Das Sportjahr 1957 Sportchronik
Baseball
Auch wenn Baseball in Deutschland damals längst
nicht so populär, so hatte die Nachricht, dass
Jackie Robinson am 5. Januar 1957 seine glanzvolle
Karriere beendete, dennoch nicht nur die
Sportinteressierten in Amerika bewegt.
Robinson war kein gewöhnlicher Spieler. Als er am
15. April 1947 sein Debüt in der Major League
Baseball gab und in die Mannschaft der Brooklyn
Dodgers aufgenommen wurde, hatte er bereits eine
Laufbahn in der Negro League hinter sich. Robinson
war ein Ausnahme-Baseball-Spieler, diszipliniert und
erfahren auf unterschiedlichen Defensivpositionen,
zudem erfolgreich als aggressiver Baserunner.
Bedenkt man, dass seit der Gründung der ersten
Profi-Baseball-Ligen Rassentrennung in dieser
Sportart ein Charakteristikum war, so ist allein
schon die Tatsache eine Besonderheit, dass Robinson
in ein Team mit ausnahmslos weißen Spielern geholt
wurde. Die schwarzen Ligen zahlten zudem ihren
Spieler viel weniger Geld, während die weißen
Spieler sehr gut verdienten. Als der Manager Branch
Rickey von den Brooklyn Dodgers die Barriere der
Hautfarbentrennung ignorierend Jackie Robinson
dennoch in seine Mannschaft holte, musste dieser
noch einige Jahre mit der Ablehnung kämpfen, die ihm
seitens der Gegner und des Publikums entgegen
gebracht wurde. Selbst einige seiner Mitspieler
akzeptierten den schwarzen Sportskameraden nur
allmählich.
Robinson konnte sich schließlich durch seine
hervorragenden Leistungen die Achtung seiner
Mannschaftskameraden erkämpfen und wurde zu einer
Legende. Die Spielernummer 42 wird heute noch
ehrenvoll behandelt. Als sich Robinsons Einstieg bei
den Major Leagues 1997 zum 50. Mal jährte, beschloss
man, seine Nummer an keinen anderen Spieler mehr zu
vergeben. Das galt für alle Baseballmannschaften
dieser Profi-Liga und ist bis heute so geblieben.
Die Vorreiterrolle, die Robinson in der
Gleichberechtigung der Rassen zukommt, hat den
Baseballsport verändert. Weitere ausgezeichnete
Spieler aus den Negro Leagues wurden in die weißen
Teams geholt, wodurch auch die Zuschauergemeinschaft
nicht mehr nach Hautfarben getrennt war. Jackie
Robinson, der 1972 starb, behielt auch nach seinem
Tod den Helden-Status. Davon zeugen das Musical „The
First“, das 1981 auf die Broadway-Bühne kam, eine
Sonderbriefmarke von 1982, die die US-Post herausgab
und auch die Verleihung der Goldenen Ehrenmedaille
des US-Kongresses, die man ihm posthum 2003 verlieh
und die als die höchste Auszeichnung in den USA
gilt. Zudem wurde der 15. April, der Tag von
Robinsons Einstiegs in die Major League, von eben
dieser Liga zum Jackie-Robinson-Day erhoben und
seither in allen Ballparks begangen. Dass dieser
Spieler 1957 seine Karriere als Profispieler
beendete, war zwar eine spektakuläre Nachricht, aber
nicht das Ende einer Legende.
Gipfelstürmer
In den 50er Jahren machten die Erstbesteigungen der
Achttausender fast alljährlich Schlagzeilen. In
diesem Jahr war es der Broad Peak, der von den
Mitgliedern eines österreichischen Teams erstmals
erfolgreich bestiegen werden konnte.
Der Broad Peak ist mit einer Höhe von 8051 Metern
der zwölfhöchste Berg der insgesamt 14 Achttausender
der Erde. Eine Vermessung des Hauptgipfels aus dem
Jahr 1926 ergab damals noch eine Höhe von 8047m, die
aber bei einer erneuten Messung 1929 auf 8051m
korrigiert wurde. Im Jahr der Erstbesteigung zeigten
die Karten allerdings noch die Höhe von 8047m an.
Der Broad Peak, dessen einheimischer Name „Faichan
Kangri“ nahezu unbekannt ist, liegt im heutigen
Pakistan, im Karakum-Massiv. Sein unmittelbarer
Nachbar ist der K2, der nur wenige Kilometer
entfernt ist. Während der Berg heute trotz der
steten Lawinengefahr als ein relativ sicherer
Achttausender gilt, hielt man ihn damals wegen
seiner steilen Wände als kaum ersteigbar. Immer
wieder hatte es Untersuchungen gegeben, doch der K2
war zu jener Zeit für die meisten Bergsteiger der
interessantere Gipfel.
Dennoch wagte nun eine vierköpfige Gruppe
Österreicher den Aufstieg. Erste Versuche hatte es
bereits 1892 durch die Briten und 1954 durch eine
Gruppe deutscher Bergsteiger gegeben. Sie waren
jedoch erfolglos geblieben. Nun waren Marcus
Schmuck, der die Expedition leitete, Hermann Buhl,
der 1953 bereits den Nanga Parbat bestiegen hatte,
Fritz Wintersteller, für den Bergsteigen kein Beruf,
aber eine Berufung war und Kurt Diemberger, der auch
als Autor und Filmemacher bekannt wurde,
aufgebrochen, um den Broad Peak zu ersteigen. Am 9.
