Das Modejahr 1956 Mode – Mode im
Schlafzimmer
Die Frauen, deren Alltag mehr mit
Arbeit als mit Mode ausgefüllt war, hatten dennoch –
oder gerade deswegen – großes Interesse an den
Bekleidungstrends ihrer Zeit. Den Luxus, sich auf
dem Laufenden zu halten, gönnten sich die meisten.
Doch mit der Realisierung im Alltag blieben sie
hinter den neuen Kollektionen zurück. Die vielen
Dior-Linien hatten auf diese Weise eine besondere
Langlebigkeit. In der Frauen Gunst standen viele
Modelle hoch Kurs und so waren das zweiteilige
Kostüm, das hausgeschneiderte Kleid in
unterschiedlichen Formen und das Mantel-Kleid
charakteristisch für den Alltag. Die Kostüme und die
Kleider wurden, je nach dem, welche Dior-Linie die
Trägerin bevorzugte, mit
oder ohne Kragen gefertigt.
Wenn ein Kragen favorisiert wurde, war er meist groß
und bedeckte die Schulter.
Daneben finden die neuen Charleston-Sackkleider, die
der Spanier Christobal Balenciaga auf den Markt
brachte, keinen großen Zuspruch. Vorerst. Doch die
bezaubernden Kostüme, die Coco Chanel nach der
Wiedereröffnung ihres Pariser Modehauses präsentiert
hatte, waren inzwischen so beliebt, dass Frauen, die
etwas auf sich hielten und die nötigen Mittel
hatten, gerade dieses Kleidungsstück zu ihrem
Klassiker erhoben.
Keine Designerin, aber eine Frau von Welt, machte
mit ihrem 8000-US-Dollar-Kleid Schlagzeilen: Grace
Kelly. Als die Schauspielerin von der Leinwand in
den Adelsstand heiratete, wurde ihr Hochzeitskleid
aus Brüsseler Roselinenspitze von der
Kostümbildnerin Helen Rose kreiert. Unzählige
Perlen, Pailletten und Strasssteine schmückten es.
Man musste es gesehen haben, auch wenn es durchaus
keine Trends setzte.
Die Backfisch-Mädchen fühlten sich nach wie vor in
den fröhlich schwingenden Petticoat-Röcken wohl. Und
die Caprihose gehörte längst zur modischen
Normalität. Fesche Hemdblusenkleider aus Perlon und
Popeline u.a. Stoffen ergänzten die Jugendmode der
Damen. Typisch und unverzichtbar war das Nikituch,
ein Accessoire, auf das kein Mädchen verzichten
wollte. Das viereckige Halstüchlein verlieh den
engen Blusen und Twinsets den jugendlichen Touch und
lockerte die strenge Betonung der Oberweite auf. Die
allerdings war gefragt und wer sie nicht hatte, half
mit Schaumgummi-Einlagen nach. Die Jungs
begeisterten sich an den modischen Trends aus
Amerika. Jeans waren sehr gefragt, auch Cowboy-Hosen
machten die Lässigkeit zur schwarzen Lederjacke
komplett. Die Schmachtlocke von
Elvis Presley sah
man nun auch in Deutschland.
Dass man Mode nicht nur auf der Straße tragen
musste, zeigte sich in Form des Sommer-Pyjamas aus
Amerika, der der Hit der Schlafzimmer wurde. Ein
leichtes Oberteil, das kaum den Po bedeckte, war in
Kombination mit einem neckischen Höschen als „Baby
Doll“ schnell zur angesagten Nacht-Mode geworden.
In der Herrenmode zeigte der italienische Einfluss
Wirkung. Wenn auch nichts revolutioniert wurde, so
fiel doch die Figurbetonung auf, die mittlerweile
zur modischen Eleganz gehörte und dem
englisch-strengen Stil gegenüber stand, den
beispielsweise auch deutsche Modemacher
befürworteten. In der Freizeit war es gleichfalls
die italienische Lockerheit, die sich durchsetzte.
Modemutige Herren trugen das Titi-Hemd. Der Name
leitete sich von der Bekleidungsfirma „Trasformazioni
Tessili“ ab. Über den Umweg der amerikanischen
Werbung kam es nach Europa. Auffallend war der
horizontale Halsausschnitt mit dem Umlegekragen, der
weit auseinander stand. Das Titi-Hemd konnte nicht
mit Krawatte getragen werden. Es war nicht
gemustert, höchstens gestreift, war farblich dezent
und Mann konnte es über oder in der Hose tragen.
Da das Fernsehen immer mehr Zuschauer fand, die sich
einen Apparat leisten konnten und ab dem 1.
September die „Tagesschau“ mit einer täglichen
Ausstrahlung begann, mussten die Menschen nicht
befürchten, Informationen über die Jugendlichen zu
versäumen. Der herausragende deutsche Film „Die
Halbstarken“, der Ende September in die Kinos kam,
trug nicht gerade zur Beruhigung der bürgerlichen
Gemüter bei, ging aber in die Filmgeschichte ein.
Und vielleicht informierte das Fernsehen ja auch
über neuen Modetrends. Möglich war alles.
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