Das Jahr 2021 begann mit einem politischen
Paukenschlag. Am 6. Januar stürmte eine vom
US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump
aufgewiegelte Menschenmenge das Kapitol in
Washington, den Sitz des Kongresses. Trump hatte die
Wahl im November des Vorjahres gegen seinen
Kontrahenten, den Demokraten Joe Biden, verloren,
weigerte sich jedoch beharrlich, seine Niederlage
anzuerkennen. In einer zynisch-flammenden Rede
stachelte er seine Anhänger dazu an, das
Parlamentsgebäude zu erstürmen. Das Ziel war, die
offizielle Ausrufung und Anerkennung des
Wahlergebnisses zu verhindern. Mehrere Hundert
Trump-Anhänger bezwangen die Sicherheitskräfte,
drangen gewaltsam in das Gebäude, randalierten und
vertrieben die versammelten Abgeordneten. Es gab
mehrere Tote, zahlreiche Verletzte und erheblichen
Sachschaden. Nach etlichen Stunden wurden die
Randalierer zurückgedrängt und das Kapitol wurde von
den Polizeikräften wieder gesichert. Trump
scheiterte mit diesem versuchten Staatsstreich, die
amerikanische Demokratie hielt stand, und Joe Biden
konnte am 20. Januar zum 46. Präsidenten der
Vereinigten Staaten vereidigt werden.
Ein weiterer Polit-Krimi fand ebenfalls im Januar
seine Fortsetzung: Der russische
Oppositionspolitiker Alexej Nawalny kehrte in sein
Heimatland zurück, obwohl ihm dort seine Verhaftung
und ein politisches Verfahren drohten. Nawalny war
im August 2020 mit dem chemischen Kampfstoff
Nowitschok vergiftet worden, einem starken
Nervengift. Internationale Einschätzungen legten
nahe, dass die Vergiftung von der russischen
Regierung angeordnet worden war. Nawalny war schon
seit Jahren mit Antikorruptionskampagnen und
Enthüllungsjournalismus zu einem unangenehmen
Gegenspieler des Präsidenten Putin geworden. Bei
seiner Ankunft in Moskau wurde er sofort verhaftet
und der Staatsanwaltschaft übergeben. Bereits am
nächsten Tag stellten seine Mitarbeiter einen
brisanten Enthüllungsfilm ins Internet. Der Film
zeigte einen Bericht über einen extrem luxuriösen
Palast, den Putin für sich mit teils illegalem Geld
erbauen ließ. In mehr als hundert Städten in
Russland kam es daraufhin zu heftigen
Demonstrationen, zu Gewalt und zu Verhaftungen.
Nawalny wurde verurteilt und in ein Straflager
überführt. Im März verschlechterte sich seine
Gesundheit und er konnte durch einen Hungerstreik
eine Behandlung durch Ärzte seines Vertrauens
erwirken. Trotz des großen Drucks von Demonstranten,
Oppositionellen und internationalen Politikern
weigerte sich die russische Regierung, Nawalny
freizulassen.
Im Februar erregte ein Militärputsch in Myanmar das
Aufsehen der Weltöffentlichkeit. Die Streitkräfte um
General Min Aung Hlaing übernahmen die Kontrolle
über das Parlament und die Exekutive. Die
demokratisch gewählte Regierung der
Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi wurde
abgesetzt und sowohl Suu Kyi als auch der Präsident
Win Myint wurden festgenommen. Vornehmlich junge
Menschen gingen in den großen Städten auf die
Straßen und protestierten. Daraufhin wurden soziale
Netzwerke, über die sich die Demonstranten
hauptsächlich verständigten, vom Militärregime
gesperrt. Es kam zu Eskalationen von Gewalt, die von
westlichen Staaten scharf verurteilt wurden.
Trotzdem gelang es den Militärs, den verhängten
Ausnahmezustand fortzusetzen und ihre Macht zu
konsolidieren.
Nach wie vor hielt das Sars-CoV-2-Virus im zweiten
Jahr der Pandemie die Welt in Atem. Durch breit
angelegte Impfkampagnen wurde in vielen Ländern die
Herdenimmunität angestrebt. Dies schien in England
und vor allem in Israel auch zunächst zu gelingen.
