September 1930 - Schwangerschaft kein
Kündigungsgrund
Laut „Frankfurter Zeitung“ vom 19. September
1930 wurden in Mecklenburg die
meisten unehelichen Kinder im Deutschen Reich
geboren. Auf 1000 Frauen zwischen 15 und 45 Jahren
kamen 39,2 uneheliche Geburten (Reichsdurchschnitt
17,5). Die Zeitung führte diese Zahl auf die
„trostlosen“ Wohnverhältnisse der Arbeiter des
mecklenburgischen Großgrundbesitzes zurück.
Dass Schwangerschaft kein Kündigungsgrund ist,
stellte das Berliner Arbeitsgericht am 9. September
1930 in einem Gerichtsurteil fest.
<<
August 1930
|
Oktober 1930 >>
Wichtige Ereignisse im
September 1930
1. September
Zur finanziellen Sanierung der
Arbeitslosenversicherung erhob die Reichsregierung
die sogenannte Reichshilfe. Alle fest angestellten
Berufstätigen mussten dafür bis einschließlich März
1931 monatlich 2,5 Prozent ihrer Gehaltsbezüge an
den Staat abführen.
1. September
Bei einer Demonstration von mehreren tausend
Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschaftern
kam es in der ungarischen Hauptstadt Budapest zu
blutigen Zusammenstößen mit der Polizei. Wegen der
schlechten Wirtschaftslage des Landes forderten die
Demonstranten „Brot und Arbeit“.
1. September
Auf Antrag der US-Botschaft in Berlin verhaftete die
Aachener Polizei den Chicagoer Unterweltkönig Jack
Diamond bei seiner Einreise ins Deutsche Reich.
1. September
Da die deutsche Reichsbahn in den letzten Monaten
steigende Einnahmeverlust hatte, erhöhte sie die
Personentarife. In der dritten Klasse kostete die
Fahrt auf einer Strecke von einem Kilometer nun 4
Rpf, vorher 3,7 Rpf, in der zweiten Klasse 5,8 Rpf,
vorher 5,6 Rpf und in der ersten Klasse 11,6 Rpf,
vorher 11,2 Rpf.
2. September
Der US-amerikanische Zeitungsverleger William
Randolph Hearst, der sich auf einer Europatour
befand, wurde von der französischen Regierung
ausgewiesen. Die Hearst-Presse hatte im Vorjahr ein
geheimes Dokument veröffentlicht, das nach Ansicht
der Pariser Regierung die französische
Flottenpolitik diskreditierte.
2. September
Die französischen Flieger Dieudonne Cost und Maurice
Bellonte erreichten mit dem Flugzeug „Fragezeichen“
nach einen 37stündigen Nonstopflug die Ostküste der
USA. Zum ersten Mal war es damit Fliegern geglückt,
den Atlantischen Ozean von Europa nach New York ohne
Zwischenlandung zu überqueren.
3. September
Das Zentralkomitee der KPdSU in Moskau beklagte sich
in einem Aufruf an die sowjetische Öffentlichkeit,
dass aufgrund des langsamen Produktionstempos der
Fünfjahresplan nicht erfüllt werden konnte. Der
Industrialisierungsplan blieb nach den Angaben des
Komitees bisher um fünf Prozent hinter den im April
1929 festgelegten Planzielen zurück.
3. September
In Moskau wurde eine groß angelegte
Verhaftungskampagne der Geheimpolizei GPU bekannt,
die vor allem Intellektuellen galt. Unter ihnen
befand sich auch der führende Agronom Nikolai D.
Kondratjew. Die Verhafteten hatten u. a. die
Planwirtschaft der sowjetischen Regierung
kritisiert.
4. September
Schüler höherer Lehranstalten wurden von dem
preußischen Unterrichtsminister Adolf Grimme (SPD)
davor gewarnt, den Beruf des Studienrats
anzustreben. Ein solches Vorhaben sei angesichts der
Finanznot der Länder und Gemeinden aussichtslos.
4. September
Die „Vossische Zeitung“ berichtete über den Konkurs
des Stettiner Sportvereins S.C. Titania, der mit 100
000 RM verschuldet war. Aufgrund der
Wirtschaftskrise gerieten immer mehr Sportvereine in
finanzielle Schwierigkeiten. Ihnen gingen
öffentliche Gelder, aber auch die Unterstützung
durch zahlungskräftige „Sportbegeisterte“ verloren.
