Chronik 1834 - „Friede den Hütten! Krieg den
Palästen!“
In Frankreich zog keine Ruhe ein. Im April
rebellierten in Lyon die Seidenweber zum zweiten
Mal. Sie forderten republikanische Verhältnisse. Sie
hatten mit ihrem Aufstand keinen Erfolg. Einheiten
der französischen Armee schlugen die Rebellion
blutig nieder. Während der mehrtägigen Revolte kamen
mehr als 600 Menschen ums Leben. Die Abstimmung über
das Gesetz gegen Arbeiterzusammenschlüsse und das
Urteil gegen die Anführer der erfolglosen Streiks im
Februar waren der Auslöser für den Aufstand im April
gewesen. Als die Armee umgehend die Stadt und die
Brücken besetzte, als die ersten Schüsse auf eine
unbewaffnete Menschenmenge fielen, war das der
Beginn der „blutigen Woche“.
Auf den Straßen
entstanden Barrikaden und in Stadtvierteln wie
Croix-Rousse wurden befestigte Lager errichtet. Nach
Tagen wurde das Stadtviertel von den Truppen der
Armee bombardiert. Die Armeetruppen waren verstärkt
worden. Sie gingen nun mit Artillerie vor, nahmen
das aufständische Viertel Guillotière ein,
zerstörten zahlreiche Häuser und töteten Menschen.
Die Armee eroberte allmählich die ganze Stadt. Ein
Massaker. Der erste Aufstand der Seidenweber in Lyon
hatte international bereits viel Aufmerksamkeit
erregt. Er war zur Basis für weitere
Arbeiterrevolten im 19. Jahrhundert geworden. Die
physische und moralische Bedrängnis, in die die
Arbeiter in Frankreich und in anderen europäischen
Staaten gerieten, rückte immer mehr in den
Blickpunkt im Zeitalter des beginnenden
Kapitalismus. In Deutschland war es Georg Büchner
(1813-1837), der in jener Zeit einen Entwurf für ein
Pamphlet über soziale Missstände in Hessen verfasste
und damit – obwohl er nur 23 Jahre wurde – als
Dichter des Vormärz in die Geschichte einging.
Büchners Entwurf wurde gegen seinen Willen von dem
Theologen und Protagonisten des Vormärz, Friedrich
Ludwig Weidig (1791-1837), überarbeitet. Dann gab
Weidig der Streitschrift den Namen „Der Hessische
Landbote“. Im Großherzogtum Hessen wurde diese
gedruckte Schrift heimlich verbreitet. In der
Flugschrift, die unter der Parole „Friede den
Hütten! Krieg den Palästen!“ die Landbevölkerung zur
Auflehnung gegen die Unterdrückung aufrief, waren
allerdings von Weidig einige Stellen gestrichen
worden. Dennoch wurde sie scharf von liberalen und
industriellen Oppositionellen kritisiert. Die
Landbevölkerung reagierte rundum positiv.
Schließlich kannte sie die Missstände aus täglichem
Erleben. Ebenfalls im Jahr 1834 gründete Georg
Büchner die geheime „Gesellschaft der Menschrechte“.
Anstelle eines namhaften Verstorbenen soll 1834 die
Geburt eines bedeutenden Mannes erwähnt werden,
dessen Leben und Wirken noch heute mit seinem Namen
verbunden ist – Gottlieb Wilhelm Daimler
(1834-1900). Er war am 17. März in Schorndorf (heute
Regierungsbezirk Stuttgart) zur Welt gekommen.
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Ereignisse & Schlagzeilen
1834
Die HMS Beagle führte von ihrem Winterquartier in
Feuerland aus weitere Vermessungsfahrten entlang der
südamerikanischen Küste durch. Sie hielt sich etwa
einen Monat lang auf den Falklandinseln auf.
April bis November
Charles Darwin machte Exkursionen ins Landesinnere
von Uruguay und Argentinien.
Der französische Chemiker Anselme Payen beschrieb
erstmals ein Enzym, das Diastase. Es war die
Geburtsstunde der Biochemie.
Der Arzt Johannes Müller entdeckte den
„Phantomschmerz“.
In Göttingen erfanden Carl Friedrich Gauß und
Wilhelm Weber den elektrischen Telegrafen.
Samuel Morse baute den ersten brauchbaren
elektromagnetischen Schreibtelegrafen.
