Das Modejahr 1952 Mode – Die lange Hose der
Damen
Wenngleich die Veränderungen von einem zum anderen
Jahr nur den aufmerksamen Damen auffielen, gab es
sie dennoch. Man musste den Blick nach Paris
richten, um sie genau wahrzunehmen. Dort schickte
Christian Dior seine Mannequins mit den Kreationen
seiner neuen „Wellenlinie“ auf den Laufsteg. Dieser
weich-fließende Stil löste seine Linien der Vorjahre
nicht ab, sondern ergänzte sie. Für die Damen waren
Diors aktuelle Vorschläge schmeichelhaft, denn sie
ließen nicht nur die Schultern ganz natürlich
erscheinen; sie verzichteten auch auf jegliche
Überbetonung der Hüften. Die Stoffe – besonders die
der Blusen und Kleider – waren leicht, so dass sie
den Eindruck erweckten, als flössen sie am Körper
herab.
Andere Couturies hielten sich gleichfalls an
weiche, runde Formen. Von allen Designern wurde die
Saumlänge der Röcke und Kleider auf 35 cm, höchstens
37 cm vorgegeben. Wer sich im Alltag von den
Haute-Couture-Trends inspirieren und die Mode
nachschneidern ließ, wich generell von diesen Längen
ab. Etwas mehr Bein wollten die Damen gern zeigen.
Außerdem war die kürzere Bekleidung bequemer.
Wenn sich auch die wenigsten Frauen maßgeschneiderte
Mode leisten konnten, so sahen sie doch durchweg
adrett aus. Sie legten großen Wert auf Accessoires
und folgten zwei Silhouetten. Die eine entsprach
Diors „Bleistiftlinie“ und die andere bestach durch
schwingende, weite Röcke und Kleider. Die neue
Lockerheit zeigte sich besonders an der beachtlichen
Vielfalt der Ärmelschnitte. Vom klassischen
Raglanärmel bis zum Keulen- und Flügelärmel, um nur
einige zu nennen, wurden alle Formen gern getragen.
Nicht jede Frau konnte sich mehrmals am Tag
stilgerecht umziehen. Die plissierten
Cocktailkleider mit glockigem Rock und Zierschal
fanden trotzdem große Beachtung. Außerdem begannen
immer mehr junge Frauen, Petticoats unter den weiten
Röcken zu tragen.
Die ehedem sehr weiten Mäntel nahmen allmählich eine
gerade Form an. Besonders elegant war immer noch der
Redingote, den nun nicht mehr nur die Mädchen
trugen. Er wurde inzwischen auch über der
Abendgarderobe getragen. Zur modisch komplett
angezogenen Dame gehörten unbedingt Hüte. Längst
hatten sie keine aufdringliche Größe mehr. Sie
stellten eher eine kleine, unverzichtbare Verzierung
der Frisur dar.
Die eigentliche Veränderung in der Frauenmode war
der Siegeszug, den die lange Hose nahm. Noch etwas
unscheinbar hatte sie sich als Caprihose
durchgesetzt. Doch nun eroberte sie die Damenbeine
in ganzer Länge, war am Knöchel sehr schmal, so dass
sie mit einem kleinen Schlitz nach amerikanischem
Vorbild getragen wurde. Dort hatten namhafte
Kinostars, wie beispielsweise Audrey Hepburn, sie
bereits ganz selbstverständlich ihrer Garderobe
hinzugefügt. Sie unterstrichen deren zierliche Figur
und sahen zudem apart aus. Schon die Trümmerfrauen
waren auf den Gedanken gekommen, die Herrenhose im
Nachkriegsalltag anzuziehen. Die Gründe hatten
durchaus keine modische Ursache und besonders gut
sahen die Frauen darin auch nicht aus. Doch das war
beim Enttrümmern der Städte nebensächlich. Nun wurde
auch hierzulande die lange Damenhose auf den
Modemarkt geworfen, mit einem lockeren Pullover oder
einem Twinset kombiniert und wurde zur beliebten
Freizeitkleidung, die zunächst junge Frauen
favorisierten. Allerdings war diese Beinbekleidung
für den beruflichen Alltag nicht schicklich.
Derart gravierende Veränderungen konnte die
Herrenmode nicht aufweisen. Da hatte man eher das
Gefühl, das Herkömmliche war zugleich das Moderne.
Der Herr war aus dem modischen Geschehen
ausgeschlossen, wenngleich der Blick bereits zu den
Jeans ging, die die amerikanischen Soldaten mit nach
Europa gebracht hatten. Doch vorerst blieb es bei
dem Blick, der aber durchaus in eine modische
Zukunft gerichtet war.
<<
Modejahr 1951
|
Modejahr 1953 >>