelnde Performance-Kunst ist
geprägt von Ideen einer gesellschaftlichen
Emanzipation und bietet sich als Schauplatz für
kollektive Intervention an, bleibt aber häufig dort
stecken, wo Künstler vor allem sich selbst als
Subjekt neu zu erfinden suchen und in Szene setzen.
Straßenkünstler bevölkern in den siebziger Jahren
immer häufiger die Fußgängerzonen der Groß- und
Kleinstädte, improvisieren und suchen den
unmittelbaren Kontakt zu ihrem Publikum. Doch nicht
immer entwickelt sich die angestrebte Kommunikation
in die gewünschte Richtung, wie die von 1970 bis
1973 in Hannover laufende „Aktion der Straßenkunst“
zeigte. Deren Initiatoren wollten mit der „Befreiung
der Kunst aus dem Museum“ einen unbeschwerten Umgang
mit Kunst bewirken. Die so genannte „Kunstlandschaft
Stadt“ bot Raum für Freiplastiken, kinetische
Objekte, Happenings und Straßentheater. Vor allem
die üppigen Nana-Figuren der französischen
Plastikerin Niki de Saint Phalle erregten Anstoß und
wurden vom Publikum mit Aufschriften wie „Schrott“
oder „Scheiße“ versehen.
Für das Publikum scheint das Museum der „richtige“
Ort für Kunst zu bleiben. Vor allem große
Ausstellungen historischer Malerei ziehen ungeahnte
Besucherscharen an. Dazu passt, dass es am Ende des
Jahrzehnts in Deutschland gleich drei große neue
Museen gibt. In Hannover wird 1979 das neue
„Kunstmuseum mit Sammlung Sprengel“ fertig gestellt,
im selben Jahr eröffnet in Ludwigburg das
„Wilhelm-Hack-Museum“, in
Berlin entsteht das
„Bauhaus-Archiv – Museum für Gestaltung“.
Im Zusammenhang mit der Frage nach dem Ort für
Kunst, muss noch eine Kunstgattung erwähnt werden,
die mit überdimensionalen Werken in den 70er Jahren
reichlich Aufmerksamkeit genießt: Land-Art. Hier
rücken die Natur und deren Ästhetik in den
Vordergrund. Fotografie wird als Medium zur
Dokumentation dieser Kunst ihr unverzichtbarer
Bestandteil, da eine Betrachtung der Werke oft nur
aus Vogelperspektive möglich wäre.
Das bis dahin größte Vorhaben Christos ist ein
Beispiel dafür, wie ein Künstler Ansätze der
Land-Art und
der Konzeptkunst miteinander in
Einklang bringt. Im Tal des Colorado spannt Christo
1972 einen 380 Meter breiten und bis zu 150 Meter
langen, orangefarbenen Vorhang. Sein 1976
verwirklichtes Werk „Running Fence“ (ein fünfeinhalb
Meter hoher weißer Nylonzaun) „wandert“ binnen zwei
Wochen durch Kalifornien und versinkt schließlich im
Pazifik. Das ist an Symbolkraft kaum zu übertreffen.
Neben den erwähnten Kunstformen, setzt sich auch in
diesem Jahrzehnt die Realismus-Debatte fort. In
Berlin gründet sich 1973 die „Schule der Neuen
Prächtigkeit“, deren erklärtes Anliegen „die
Weiterentwicklung realistischer Kunst der Gegenwart“
ist.
Im Realismusstreit treffen zwei extreme Positionen
aufeinander. Da ist zum einen die hyperrealistische
Wiedergabe eines Ausschnitts der Wirklichkeit im
Fotorealismus – der in den 70ern sowohl in der
Malerei wie auch in der Plastik einen Höhepunkt
erreichte. Im Gegenpart verweigert die Konzeptkunst
demonstrativ in sich geschlossene Bilder.
Salomonisch äußert sich dazu der amerikanische
Künstler Howard Kanowitz: „Beide befassen sich mit
Prozessen, damit, wie etwas gemacht ist und
ausgedrückt wird. Konzeptualisten wollen das
Kunstwerk von seinem Objekt- und Gebrauchswert
lösen. Dies tun die Realisten nicht, sie malen noch
Bilder. Dennoch haben beide Richtungen mehr
Gemeinsamkeiten als Gegensätze, …“
Irgendwo inmitten dieser Gegensätze lässt sich die
Wiener Schule des Phantastischen Realismus verorten,
deren Altmeister Ernst Fuchs auf seinen Bildwerken
in den 70er Jahren eine kulturelle Grundströmung
jener Zeit einfängt: die Beschäftigung mit
Mythologie und Mystik.
Neu ist die spontane Malerei mit ihrer expressiven
Farb- und Formensprache.
Bücher zur Kunst der 70er Jahre
Die 13- 18- Jährigen: Einführung in die
Probleme des Jugendalters
"So erzieht man keinen Menschen!"
Lebens- und Berufserinnerungen aus der
Heimerziehung der 50er und 60er Jahre
Haben sich die Bildungschancen für
Kinder von Arbeitern gebessert
aus den unteren Schichten durch die
Bildungsexpansion der 60er und 70er Jahre
verbessert?
Medienkultur der 60er Jahre.
Diskursgeschichte der Medien nach 1945
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