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Politik 1830-1839 – Das Viktorianische Zeitalter
begann
In Großbritannien begann 1837 ein neues Zeitalter:
Im bis zum Vorabend des Ersten Weltkriegs dauernden
„Viktorianischen Zeitalter“ erreichte das
Inselkönigreich Großbritannien seinen Höhepunkt als
Industrie- und Handelsnation sowie als mächtige
Kolonialmacht, deren militärische Stärke
insbesondere auf der Beherrschung der Meere durch
die allen sonstigen Seemächten weit überlegene Royal
Navy basierte. Namensgeberin dieser unter
Ausblendung der krassen sozialen Missstände im
Nachhinein häufig als „Goldenes Zeitalter“
Großbritanniens verklärten Epoche war Königin
Viktoria. Nach dem erkrankten Georg III. und dem ihm
nachfolgenden „Dandy King“ Georg IV. hatte 1830
dessen bodenständiger („Sailor Bill“) Bruder als
Wilhelm (William) IV. die Krone übernommen. Damals
war das Ansehen der Hannover-Dynastie im Lande,
nicht zuletzt wegen der kostspieligen Extravaganzen
von Georg IV., ausgesprochen gering. Der derbe
Wilhelm IV., Vater von zehn nichtehelichen Kindern,
galt ebenfalls als wenig königlich-seriös und wegen
seines Alters als Übergangslösung.
Erst seine mit dem deutschen Prinzen Albert von
Sachsen-Coburg und Gotha verheiratete Nichte
Viktoria (Victoria) erhöhte wieder das Prestige des
Königshauses. Viktorias vorbildlich erscheinendes
Familienleben wurde stilbildend für Generationen von
Briten. Mit der in Deutschland als Frau nicht
thronfähigen Viktoria endete die seit 1714
bestehende Personalunion Englands mit dem
Kurfürstentum Hannover. Seit Viktoria haben sich die
britischen Monarchen endgültig zugunsten des
Parlaments aus der aktiven Politik zurückgezogen und
sich im Wesentlichen auf repräsentative Aufgaben
beschränkt. Wilhelm IV. hatte mit der Gewährung des
Wahlgesetzes von 1832 („Great Reform Act“) die
Anzahl der Wahlberechtigten verdoppelt (16 % der
männlichen Briten) und damit insbesondere den
wohlhabenden Besitzbürgern der städtischen
Stadtbevölkerung Zugang zur Legislative verschafft.
Zwei Jahre vorher hatten sich die französischen
Großbürger dieses Recht mit Unterstützung der sich,
vergebens, ebenfalls Mitbestimmungsrechte
erhoffenden Unterschichten in der „Juli-Revolution“
von 1830 auf den Barrikaden erstritten. Auf den
gestürzten König Karl X. folgte der „Bürgerkönig“
Louis-Philippe. Frankreich entwickelte in den 1830er
Jahren massive imperiale Begehrlichkeiten, die nicht
nur die Eroberung Algeriens einschlossen, sondern
auch das zum chronisch schwachen Osmanischen Reich
gehörende Ägypten, den Libanon und Syrien. Am Ende
des Jahrzehnts mündete Frankreichs Versuch, ein
Kolonial-Imperium aufzubauen, in einer
internationalen Krise mit Großbritannien, Preußen
und Österreich („Orientkrise), die erst in den
1840er Jahren beendet werden konnte.
Die französische Juli-Revolution wurde europaweit
zum Katalysator von Aufständen und Forderungen nach
Demokratisierung. Auch im aus den Großmächten
Preußen und Österreich sowie etwa 40 mittleren,
kleinen und kleinsten Staaten bestehenden Deutschen
Bund beeilten sich einige Monarchen (u. a. in
Hannover) die 1815 im Wiener Kongress versprochene
Einrichtung von landständischen Verfassungen auf den
Weg zu bringen, um radikaleren Forderungen die
Spitze abzubrechen.
Die durch die Juli-Revolution gestärkten liberalen
und demokratischen Bewegungen stellten 1832 beim „Hambacher
Fest“ energisch Reform-Forderungen. Das durch den
bei Liberalen verhassten österreichischen Kanzler
Metternich symbolisierte reaktionäre System
reagierte mit Repression („Demokratenverfolgungen“),
die zwar vereinzelt radikale Reaktionen
(„Frankfurter Wachensturm“, 1833) provozierte, aber
zumindest mittelfristig bewirkte, dass sich das
Bürgertum in seiner Mehrheit verängstigt ins Private
vermeintlicher Biedermeier-Idylle abduckte. Mit der
1836 im Pariser Exil von dem Schneider Wilhelm
Weitling initiierten Gründung des „Bundes der
Gerechten“ entstand die Keimzelle späterer deutscher
Arbeiterpartien sozialistischer und kommunistischer
Ausrichtung.
Unter dem Eindruck der Juli-Revolution löste sich
Belgien 1830/31 von den Niederlanden. Polen verlor
in einem ebenso heroischen wie chaotischen Aufstand
gegen den Zaren seine Sonderrechte
(„Kongress-Polen“) und wurde 1831 zur russischen
Provinz degradiert. Die von Giuseppe Mazzini 1831
gegründete Bewegung „Giovane Italia“ wurde zur
Ausgangsorganisation der drei Jahrzehnte später
erreichten Einigung des wie Deutschland staatlich
zersplitterten Italiens. Auf den Weg zur von vielen
Nationalbewegten geforderten deutschen Einigung kam
es 1834 immerhin zur Gründung des „Deutschen
Zollvereins“, der die meisten der die Wirtschaft
einengenden Binnen-Zollgrenzen im Deutschen Bund
abschaffte. Weiteres Symbol der anlaufenden
Industrialisierung war die Fahrt der ersten
deutschen Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth im
Jahr 1834.
Dem von Großbritannien ausgehenden Trend („Slavery
Abolition Act“, 1834) zur Abschaffung der Sklaverei
stellten sich die nach Westen expandierenden USA
entgegen, wo die Sklaven-Frage zum zentralen
innenpolitischen Streitthema wurde. Die
Pro-Sklaverei-Einstellung burischer Bewohner der
britischen Kap-Kolonie führte ab 1834 zur
Auswanderung vieler Buren („Großer Treck“) ins
südafrikanische Landesinnere und die Gründung der
unabhängigen Republik Transvaal und Oranje.
Eine für die gemütvolle Ausrichtung des
romantisch-naiven Zeitgeists der 1830er Jahre
typisches Gedicht schuf August Heinrich Hoffmann von
Fallersleben 1835: „Alle Vögel sind schon da“.
1831 vollendete der deutsche Dichterfürst Johann
Wolfgang von Goethe seine Tragödie „Faust. 2.Teil.“
(1832 postum veröffentlicht). Im Jahr darauf starb
er in Weimar 82-jährig. 1831 war mit dem Philosophen
Georg Friedrich Hegel eine andere deutsche
Geistesgröße gestorben. 1830 starb der berühmteste
Südamerikaner des 19. Jahrhunderts: Simon Bolivar
wurde 47 Jahre alt. Der Tod des geheimnisvollen
Findelkindes Kaspar Hauser (1819-1833) in Ansbach
sorgte immer wieder für neue Verschwörungstheorien.
1838 starb Georg Büchner, einer der wichtigsten
Dichter der „Vormärz-Zeit“ (Die Jahre vor der
„März-Revolution 1848) mit nur 23 Jahren. 1835 hatte
er das bedeutende Drama „Dantons Tod“ geschrieben.
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