Doch dann verschärfte sich die Infektionslage
erneut. Zum einen lag es daran, dass die Menge an
Menschen, die sich nicht impfen ließ, größer war als
gedacht: Kinder, Impfskeptiker und Menschen, die
sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen
lassen konnten. Zum anderen bildete das Virus
aggressivere Varianten aus (die Delta- und die
Omikron-Variante), die seine Verbreitung weiter
begünstigten. Dazu wuchs die Erkenntnis, dass der
Impfschutz schneller nachließ, als man vermutet
hatte. Die Bevölkerung benötigte durchgängig
Auffrischimpfungen. Neuer Impfstoff musste zur
Verfügung gestellt werden und bereits geschlossene
Impfzentren nahmen ihren Betrieb wieder auf. Die
Pandemie hatte darüber hinaus Auswirkungen auf die
internationale Wirtschaft. Die Zahl der Arbeitslosen
stieg weltweit und die Inflation zog kräftig an. Ein
groß angelegter Versuch der
Weltgesundheitsorganisation WHO, den Ursprung des
Virus zu erkunden, scheiterte.
Als große politische Katastrophe erwies sich im
Sommer der Abzug aus Afghanistan. Nach fast 20
Jahren Einsatz am Hindukusch zogen US- und
NATO-Soldaten unter chaotischen Umständen aus dem
Land ab und hinterließen eine verzweifelte
Bevölkerung, die sich den radikalislamischen Taliban
ausgeliefert sah. Diese bejubelten mit Salutschüssen
den Rückzug der westlichen Truppen und übernahmen
die Macht in Kabul. Westliche Staatsbürger und
afghanische Ortskräfte mussten vollkommen überstürzt
evakuiert werden. Dabei spielten sich am Flughafen
von Kabul dramatische Szenen ab. Menschen klammerten
sich von außen an startende Flugzeuge, nicht wenige
kamen dabei ums Leben. Zurückgebliebene Helfer und
ihre Familien durchlebten Todesängste. Die
Diskussion um Sinn und Zweck von militärischen
Auslandseinsätzen nahm in Deutschland wieder Fahrt
auf. Mit dem verstärkten Rückzug der USA als
ordnender Weltmacht wurden innerhalb der
Europäischen Union erneut Fragen nach einem erhöhten
Sicherheitsbedarf laut.
Eine weitere politische Herausforderung stellte die
Klimakrise dar. Im Sommer vernichteten Feuer
weltweit enorme Waldflächen, darunter auch Teile der
für die CO2-Aufnahme so wichtigen tropischen
Regenwälder. In Deutschland kam es durch extreme
Unwetter zu einer Jahrhundertflut - hauptsächlich in
Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz, aber
auch in anderen Regionen. Es starben mehr als 180
Menschen. Das Hochwasser zerstörte die komplette
Infrastruktur ganzer Ortschaften und die
Lebensgrundlage vieler Anwohner, indem ganze
Gebäude, Straßen und Brücken von den Fluten
fortgespült wurden. Die UN-Klimakonferenz, die im
November in Glasgow stattfand, gab mehrere
Verpflichtungserklärungen bekannt. Das Ziel dieser
Erklärungen war, den Auftrag des Pariser Abkommens
von 2015, die Erderwärmung auf möglichst unter 1,5
Grad Celsius zu beschränken, zu erhalten.
Ende 2021 endete die Ära der deutschen
Bundeskanzlerin Angela Merkel. Merkel hatte bereits
im Vorfeld angekündigt, sich aus der Politik
zurückzuziehen. Ihre Partei stellte als
Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl im Herbst
den Parteivorsitzenden Armin Laschet auf. Zum ersten
Mal in ihrer Geschichte benannte auch die Partei
Bündnis 90/Die Grünen mit Annalena Baerbock eine
Kanzlerkandidatin. Für die SPD trat Olaf Scholz an,
dem allerdings die geringsten Chancen zugesprochen
wurden. Es fand ein Wahlkampf mit drei
Spitzenkandidaten statt, die sich im Fernsehen bei
den sogenannten „Triellen“ kontroverse Diskussionen
lieferten. Überraschenderweise wurde bei der
Bundestagswahl am 26. September die SPD zur
stärksten Fraktion gewählt (25,7 %), die Union kam
nur auf den zweiten Platz (24,1 %), Bündnis 90/Die
Grünen wurden dritte (14,8 %), die FDP vierte (11,5
%), die AfD fünfte (10,3 %) und Die Linke sechste
(4,9 %) Kraft. Daraufhin nahm man zügig
Koalitionsverhandlungen auf. Die Parteien SPD,
Bündnis 90/Die Grünen und FDP bildeten erstmalig in
Deutschland eine Dreierkoalition aus drei völlig
verschiedenen Parteien. Ihrem Regierungsprogramm
gaben sie den Namen „Mehr Fortschritt wagen“. Olaf
Scholz wurde am 8. Dezember vom Bundestag zum 9.
Bundeskanzler gewählt. Das von ihm geleitete
Kabinett bestand zum ersten Mal seit der Gründung
der Bundesrepublik zu gleichen Teilen aus Männern
und Frauen.