Der französische Historienmaler Paul Delaroche malte
in Öl auf Leinwand „Die Hinrichtung der Lady Jane
Grey“.
Januar 1833
2. Januar
In Puerto Louis auf den Falklandinseln kam ein
britisches Kriegsschiff an. Der Kapitän forderte die
argentinische Inselbesatzung zum Abzug auf, was drei
Tage später geschah.
3. Januar
Durch Einrichten eines Flottenstützpunkts erhielt
Großbritannien die Kontrolle über die
Falklandinseln.
10. Januar
Die weltliche Kantate „Die erste Walpurgisnacht“ von
Felix Mendelssohn Bartholdy wurde an der
Sing-Akademie in Berlin uraufgeführt. Das Werk
basiert auf einer Ballade von Johann Wolfgang von
Goethe.
Februar 1833
22. Februar
Der Fürstenstaat Bahawalpur im Punjab schloss einen
Handels- und Schutzvertrag mit der britischen
Ostindien-Kompanie.
27. Februar
Die Oper „Gustav III oder der Maskenball“ von
Daniel-François-Esprit Auber hatte ihre Uraufführung
an der Grand Opéra in Paris.
27. Februar
Die romantische Oper „Melusina“ von Conradin
Kreutzer wurde am Königstädtischen Theater in Berlin
uraufgeführt.
März 1833
4. März
Nach der gewonnenen US-Präsidentschaft 1832 trat
Andrew Jackson offiziell seine zweite Amtszeit als
US-Präsident an.
4. März
Die komische Oper „Les Souveniers de Lafleur“ von
Jacques Fromenal Halévy wurde an der Opéra-Comique
in Paris uraufgeführt.
16. März
Die vorletzte Oper des romantischen Belcanto
Komponisten Vincenzo Bellini „Beatrice di Tenda“
wurde am Teatro la Fenice in Venedig uraufgeführt.
17. März
Die Uraufführung der Oper „Parisina“ von Gaetano
Donizetti fand am Teatro delle Pergola in Florenz
statt.
22. März
Die Königreiche Bayern und Württemberg schlossen mit
Preußen und dem Großherzogtum Hessen den
Zollvereinigungsvertrag a. Der bestehende
süddeutsche Zollverein ging damit vereinbarungsgemäß
am 1. Januar 1834 im Deutschen Zollverein auf.
April 1833
3. April
Um Journalisten in der Hauptwache und der
Konstablerwache zu befreien, wurden diese von 50
Aufständischen unter Gustav Bunsen, Gustav Körner
und Theodor Engelmann gestürmt. Die Niederschlagung
des Frankfurter Wachensturmes und das gleichzeitige
Scheitern der Franckh-Koseritz’schen Verschwörung in
Ludwigsburg beendete den Versuch einer
gesamtdeutschen revolutionären Erhebung.
11. April
Die Zauberposse „Der böse Geist Lumpacivagabundus“
von Johann Nestroy wurde am Theater an der Wien in
Wien uraufgeführt.
29. April
Lorenz Oken als erster Rektor der neu gegründeten
Universität Zürich nahm bei ihrer Eröffnung die
Stiftungsurkunde entgegen.
Mai 1833
Der ägyptische-osmanische Krieg endete mit dem
Vertrag von Kütahya zwischen dem ägyptischen
Vizekönig Muhammad Ali Pascha und dem osmanischen
Sultan Mahmud II.
4. Mai
Die erste deutsche Illustrierte, das Pfennig
Magazin, erschien in Leipzig.
13. Mai
Die Uraufführung der 4. Sinfonie in A-Dur op. 90
„Italienische“ von Felix Mendelssohn Bartholdy fand
in der Londoner Philharmonic Society statt. Sie ist
heute eines der meist aufgeführten Orchesterwerke
Mendelssohns.
16. Mai
Die komische Oper „Ludovic“ von Jacques Fromental
Halévy wurde an der Opéra-Comique in Paris
uraufgeführt.
16. Mai
In Mexiko regierte der gewählte General Antonio
Lopez de Santa Anna erstmals als mexikanischer
Staatspräsident, überließ jedoch die Staatsgeschäfte
nach wenigen Wochen wieder seinem Vizepräsidenten.
