Literatur 1950 - Das literarische Jahr 1950
In Korea geriet der Konflikt zwischen Nord und Süd
allmählich außer Kontrolle. Der Koreakrieg brach aus
und gegen Ende des Jahres 1950 drohte der
amerikanische Präsident Harry S. Truman bereits mit
dem Einsatz einer Atombombe.
In der DDR wurde das Ministerium für
Staatssicherheit ins Leben gerufen. Der Beschluss
wurde gefasst, mögliche staatsfeindliche Gesinnungen
zu vermeiden, indem die Menschen überwacht werden
sollten. Die erste Volkszählung ergab im Westen
fünfzig Millionen Menschen, im Osten knapp die
Hälfte. Spektakulär war in diesem Jahr die Flucht
der kompletten Fußballmannschaft des SG Dresden aus
der DDR in die Bundesrepublik.
1950 starben vier große literarische Stimmen.
Heinrich Mann im Alter von 79 Jahren, George Orwell
im Alter von nur 46 Jahren an Tuberkulose, Cesare
Pavese, 41 Jahre alt, durch Selbstmord und George
Bernard Shaw, der erste Schriftsteller, der auch
einen Oscar für das beste Drehbuch erhielt.
Letzterer stürzte von einem Baum und brach sich die
Hüfte. Die Operation verlief zwar erfolgreich, doch
wenige Zeit später versagten die Nieren und kosteten
den Schriftsteller das Leben.
In der Sowjetunion sammelte Alexander Solschenizyn
zu diesem Zeitpunkt seine Erfahrungen in einem Gulag,
wobei es ihm dabei nicht so schlecht erging wie
etlichen anderen Russen, die unter den
katastrophalen Bedingungen auch ihr Leben verloren.
Er war nach dem berüchtigten Paragraphen 58 zu acht
Jahren Haft verurteilt worden, hatte eine Weile in
einem Sonderlager für Wissenschaftler verbracht.
1950 wurde er nach Kasachstan verlegt, arbeitete in
einer Gießerei und musste erfahren, dass sich seine
Ehefrau von ihm getrennt hatte. Für Solschenizyn
bildete das Gulag-Leben den Anfang einer
langwierigen Aufgabe des Schreibens gegen den
Stalinismus und die Zustände in der Sowjetunion. Mit
seinem Riesenwerk „Der Archipel Gulag“ gelang ihm
eine weltweite Aufklärung.
Jack Kerouac hatte währenddessen auf seinen Reisen
quer durch Amerika erste Gedanken und Geschichten
festgehalten, die dann als Roman „The Town and the
City“ erschienen und gute Resonanz erzielten. Ein
wiederkehrender Protagonist seiner Romane war Neal
Cassady, mit dem er zusammen reiste. Er war für
Kerouac die romantische Verkörperung eines
idealistischen Amerikas, abenteuerlustig, rastlos,
immer auf der Suche nach dem nächsten Akt, und sei
er sexuell. Cassady war der Beweggrund schlechthin,
weshalb Kerouac überhaupt auf die Idee kam, zu
schreiben, denn das Erlebte, die wilden Nächte und
die allgemeine Rastlosigkeit waren schwer in Worte
zu fassen, die Stimmung fand sich jedoch in den
Briefen Cassadys wieder, was Kerouac dann für seinen
Roman „Unterwegs“ (im Original „On the road“)
umsetzte. Er tippte das Manuskript für den
bahnbrechenden Beat-Roman auf zusammengeklebtem
Zeichenpapier, das eine lange Rolle ergab und ihm
das Umblättern ersparte. Die Rolle verkörperte auch
den Romantitel, die lange Straße, und wurde 2001 für
ca. 2,5 Millionen Dollar versteigert. Der Roman
selbst wurde erst 1957 veröffentlicht und machte
Kerouac dann schlagartig bekannt. Er war Wegbereiter
für die alkohol- und drogendurchtränkte Generation
der Beatniks, gemeinsam mit William S. Burroughs und
Allen Ginsberg.
Von Friedrich Dürrematt erschien „Der Richter und
sein Henker“ in einer Schweizer Wochenzeitschrift,
der erste Kriminalroman dieses beeindruckenden
Dramatikers und Schriftstellers, der gleichzeitig
durch seine Ironie und die Andeutungen auch das
Genre auf den Kopf stellte und auf die Schippe nahm.
Kriminalistisch genial machte sich auch Patricia
Highsmith einen Namen, deren psychologische Thriller
und Romane zig-fach verfilmt wurden. 1950 erschien
von ihr „Der Fremde im Zug“, ein Krimi, der ein Jahr
später von Alfred Hitchcock verfilmt wurde und zum
Streit zwischen dem großen Regisseur und dem Autor
Raymond Chandler führte. Zusammen wollten sie sich
an das Drehbuch setzen, doch die Vorstellungen
gingen so weit auseinander, dass Hitchcock danach
kein Wort mehr mit Chandler sprach.
Gemeinsam mit dem Literaturnobelreisträger des
Vorjahrs, William Faulkner, wurde der Brite und
Philosoph Bertrand Russell 1950 für sein
wissenschaftliches Werk und seinen Kampf für
Gedankenfreiheit und Humanität mit dem Nobelpreis
ausgezeichnet.
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