Das Modejahr 1950 Mode – Dior war der Maßstab
der Mode
Zu Beginn des neuen Jahrzehnts, das gleichsam das
erste nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war,
bekam man wieder Lebensmittel ohne Marken. Noch
konnte zwar nicht alles in ausreichenden Mengen
angeboten werden, aber die Zeit der Entbehrungen
schien endgültig vorüber zu sein. Der Beginn dieses
Jahrzehnts fühlte sich wie ein erlöstes Aufatmen an
und die Menschen waren nur allzu gern bereit, sich
friedlichen Eindrücken und Vergnügungen hinzugeben.
Dazu gehörte auch das Interesse an modischen Dingen.
Doch der Mangel an Stoffen war noch nicht behoben.
Die hohe Kunst des Improvisierens war gefragt.
Während Christian Dior in Paris seine faszinierenden
Kreationen maßschneidern ließ, sich zum Maßstab
internationaler Mode aufgeschwungen hatte und vom
Stoffmangel scheinbar nicht betroffen war, mussten
in Deutschland, das inzwischen aus zwei separaten
Staaten bestand, die Schneiderinnen, die für den
täglichen Bedarf nähten, mindestens ebenso kreativ
sein wie das große Mode-Vorbild. Ihre
Kunstfertigkeit bestand vor allem darin, gebrauchte
Kleidung in modische Modelle umzuarbeiten. So wurden
Damenkleider, die schon einige Jahre überdauert
hatten, zu neuem, völlig verändertem Leben erweckt
und erschienen als Blusen mit üppigen Kragen wieder.
Die verschiedenen Linien, die Dior 1947 kreiert
hatte, waren mehr denn je gefragt. Sie betonten die
Figur, waren schlicht, wirkten unaufdringlich und
waren zudem unglaublich elegant. Besonders en vogue
war seine Vertikallinie. Das Oberteil umschmeichelte
die weiblichen Attribute und der geschlitzte Rock
vollendete sich schmal nach unten hin. Diese Mode
verlangte geradezu nach Schuhen mit hohen Absätzen,
aber vor allem nach einem Mieder, das eine Taille
zur Wespentaille machte. Die Röcke hatten hier eine
Saumlänge, die die Waden verdeckte. So gern diese
Mode auch nachgeahmt wurde, die Röcke wurden dabei
immer ein wenig kürzer gefertigt, so dass sie
schließlich nur noch die halbe Wade verbargen. Die
Einfachheit der Kleider wurde durch einen leicht
versteiften Kragen aufgeputzt, der im Nacken hoch
stand und vorn ins Dekolleté überging, dem
Medici-Kragen. Es konnte auch ein Chemisette sein,
das im Ausschnitt einen Blickfang bot.
Raglan-Schnitte an den Ärmeln waren typisch.
Kleidsame Vollendung erreichten die Damen durch
passende Handschuhe, die nicht wärmen, sondern
schmücken sollten. Doch ohne Hut war Frau nur halb
angezogen.
Alternativ gab es Diors „New Look“, der ebenfalls
bereits 1947 entstanden war. Bis er sich
durchgesetzt hatte, war allerdings einige Zeit
vergangen. Diese Linie zeichnete sich durch die
wadenlangen Glockenröcke mit enger Taille aus. Auch
hier bestanden die Oberteile aus klaren, anliegenden
Schnitten, die sehr apart und weiblich waren.
Die berufstätige Frau sah man im Büro mit einer
kurzen, schoßlosen, eng taillierten Weste, dem
Gilet.
Außerdem trugen die Damen lose, hängende
Jacken mit unterschiedlicher Rückenweite oder
halblange Jacken, deren abstehende Taschen die
schmalen Hüften optisch hervorhoben. In der Freizeit
sah man auch hin und wieder junge Frauen in
Caprihosen. Diese Erfindung der Endvierziger begann
sich zu verbreiten.
Bei den Männern waren schlichte Anzüge
vorherrschend. Modische Experimente waren nicht an
der Tagesordnung. Das Anzughemd war hauptsächlich
weiß, die Muster der Anzüge gewannen nur vorsichtig
an Auffälligkeit. Hahnentritt, Pepita, dezentes
Streifenmuster bestimmten das Bild des modernen
Mannes. Eine schmale Krawatte und ein Hut gehörten
selbstverständlich dazu. Abwechslung im Anzug-Alltag
boten Knickerbocker und kurze Lederhosen, die man
nicht nur auf dem Land, sondern auch im Stadtbild
sah. Ansonsten waren Grau, Schwarz oder ein
unauffälliger Blau-Ton die charakteristischen Farben
der Herrenmode. Modisch gleichwertig betroffen waren
die Herren, als der Italiener Emilio Pucci seine
erste Modenschau für Ski-, Tennis- und
Golfbekleidung präsentierte und damit weltweit
Aufmerksamkeit und Erfolg verbuchen konnte.
Das große Wirtschaftswunder hatte erst begonnen. Die
Zeit für mehr Farbe war noch nicht reif. Im
modischen Vordergrund standen die Frauen, wie auch
in dem ersten deutschen Nachkriegsfilm
„Schwarzwaldmädel“, der mit seiner zuversichtlichen
Stimmung den Nerv der Menschen traf und wohl zu
Recht einen Bambi bekam.
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