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Literatur 1947 Das literarische Jahr
1947 hatte der Kalte Krieg begonnen. In Deutschland
machte sich eine erste Trennung zwischen Osten und
Westen bemerkbar, da die Siegermächte Deutschland
unter sich aufteilten. Während der Westen von
Amerika unterstützt wurde, blieb der Osten unter
russischer Kontrolle. Der Wirtschaftsaufbau
gestaltete sich vollkommen verschieden.
Die restlichen Auswirkungen des Krieges zeigten sich
in den weiter stattfindenden Prozessen gegen
führende Köpfe der Nazis, in der Umwandlung des
Konzentrationslagers Ausschwitz zu einer
Gedenkstätte und der Veröffentlichung des berühmten
Tagebuchs von Anne Frank.
Auch in der Literatur machte sich das Ende des
Krieges und der Neubeginn bemerkbar. Man sprach von
sogenannter „Trümmer- oder Kahlschlagliteratur“.
Nicht nur die Städte lagen in Trümmern, sondern auch
die Illusionen und Ideale, die ein Kriegsbeginn
hervorrief und ein Kriegsende als kalte Wirklichkeit
samt Leid, Verbrechen und Tod dann letztendlich
offenbarte.
Die Literatur nach dem Krieg äußerte sich
vielfältig. Die einen verarbeiteten das Nazi-Regime,
die Verdrängung der Verbrechen, die anderen setzten
sich mit den Umständen, der Flucht und der
Emigration auseinander. Autoren wie Anna Seghers,
Bertolt Brecht, Arnold Zweig oder Stefan Heym waren
wichtige Vertreter dieser Literaturgattung, ebenso
die „Gruppe 47“, ein Zusammenschluss von Autoren und
Verlegern, darunter Schriftsteller und
Schriftstellerinnen wie Heinrich Böll, Günter Grass,
Ingeborg Bachmann,
Ilse Aichinger, Uwe Johnson oder
Martin Walser.
Auch in der Nachkriegsliteratur zeigte sich bereits
die Trennung, die Deutschland in Ost und West
teilte. Während im Westen auf alte Themen
zurückgegriffen wurde, Aufführungen wie „Nathan der
Weise“ von Lessing oder „Iphigenie“ von Goethe
stattfanden, erfreute sich im Osten das Werk vieler
Exildramatiker großer Beliebtheit.
1947 brachte Hans Fallada „Jeder stirbt für sich
allein“ heraus und Thomas Mann schloss seinen Roman
„Doktor Faustus“ ab. Dieses Werk war nicht nur ein
Künstlerroman, der das Faust-Thema zum Inhalt hatte,
sondern gleichzeitig auch die ironische Parodie
einer Lebensbeichte, in der Mann sich mit der Kluft
auseinandersetzte, die sich zwischen Kunst und
bürgerlichem Sein auftat.
Von Albert Camus erschien der faszinierende Roman
„Die Pest“, der bedeutend für die Romane der
Résistance und der französischen Nachkriegsliteratur
wurde und in Frankreich immer noch Pflichtlektüre in
der Schule ist. Erneut setzte sich Camus in diesem
Werk mit der Absurdität auseinander, sprach davon,
dass sie immer dort auftrat, wo der Mensch der Welt
gegenüberstand und Fragen stellte, während die Welt
vernunftwidrig dazu schwieg. In seiner Romanwelt,
als Chronik angelegt, bricht die Pest aus, die bei
den betroffenen Menschen ein Muster an Reaktionen
hervorruft, darunter Ignoranz, Schuldzuweisung,
Verzweiflung, Panik, Trägheit, Erschöpfung, aber
auch Hoffnung und Rettung. Die Krankheit wirft
etliche Fragen auf, und eine Möglichkeit für ihren
absurden Ausbruch bleibt die Gleichgültigkeit der
Stadt, während der Mensch zwar machtlos ist, jedoch
durch das Unglück auch wachsen kann.
Jean Genet meldete sich 1947 mit „Querelle“, einem
Roman über Gewalt und Homosexualität, während
Malcolm Lowry sein großartiges Buch „Unter dem
Vulkan“ herausbrachte, ein äußerst poetisches Werk
mit dem Grundthema Alkoholismus, das den
Schriftsteller nicht nur beschäftigte, sondern
selbst plagte. Die Veröffentlichung des Romans
machte Lowry erst bewusst, dass er überhaupt zum
Schriftsteller taugte, während sein Leben von
Krisen, Alkoholsucht und einer für den
Schriftsteller äußerst schmerzhaften Identitätssuche
geschüttelt wurde, bis zum tragischen Schluss, als
Lowry sich schließlich das Leben nahm. Die
Geschichte des Romans spielt in der Ödnis Mexikos.
Mit seiner Figur, einem Konsul und Trinker,
verarbeitete Lowry viel Autobiografisches. Sein
Protagonist gelangt am Ende zu der Erkenntnis, dass
er trinkt, weil er ein Trinker ist. Weder der Betrug
seiner Frau, noch die äußeren Umstände des Zweiten
Weltkriegs oder der vorherrschenden Gewalt innerhalb
Mexikos können daran etwas ändern oder sind die
eigentlichen Auslöser. Der Konsul bleibt ein
Gefallener, der diesen Fall genießt und ebenso
fürchtet.
Eher furchtlos reiste zu dieser Zeit der künftige
Beat-Poet Jack Kerouac per Anhalter durch Amerika,
Eindrücke, die er später in seinem Buch „Unterwegs“
festhalten sollte, das eines der Hauptwerke der
Beat-Generation wurde.
Den Literaturnobelpreis erhielt 1947 der Franzose
André Gide, bekannt durch seine tiefsinnigen und
poetischen Tagebücher und Romane. Gide spielte in
der intellektuellen Szene Frankreichs eine wichtige
Rolle und war auch einer der ersten, neben Arthur
Koestler, der über seine Ernüchterung schrieb, die
der Kommunismus auf ihn ausübte, als er die
Sowjetunion besuchte. Er unterhielt Freundschaften
zu Jean Cocteau und Paul Valéry und war Mitarbeiter
bei dem französischen Verlagshaus „Gallimard“, in
dem er unbedachterweise Prousts Manuskript „Auf der
Suche nach der verlorenen Zeit“ ablehnte, was er
später bereute.
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