5. September
Die Regierung Sachsens und die Verwaltung von
Leipzig wollten die Defizite der Internationalen
Pelzfach- und Jagdausstellung übernehmen. Wegen des
schlechten Besuchs der Messe waren Einbußen von rund
420 000 RM entstanden.
6. September
Der achtzigjährige argentinische Präsident Hipolito
Irigoyen wurde durch einen Militärputsch gestürzt.
Am folgenden Tag wurde General Jose F. Uriburu neuer
Präsident.
6. September
In Münster in Westfalen fand vom 3. bis zum 8.
September der 69. Katholikentag statt. Der Theologe
Konrad Algermissen rief die katholischen Gläubigen
zum Kampf gegen das „Neuheidentum“ der links- und
rechtsradikalen Parteien auf.
7. September
In Landau wurde von dem pfälzischen Kriegerverband
anlässlich der Befreiungsfeiern für das Rheinland
ein Kriegertreffen veranstaltet, zu dem sich rund 50
000 Veteranen versammelten. Der Auftritt des
früheren bayerischen Kronprinzen Rupprecht, der nach
Presseberichten öffentlich für die Wiedereinführung
der Monarchie geworben haben soll, erregte Aufsehen.
7. September
Auf Schloss Stuyvenberg bei Brüssel wurde Prinz
Baudouin von Belgien geboren. Die Geburt des Sohnes
von Kronprinz Leopold und Prinzessin Astrid von
Schweden wurden den Brüsselern mit 101
Kanonenschüssen bekannt gegeben.
8. September
In Genf fand eine Konferenz von 26 europäischen
Staaten statt. Die deutsche Delegation wurde von
Außenminister Julius Curtius (DVP) geleitet. U. a.
wurde das Paneuropa-Memorandum des französischen
Außenministers Aristide Briand besprochen. Die
Konferenz beschloss, das Projekt einer Föderation
Europas auf die Tagesordnung der Vollversammlung des
Völkerbundes zu setzen.
9. September
In Großbritannien stieg die Zahl der Arbeitslosen
gegenüber dem Vorjahr um 44 Prozent auf 2.060.444
an.
9. September
Ein Urteil des Berliner Arbeitsgericht stellte fest,
dass eine Schwangerschaft kein Entlassungsgrund war.
Ein Berliner Unternehmen hatte eine Schwangere, die
krankgeschrieben war, entlassen und wurde deswegen
zu einer Geldstrafe von 100 RM verurteilt.
10. September
Der US-amerikanische Fox-Konzern führt in Deutschland die
„tönende“ Wochenschau ein
11. September
In Nordfrankreich endete ein mehrwöchiger Streik in
der Textilindustrie, an dem seit Ende Juli bis zu
130 000 Arbeiter beteiligt gewesen waren. Ein
Schlichtungsvorschlag von Arbeitsminister Pierre
Laval brachte die Wendung in den festgefahrenen
Verhandlungen.
12. September
Im Kaisersaal des Berliner Zoos fand die Iposta, die
Internationale Postwertzeichen-Ausstellung statt,
die von Reichspostminister Georg Schätzel (BVP)
eröffnet wurde. Sie galt als eine der größten
philatelistischen Ausstellungen der Welt.
12. September
Die Filmgesellschaft Fox brachte die erste „tönende“
Wochenschau mit aktuellen Berichten aus Politik,
Wirtschaft, Kultur und Sport als „Die Stimme der
Welt“ in die deutschen Kinos. Die Premiere fand im
Berliner Kino am Nollendorfplatz statt.
13. September
Die chinesische Anti-Opium-Gesellschaft
veröffentlichte einen Bericht, wonach 400 000
Chinese, 20 Prozent der Gesamtbevölkerung, in den
britischen Kolonien an der ostasiatischen Küste
rauschgiftsüchtig waren.
13. September
Das auf Elektrotechnik spezialisierte Unternehmen
Siemens & Halske hob die Kurzarbeit in seinen
Berliner Werkstätten auf.
13. September
Der Finne Paavo Nurmi lief in Stockholm einen
Weltrekord über 20 000 m. Mit 1:04:38,4 Stunden
verbesserte er den Weltrekord seines Landsmannes
Väinö Sipilä.