Juni 1957 waren sie tatsächlich erfolgreich. Schmuck
und Wintersteller, die bereits am 29. Mai den
Vorgipfel (8030m) erreicht hatten, standen an diesem
Junitag als erste der vier Bergsteiger auf dem
Hauptgipfel des Broad Peak. Kurz danach stießen
Diemberger und dann schließlich auch Buhl zu den
Erstbesteigern dazu.
Heute gehört der Broad Peak zu den wenigen
Achttausendern, die für Speedbergsteiger eine
besondere Herausforderung darstellen, weil eine
Abfahrt mit Skiern möglich ist, sofern ein
erfahrener Bergsteiger die extreme Steilheit nicht
fürchtet.
Schach
Es ist ein stiller Sport und dennoch sorgt er
mitunter weltweit für besondere Aufmerksamkeit. So
auch 1957. Am 5. März begann die 20.
Schachweltmeisterschaft, die bis zum 27. April
andauerte.
Zwei sowjetische Großmeister saßen sich im Moskauer
Tschaikowski-Saal gegenüber. Der amtierende
Weltmeister Michail Botwinnik, der den Titel seit
1948 inne hatte und sein Herausforderer Wassili
Smyslow, dessen Vorsprung zu diesem Zeitpunkt schon
als uneinholbar galt. Nach 22 Partien fiel die
Entscheidung, obwohl das Duell der Schachgiganten
auf 24 Partien angesetzt war. Smyslow, der sich im
Jahr zuvor beim Amsterdamer Kandidatenturnier, das
vom Schachweltverband FIDE ausgetragen wurde, für
die Rolle des Herausforderer qualifiziert hatte,
hatte am 27. April 1957 dem langjährigen Weltmeister
und Titelverteidiger Botwinnik den Titel abgerungen.
Der DFB-Pokal
Das Augsburger Rosenaustadion, das erst 1951 erbaut
worden war, war das größte Stadion der Stadt. Hier
fand 1957 das Finale des DFB-Pokals statt. Mehr als
42.000 Zuschauer sahen das Endspielspiel.
Unter
ihnen jubelten mehr als 10.000 mitgereiste Fans
ihren Spielern vom traditionsreichen FC Bayern
München zu. Zwar waren die Bayern-Spieler in der
Saison 1954/55 erstmalig in ihrer Geschichte aus der
obersten Liga abgestiegen. Doch das sollte das
einzige Mal bleiben. Im Jahr darauf, waren sie
wieder ganz oben mit am Ball.
Bedenkt man, dass die Bayern 1956/57 anfänglich
nicht einmal zur Teilnahme am DFB-Pokal bereit
waren, so hatten sich letztendlich die Reisekosten,
die sie sparen wollten, doch ausgezahlt. Der
Hartnäckigkeit ihres neuen Trainers, des
österreichischen Ex-Fußballers Willibald Hahn, war
es zu danken, dass der FC Bayern schließlich doch
teilnahm.
Den Halbfinal-Sieg über den 1. FC Saarbrücken
erreichten die Bayern mit einem Stand von 3:1. Im
Endspiel trafen sie auf die Mannschaft der Oberliga
West Fortuna Düsseldorf. (Die Bundesliga wurde erst
1963 eingeführt.) Die Wetterverhältnisse waren nicht
optimal, es schneite heftig und der Boden war
schneebedeckt. Der FC Bayern, der das Spiel trotz
seiner Außenseiterrolle beherrschte, konnte bis zur
Pause immerhin ein Unentschieden herausholen. Erst
in der 78. Spielminute versenkte der Bayer-Spieler
Rudi Jobst im dritten Anlauf den entscheidenden
Treffer. Damit war den Bayern der DFB-Pokalsieg
sicher, den sie beinahe aus Sparsamkeitsgründen
versäumt hätten.
Und außerdem...
Es war schon fast zur Gewohnheit geworden, dass auch
in diesem Jahr der argentinische Rennfahrer Juan
Manuel Fangio die Formel-1 gewann. Er hatte gerade
zu Maserati gewechselt und fuhr einen 250F. Am 8.
September konnte er damit zum vierten Mal
hintereinander (insgesamt zum fünften Mal) den
Weltmeistertitel gewinnen.
Das Jahr 1957 kann auch als das Geburtsjahr der
heutzutage sehr beliebten Frisbee-Scheiben gelten.
Seit dem 13. Januar wurde diese Wurfscheibe in den
USA kommerziell produziert, erfreute sich schnell
großer Beliebtheit und gelangte schließlich in den
80er Jahren nach Deutschland. Was einst als rundes
Kuchenblech zur Herstellung von Torten gedient hatte
und in den 1940er Jahren ein Kinder-Straßenspielzeug
war, wurde mit besseren Flugeigenschaften versehen
und ist heute ein ganz selbstverständlicher
Zeitvertreib.
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