Das Modejahr 1953 Mode – Männerunterhaltung
statt Mode
Die Männer wurden noch immer
nicht mit modischen Einfällen überhäuft. Dafür
kümmerte sich der Amerikaner Hugh Hefner auf andere
Weise um seine Geschlechtsgenossen. In den USA
erschien der erste „Playboy“, auf dem Marilyn Monroe
die Titelseite zierte. Wenngleich die Zeitschrift
erst 19 Jahre später als Lizenz-Ausgabe nach
Deutschland kam, wurde sie durch die hier
stationierten amerikanischen Soldaten schon vorab
bekannt. Modische erwähnenswert ist aber der „New-Edwardian-Style“,
der bereits drei Jahre vorher in die Modewelt der
Männer Einzug gehalten hatte und bei dem der oberste
Knopf der Knopfleiste geschlossen getragen, der
Halsausschnitt kleiner und die Revers schmal und
kurz ausfielen. Kreativität auf bescheidener Ebene.
Dessen ungeachtet gab es für die Frauen viel Neues,
wobei die normalen Konsumentinnen die Pariser
Trends
mit großer Verspätung im Alltag trugen. Mode war
eine sehr kostspielige Angelegenheit und Wohlstand
war für den Einzelnen noch nicht selbstverständlich.
Typisch für die Bekleidung der Frauen waren Kostüme.
Die Schnittform von Diors „Schlangenlinie“ des
Vorjahres war im Alltag angekommen. Sie war durch
die eingelegten Rückenfalten erkennbar. Das
zweiteilige Kleid, das „Deux Pieces“, war für viele
Gelegenheiten das ideale Kleidungsstück. Die Pariser
Eleganz wurde von den reiferen Damen bevorzugt. Die
jungen Mädchen und Frauen blieben bei den Kleidern,
deren Röcke durch die weit schwingende Form etwas
Unbeschwertes ausdrückten, wogegen die Kostüme und
„Deux Pieces“ stets gesetzt wirkten. Ihre Eleganz
erweckte den Eindruck von Ernsthaftigkeit. Es
schien, als suche sich die Mode selbst die passende
Altersgruppe. Die grau-silbernen Farbnuancierungen
wirkten ganz selbstverständlich. Doch es gab auch
heitere Gelb- und Beige-Töne und abstrakte Muster
oder Blumen, deren Einwebungen sich hervor hoben.
Im Sommer konnte man die Verlängerung der schmalen
Taille bemerken, die der Modefrühling angezeigt
hatte und die sich harmonisch zu den weiten Röcken
ausnahm, die nun in Höhe der Hüften begannen. Die
Silhouette wirkte dadurch gestreckt, aber nicht
streng. Natürliche Schulterformen und Ärmelschnitte
mit pfiffigen Effekten gaben der Kleidung eine
wohltuende Lebendigkeit. Und junge Couturies
brachten den richtigen Schwung in die Modewelt der
Damen. So machten beispielsweise die
schlicht-eleganten, schwarzen Kleider von Marc Bohan,
dem 27jährigen Schüler von Robert Piquet, Furore.
Hier zeigten vor allem die beeindrucken Dekolletés
eine betörende Wirkung. Auch eine Frau kreierte für
Frauen: Paulette Coquatrix. Ihre durchweg femininen
Modelle wurden als die gelungensten der 1953er Haute
Couture wahrgenommen.
Die Damen waren bereit, Geld für modische Kleidung
auszugeben oder ihre Männer dazu zu animieren. Immer
ging der Blick dabei nach Paris, wo es wieder
Christian Dior war, der mit einem nicht versiegenden
Ideenreichtum Neues auf den Markt brachte. In diesem
Frühling stellte er seine Tulpenlinie
vor. Pfiffig
drapierte Oberteile hatten Dekolletés, die Einblick
gewährten. Dazu trug man Bundfalten-Röcke, die in
der Taille eng gegürtet, einem Blumenstiel ähnlich
geschnitten waren und so die Hüften markierten. In
der zweiten Jahreshälfte machte Diors lebhafte Linie
Schlagzeilen. Diese „Ligne Vivante“ spielte mit den
architektonischen Formen von Paris und brachte nach
dem Eiffelturm eine schmale und nach den Kuppeln der
Stadt eine weite Schnittform hervor. Bei dieser war
der weite Rock steif und mit einer großen Schleife
versehen. Seitlich oder hinten angebracht gab sie
dem Modell eine auffallende Extravaganz. Diese weite
Schnittform, die hierzulande als Kuppellinie bekannt
wurde, zeigte vor allem bei den Mänteln ihre
grandiose Wirkung. Die Schleife befand sich vorn,
ersetzte Kragen und Knöpfe.
Erstaunen rief jedoch die neue Saumlänge auf, die
Dior bei 42 cm über dem Boden ansetzte. Mit so viel
Kürze hatte niemand gerechnet, doch nahmen die
Frauen die neue Beinfreiheit nach und nach an.
Während sich Paris auch mit der Gegenlinie von
Pierre Balmains und anderen renommierten Designern
präsentiert hatte, zeigte nun Berlin, dass es in
Sachen Mode mitreden konnte. Typisch für das Design
waren runde Hüften. Die unterschiedlichen Rockformen
setzte man unterhalb der Taille an, ließ die
Schulterpartien schmal abfallen und betonte den Hals
mit umschmeichelnden Kragenformen.
Auch wenn im Osten Deutschlands der Aufstand den 17.
Juni zu einem besonderen Tag machte und Stalin das
Zeitliche segnete, gab es doch auch den Klang der
heilen Welt, wie ihn René Carol mit roten Rosen,
roten Lippen, rotem Wein besang. Diese heile Welt
war auch die der Mode und in der bewegte sich sehr
viel – für die Frauen.
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