14. September
NSDAP wird als zweitgrößte Partei in Reichstag gewählt
15. September
Der Film „Die Drei von der Tankstelle“ von Regisseur
Wilhelm Thiele mit
Lilian Harvey,
Willy Fritsch,
Oskar Karlweis und Heinz Ruhmann in den Hauptrollen
wurde im Ufa-Palast in Berlin uraufgeführt.
15. September
Die Reichswehr begann in Oberfranken und Thüringen
mit ihrer alljährlichen großen Rahmenübung. Bis zum
19. September übte die Reichswehr unter der Leitung
von Generaloberst Wilhelm Heye u. a. mit
Tankattrappen und Holzgeschützen, um ausländische
Vermutungen, das Deutsche Reich sei hoch gerüstet,
zu widerlegen.
16. September
In Amsterdam eröffnete die niederländische Königin
Wilhelmina das Parlament. In ihrer Ansprache ging es
um die Wirtschaftskrise, unter der insbesondere die
niederländische Landwirtschaft litt.
16. September
Der Kölner Stadtbaumeister Kurt Weber wurde von der
Sowjetregierung als Städtebaumeister nach Moskau
abberufen. Die sowjetische Regierung zog
ausländische Fachkräfte heran, um die eigene
Industrie aufzubauen, weil es im eigenen Land für
die groß angelegte Modernisierung an qualifizierten
Technikern und Ingenieuren fehlte.
17. September
Eine Meldung der Nachrichtenagentur Indopacifique in
Schanghai besagte, dass in der Nordmandschurei eine
Beulenpest Epidemie ausgebrochen war. Mehrere
hundert Menschen waren ihr bereits zum Opfer
gefallen. Im Europa war seit mehr als 200 Jahren
keine Pestepidemie mehr aufgetreten.
17. September
Der Präsident der Weltliga für Sexualreform, Magnus
Hirschfeld, eröffnete in Wien eine Konferenz für
Sexualforschung. Die Teilnehmer beschäftigten sich
bis zum 23. September mit Themen wie
Geburtenregelung, Sexualmord und Rechte des Kindes.
18. September
Reichsernährungsminister Martin Schile (Christliches
Landvolk) scheiterte mit seinem Versuch durch
staatliche Stützkäufe den Roggenpreis hochzuhalten
an der Berliner Getreidebörse. Die staatliche
Ankaufstelle verfügte nicht über genügend
finanzielle Mittel, die Preisstützaktionen längere
Zeit durchzuhalten.
18. September
Die US-amerikanische Segelyacht „Enterprise“ gewann
den „America’s Cup“ vor der Ostküste der USA.
19. September
In Prag fand bis zum 23. September ein
internationaler Kongress von Musik- und
Theaterkritikern statt. Dabei ging es u. a. um die
Frage, wie verhindert werden kann, dass einige
Kritiker die Berufstätigkeit mit ihren
Privatinteressen als Dramatiker und Komponisten
vermischten.
20. September
Reichspräsident Paul von Hindenburg ernannte
Generalmajor Kurt Freiherr von Hammerstein-Equord
zum Chef der Heeresleitung. Er löste Generaloberst
Heye ab, der am 1. September seinen Rücktritt
bekannt gegeben hatte.
20. September
Das Schauspiel „Mississippi“ von Georg Kaiser wurde
am Prinzregententheater in München und an 13
weiteren deutschen Bühnen uraufgeführt. Kaiser
gehörte zu den meistgespielten Dramatikern des
Expressionismus.
21. September
Erstmals wurde von Reichsverband für deutsche
Jugendherbergen ein landesweiter Werbetag für das
Jugendherbergswesen durchgeführt. Das
Jugendherbergswerk zählte rund 100 000 Mitglieder
und 2200 Jugendherbergen, die 1929 rund vier
Millionen Übernachtungen verzeichnen konnten.
21. September
In den USA wuchs das Problem der Verschrottung von
Altautos. Eine New Yorker Reederei bot der
Stadtverwaltung an, Schrottautos für je zwei
US-Dollar (8,36 RM) im Meer zu versenken.
22. September
Das Eingreifen des mandschurischen
Militärmachthabers General Tschang Hsüeh-liang auf
der Seite von Chiang Kai-shek entschied die
monatelangen Kämpfe gegen die Nordtruppen.
