Das Modejahr 1958 Mode – Mini wirft kleine
Schatten voraus
Der Modezar war tot, das Pariser
Modehaus Dior lebte und die Laufsteg-Schauen gingen
weiter. Yves Saint-Laurent, der seit 1953 bereits
als Assistent Diors gearbeitet hatte, war zum
Nachfolger aufgestiegen. Als neuer Chefdesigner
stellte der 21-jährige nun seine erste Kollektion
vor, die Trapez-Linie. Die Silhouette zeichnete sich
durch die geraden Schnitte der Kleider aus, die erst
zum Saum hin an Weite gewannen. Schmale Schultern,
unbetont das Oberteil, unbetont auch die Taille,
bemerkenswert die Länge. Saint-Laurents Kleider
hatten eine Saumlänge, die gerade bis zum Knie
reichte. Gekrönt wurden die Modelle durch Hüte mit
einer beachtlichen Größe. Gelungene Kreationen, die
einfach waren, an den
Einfallsreichtum Diors
anschlossen und nichts an Eleganz vermissen ließen.
Der kurze Rock wurde bestaunt, sorgte für
Gesprächsstoff und wurde von den Damen angenommen.
Übertroffen wurde der kurze Rock im selben Jahr von
den Mini-Hängerkleidchen der Mary Quant, die damit
ihrer Zeit voraus war. Hier ging die Beinfreiheit so
weit, dass der Saum weit über dem Knie begann. Diese
Modelle wurden zunächst argwöhnisch zur Kenntnis
genommen, setzten sich noch nicht im Alltag durch.
Saint-Laurent hielt im Herbst mit einer Saumlänge
dagegen, die gerade einmal 35 cm über dem Boden
endete und das, obwohl sich schon andere Modehäuser
mit der neuen Kürze befasst hatten und bereit waren,
Mary Quant zu folgen. Es schien ein Wettrennen um
die Saumlänge zu beginnen, das erst im Laufe der
nächsten Jahre einen Sieger hervorbringen sollte. Im
Rennen lagen auch die knielangen Empire-Kleider,
deren hohe Taille Bequemlichkeit versprach.
Wenngleich die Haute-Couture-Kollektionen zwei Mal
im Jahr mit Spannung erwartet wurden, konnte es sich
die normalen Konsumentinnnnen nicht leisten, im
gleichen Tempo ihre Bekleidung auf den neuesten
Stand zu bringen. Sie nahmen die Pariser Mode als
Anregung, fühlten sich aber nicht streng daran
gebunden. Selbst die Weisungen und Ratschläge der
Modezeitungen wurden nur bedingt befolgt.
Schließlich stand es nicht unter Strafe, wenn man
während der Mittagsruhe keinen trendgerechten gelben
Hausmantel zu orangefarbenen Hausschuhen trug. Die
Haute Couture war entfernt von dem, was Frauen
im
Alltag wünschten und anziehen konnten. Exklusivität
war immer Luxus, auch wenn jede Frau gern darüber
Bescheid wissen wollte.
Der normale Mode-Alltag sah Hemdblusen-Kleider,
einfache Röcke und Blusen vor. So war Frau für den
ganzen Tag, auch bei der Büro-Arbeit, passend
gekleidet. Ergänzt wurde diese Mode durch das
Blouson. Diese hüftlange, lockere Bluse, die einen
Gürtelbund hatte, gab es in zahlreichen Varianten.
Die Herrenmode befand sich in einem Stadium des
Abwartens. Es kam nichts Neues. Die alten Anzüge
waren schließlich noch nicht abgetragen. Und auch
die jungen Männer klagten nicht darüber, dass sie
nichts anzuziehen hätten. Sie hatten längst
begonnen, ihre eigene Mode- und Musikkultur zu
manifestieren, ließen sich ohnehin kaum noch etwas
vorschreiben. Da nun auch noch
Elvis Presley als GI
nach Deutschland kam und in Friedberg stationiert
wurde, war es legitim, dem Idol zu zeigen, dass man
seine modisch-musikalische Botschaft verstanden
hatte. Das Einlaufen des Truppenschiffes, auf dem
Elvis Presley in Bremerhaven eintraf, war ebenso von
Krawallen begleitet, wie die legendären Auftritte
von Bill Haley. Die Polizei musste einschreiten und
die Älteren sahen sich einer Gefahr gegenüber, der
Gefahr der nach eigener Identität strebenden Jugend.
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