Die Freude über den lang ersehnten Frieden wurde in allen
wirtschaftlichen Bereichen durch Mangel überschattet. Am schlimmsten
war die Not an Nahrungsmitteln. Die deutsche Bevölkerung hatte schon
vor dem Kriegsende mit einer Rationierung der Lebensmittel leben
müssen. Lediglich die von den deutschen Wehrmachtsstellen angelegten
Nahrungsmitteldepots hatten eine bescheidene, halbwegs ausreichende
Versorgung sichergestellt. Diese Vorräte deckten nicht mehr die
zweite Hälfte des Jahres 1945. Hilfe kam von den alliierten
Besatzungsmächten, die mit Nahrungsmitteln aushalfen. Zwischen dem
Juli 1945 und dem Jahresende hatten die USA und Großbritannien rund
400.000 Tonnen Weizen in das zerstörte und hungrige Deutschland
geliefert. Etwa die Hälfte des zu Brot verbackenen Mehls kam aus
diesen beiden Ländern.
Die Verteilung der Lebensmittel funktionierte über
Lebensmittelkarten. Die Alliierten hatten eine Mindestzahl an
Kalorien festgelegt, die jedem Deutsche zustand. Deutschland war in
vier Besatzungszonen eingeteilt und in der US-Zone waren den
Bewohnern vom US-Militär 1.550 Kalorien pro Kopf an Lebensmittel
zuerkannt worden. Dennoch reichten die Lebensmittel nicht, um den
Bedarf zu decken und sich satt zu essen. Einem Berliner Arbeiter
beispielsweise standen laut Lebensmittelkarte 65 Gramm Fleisch pro
Tag zu. Hinzu kamen 60 Gramm Nährmittel, 15 Gramm Fett, 60 Gramm
Kaffee und 20 Gramm Tee. Doch die Geschäfte, von denen es nur noch
wenige gab, konnten diesen Anrechten kaum gerecht werden.
Hamsterfahrten waren an der Tagesordnung. Die Bauern gaben
Milchprodukte und Gemüse für Wertgegenstände, die die Städter über
den Krieg hinweggerettet hatten.
Der Tauschhandel blühte ebenso wie der Schwarzmarkt. Es war seit den
1930er Jahren ein anwachsender Geldüberhang entstanden. Die
Kriegsfinanzierung hatte die Währung zerrüttet. Auch für die
„Einkäufe“ auf dem Schwarzmarkt musste viel Geld hingeblättert
werden. Das Handeln war knallhart. Wegen der vermeintlichen
hungerstillenden Wirkung des Nikotins waren Zigaretten der Renner,
sie wurden sogar zu einer Behelfswährung. Eine Zigarette kostete
zwischen 5 und 10 Reichsmark. Zeitweise kostete sie auch schon mal
bis zu 20 Reichsmark. Besonders beliebt waren amerikanische
Zigaretten.
Begehrte Waren, die auf dem Schwarzmarkt gehandelt wurden, konnten
sich auf das beinahe 100-fache des Vorkriegs-Preises erhöhen. Ein
Pfund Kaffee war dann sogar für mehr als 2.000 RM zu ergattern.
Einheitspreise gab es auf dem Schwarzmarkt nicht. Jede nach Bedarf
und Mangel wurden die Preise täglich neu bestimmt. Auch von Region
zu Region gab es große Unterschiede.
In der Regel reichten die Löhne nicht aus, um die astronomischen
Schwarzmarktpreise zu bezahlen. So aßen die Menschen quasi ihr
gesamtes Bar- und Sachvermögen auf, tauschten es ein, um sich
ernähren zu können. Ein Kilo Butter bekam man auf dem Schwarzmarkt
für – regionsabhängig – durchschnittlich 250 RM (vor dem Krieg für
3,21 RM). Der Kilopreis für Fleisch lag zwischen 20 und 120 RM (1938
noch 1,76 RM). Zucker kostete zwischen 170 und 250 RM, vor dem Krieg
0,84 RM. Brot konnte man für 20 bis 60 RM schwarz kaufen, es kostete
vor dem Krieg 0,32 pro Kilo. Und ein Paar Damenschuhe – Leder war
ein gefragter und teurer Rohstoff – konnten sich die Frauen nur
leisten, wenn sie zwischen 100 und 600 RM hinblätterten.
Ein eigenes Auto oder eine Urlaubsreise waren noch kein
Diskussionsthema. Wer den Krieg überlebt hatte, war zunächst froh,
halbwegs satt durch den Tag zu kommen. Außerdem war europaweit die
Automobilindustrie fast gänzlich zerstört, Bahnen und Züge sowie
Schienennetze konnten kaum genutzt werden. Ein Dach überm Kopf war
einfach vorrangig. Die Ansprüche stiegen erst mit dem
fortschreitenden Wiederaufbau.
Lebensmittelpreise 1945
Brot/kg
0.37
Butter/kg
7.82 RM
Eier/Stück
0.12 RM
Milch/L
Rindfleisch/kg
Schwein/kg
1.84 RM
Zucker/kg
0.88 RM
Kartoffeln/kg
0.13 RM
Mehl/kg
Kaffee/kg