Das
Modejahr 1959 Mode – Der Doppelrock
Wie sein berühmter Vorgänger, kam
in diesem Jahr Yves Saint-Laurent auch wieder mit
einer neuen Linie auf den Laufsteg. Seine
Trapezlinie war im Vorjahr ein großer Erfolg
gewesen. Nun rückten seine aktuellen Kreationen die
weibliche Figur wieder ins Blickfeld: Taille war
gefragt. Fast kniefrei waren die Röcke. Es war eine
Linie, die für höchste Ansprüche kreiert war,
elegant, außergewöhnlich – eine Hommage an die
Frauen. Saint-Laurent hatte einen unteren, engen
Rock gefertigt, über den ein etwas weiterer Rock
getragen wurde. Der war kürzer und in der Art der
Fasslinie am Saum gerafft. Ein breiter Gürtel
umschlang betonend die Taille. Dieser Doppelrock
stand für Extravaganz, wie sie nur aus Paris kommen
konnte. Die Damen hatten eine große Auswahl an
modischen Ideen zur Verfügung, denn die
Linien der
vergangenen Jahre waren noch nicht abgeschrieben. Im
Gegenteil. Sie wurden untereinander variiert und
nach Lust, Laune und Anlass getragen. Der Doppelrock
fand vor allem Eingang in die Garderobe der
Cocktailkleider. Die kürzere Saumlänge, die Mary
Quants Mini-Hängerkleidchen zwar noch nicht
erreichte, war aber das erste Pariser Startzeichen
für mehr Beinfreiheit, wenngleich an Mini noch nicht
zu denken war, denn die Kreationen der britischen
Modemacherin waren dem Alltag noch fern.
Die Farbpalette reichte von zartem Lila, über
Pastell- und Anthrazit-Töne und Grau bis zum
eleganten Schwarz. Die dunkleren Farben dominierten
die Herbstmode.
Im Mode-Alltag fanden sich immer wieder Tageskleider
im Empire-Stil mit einem Rock, der fasslinienartig
am Saum gerafft war. Die Kleider der Abendgarderobe
mit großem Dekolleté hatten einen Kragen, der in
seiner markanten Breite den Hals betonte. Zu dieser
Bekleidung war ein Bolero passend. TagesKostüme
bestachen durch kurze, bis in die Taille reichende
Jacken mit geradem Schnitt. Dazu trug man einen
schlichten, engen Rock. Wofür Frau sich auch
entschied; alle Linienvorgaben hatten ihre eigene
Eleganz.
Bei den jungen Leuten war eine völlig konträre
Kleidung angesagt. Jeans kamen in der Freizeit immer
häufiger zum Einsatz, auch bei den weiblichen
Jugendlichen. Ansonsten waren die Petticoat-Röcke
noch immer beliebt. Die Mädels, die sich der „Halbstarken“-Szene
zugehörig fühlten, zeigten das deutlich an schwarzer
Lederbekleidung. Anstelle von echtem Leder sah man
auch Skai, das preisgünstigere Kunstleder-Material.
In der Herrenmode blieb man bei dem, was man hatte.
Anzüge und Sakkos in dunklen Farben wurden am Abend
getragen. Tagsüber leistete Mann sich hellere, aber
dezente Töne, mitunter ein unauffälliges Muster oder
einen Nadelstreifen-Anzug. Ein leichter
Taillenschnitt wurde bevorzugt. Der Einreiher gewann
das Rennen gegen Anzüge mit drei Knöpfen, die aber
auch noch en vogue waren, wobei nur der untere Knopf
geschlossen wurde. Doch von einer neuen
Offenherzigkeit konnte keine Rede sein. Und so
machte die Herrenmode kaum Schlagzeilen.
Für mehr Gesprächsstoff für das letzte Jahr des
ersten Friedens-Jahrzehnts sorgte dagegen das
Erscheinen des Romans von
Günter Grass „Die
Blechtrommel“ und Wolfgang Staudtes Film „Rosen für
den Staatsanwalt“, der die Ignoranz der stillen
Wirtschaftswunder-Konsumenten durch die überfällige
Aufarbeitung mit der Vergangenheit ankratzte. Und
während die Damen mit größer werdenden Hüten ihre
Köpfe schmückten oder ein Perlon-Tuch um den Kopf
trugen, das um den Hals gewunden und im Nacken
geknotet wurde, sahen die Mode-Neugierigen schon in
das nächste Jahrzehnt, die 60er – es klang nach
Zukunft. Die Hoffnung, Deutschland schnell als ein
wieder vereintes Land zu erleben, war noch nicht
verblasst.
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