22. September
In Bayreuth lieferten sich bei einer
Stadtratssitzung sozialdemokratische und
nationalsozialistische Ratsmitglieder eine
Saalschlacht, bei der mehrere Personen verletzt
wurden. Der Tumult brach aus, weil ein
Nationalsozialist die SPD-Mitglieder als „rote
Hunde“ bezeichnet hatte.
23. September
Reichspräsident Paul von Hindenburg wandte sich in
einer Erklärung gegen ausländische Presseberichte,
die behauptet hatten, dem Deutschen Reich stünde
nach dem Rechtsrutsch bei den Wahlen vom 14.
September ein Putsch bevor.
23. September
In Berlin tagte der Verwaltungsrat der Reichsbahn.
Dieser machte für den Rückgang der Einnahmen auch
den Wettbewerb mit den Kraftfahrzeugen
verantwortlich. Daher wurde die Beschaffung von 300
Lokomotiven beschlossen, um das Angebot der Bahn zu
verbessern.
24. September
Eine Meldung der „Deutschen Tageszeitung“ besagte,
dass zwei hohe Reichswehroffiziere zu einem
Gaststudium in der US-amerikanischen Armee
eingeladen worden waren. Bereits in den vergangenen
Jahren hatte ein Austausch zwischen den beiden
Armeen stattgefunden.
24. September
Die Operette „Der Gatte des Fräuleins“ von Paul
Abraham wurde am Leipziger Stadttheater
uraufgeführt. Der aus Ungarn stammende Abraham war
einer der populärsten deutschen
Operettenkomponisten.
25. September
Der Parteiführer der NSDAP, Adolf Hitler, erklärte
in seiner Zeugenaussage vor dem Reichsgericht in
Leipzig, dass seine Partei zwar mit legalen Mitteln
um die Macht kämpfen werde, als Regierungspartei
jedoch ohne Rücksicht auf die bestehende Ordnung
herrschen würde.
25. September
In Österreich trat das Kabinett unter Kanzler Johann
Schober zurück, nachdem Schober von der Christlich
sozialen Partei Verzögerung wichtiger Personalfragen
vorgeworfen worden war. Am 30. September bildete
Vizekanzler Karl Vaugoin (Christlich sozialer) ein
Minderheitskabinett.
26. September
Der deutsche Städtetag feierte an seinem
Gründungsort Dresden sein 25-jähriges Jubiläum. Er
forderte von der Reichsregierung stärkere
Unterstützung für die verschuldeten Gemeinden.
26. September
Ali Höhler und fünf weitere KPD-Mitglieder wurden in
Berlin wegen Totschlags an dem SA-Führer Horst
Wessel zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt.
27. September
Aus Nienhaben bei Celle wurde bekannt, dass die
Gewerkschaft Elwerrath die bisher ergiebigste
Ölquelle in Deutschen Reich erschlossen hatte. Hier
konnten täglich 300 t Öl gefördert werden.
28. September
Generalfeldmarschall Prinz Leopold von Bayern starb
in München im Alter von 84 Jahren.
28. September
In Dresden gewann die deutsche
Fußballnationalmannschaft ein Länderspiel gegen
Ungarn mit 5:3. Vor 44 000 Zuschauern sicherte
Ludwig Hofmann in der 86. Minute den Sieg der
Deutschen mit dem fünften Treffer.
29. September
Die Kunstsammlung des österreichischen Bankiers
albert Figdor erzielte bei einer Auktion in Berlin
rund drei Millionen RM. Allein das Gemälde „Der
verlorene Sohn“ von Hieronymus Bosch erzielte 385
000 RM.
29. September
Im Hunsrück fiel schon der erste Schnee. In tieferen Lagen
schmolz die 6 cm dicke Schneedecke sofort wieder.
30. September
In Braunschweig trat die Regierung unter Heinrich
Jasper (SPD) zurück, nachdem der Nationalsozialist
Ernst Zörner zum Landtagspräsidenten gewählt worden
war.
Wer
hat im September 1930 Geburtstag >>
September 1930 in den Nachrichten
Die Selbstaufgabe der Demokratie
vorwärts.de
März 1930 zerbricht die Große Koalition zwischen SPD
und DVP. ... Am 14. September 1930 zieht die NSDAP
mit 107 Mandaten in den Reichstag ein, ...
>>>
Werbung 1930 Reklame
<< Das
geschah 1929
|
Das geschah 1931 >>