24. Mai
Die romantische Oper „Hans Heiling“ mit gesprochenen
Dialogen in drei Akten von Heinrich Marschner wurde
an der Königlichen Hofoper in Berlin uraufgeführt.
Juni 1833
18. Juni
Der deutsche Maler Johann Christian Zeigler starb im
Alter vom 30 Jahren.
Juli 1833
8. Juli
Russland und das Osmanische Reich sicherten sich im
Vertrag von Hünkar Iskelesi gegenseitigen Beistand
für den Fall eines Angriffs irgendeiner anderen
Macht auf einen der Vertragspartner zu.
22. Juli
Die Uraufführung der Oper „Ali Baba our les Quarane
Voleur (ali Baba oder die vierzig Räuber)“ von Luigi
Cherubini fand an der Grand Opéra in Paris statt.
31. Juli
Altschwyz denkt in der Schweiz daran, die 1831 als
„Schwyz äusseres Land“ abgefallenen Kantonsteile mit
Waffengewalt zu unterwerfen. Die Tagsatzung ließ das
Kantonsgebiet deshalb militärisch besetzen.
August 1833
12. August
Eine Mehrheit der Schweizer Kantone hob den
Sarnerbund auf, da dieser nicht mit dem
Bundesvertrag vereinbar war.
12. August
In den USA wurde die Siedlung Chicago an der Stelle
eines alten Handelspostens am Michigansee gegründet.
26. August
Die Tagsatzung verfügte die Trennung des Kantons
Basel in die Halbkantone Basel-Landschaft und
Basel-Stadtteil (Heute Basel-Stadt).
28. August
Im britischen Empire wurde die Sklaverei
abgeschafft.
29. August
Das englische Parlament erließ den Factory Act, der
die Arbeitszeit von Kindern und Jugendlichen in der
Textilindustrie erstmals einschränkte. Kinderarbeit
unter 9 Jahren wurde verboten.
September 1833
Auf der Konferenz von Münchengrätz vereinbarten
Österreich, Russland und Preußen eine gemeinsame
Politik gegenüber dem Osmanischen Reich, Polen und
gegen den Liberalismus.
26. September
Der zweite Vertrag von Chicago wurde geschlossen.
29. September
In Spanien folgte auf Ferdinand VII. dessen
minderjährige Tochter Isabella II unter der
Regentschaft seiner Witwe Maria Christina von
Sizilien auf den Thron. Der Thronwechsel löste einen
langen Konflikt mit dem Carlismus aus.
Oktober 1833
4. Oktober
Papst Gregor XVI. richtete sich mit der Enzyklika
Quo graviora an die Bischöfe der Kirchenprovinz
Rheinland und bemängelte den eigensinnigen Zustand
in dieser Region.
13. Oktober
Auf Basis einer neuen Verfassung vereinigten sich
der Kanton Schwyz und der 1832 von ihm abgefallene
Kanton Schwyz äusseres Land wieder.
31. Oktober
Das Mitglied der radikalen Jenaer Burschenschaft
Germania, der 23-jährige Mecklenburger Fritz Reuter
wurde in Berlin auf der Durchreise in Haft genommen.
Der spätere niederdeutsche Schriftsteller
verarbeitete seine anschließenden Erlebnisse im
Roman „Ut mine Festungstid“.
November 1833
8. November
Bei Camden ereignete sich ein Eisenbahnunfall der
Campden and Amboy Railroad. Es war der erste
Eisenbahnunfall in England, bei dem Passagiere eines
planmäßig verkehrenden Zuges ums Leben kamen.
8. November
Das nach dem Bruder des Zaren Großfürst Michael
Pawlowitsch Romanow benannte Michaeiloweki-Theater
wurde in Sankt Petersburg eröffnet.
23. November
In Preußen erhielt Caroline Eichler als erste Frau
ein Patent. Es war für ihre Beinprothese mit
Kniegelenk.
23. November
In Großbritannien wurde zur Herstellung von
Schiffszwieback das Fließband eingeführt.
Dezember 1833
Die HMS Beagle verließ Montevideo in Richtung
Magellanstraße und Pazifischer Ozean.
26. Dezember
Die Oper „Lucrezia Borgia“ von Gaetano Donizetti
wurde am Teatro alle Scala Milano in Mailand
uraufgeführt.
In Lissabon starben 13 522 Menschen an der Cholera