Politik 2015 - Charlie Hebdo, Griechenland und Flüchtlinge in Massen

Terror gegen Satirezeitschrift „Charlie Hebdo
Das Jahr begann mit einem schockierenden Ereignis. Ein islamistisch motivierter Terroranschlag auf die französische Satire-Zeitschrift „Charlie Hebdo“ machte die Redaktion mit einem Schlag mundtot. Elf Personen kamen ums Leben, darunter befanden sich renommierte Karikaturisten. „Charlie Hebdo“ erscheint wöchentlich und gilt als eines der bedeutendsten Satiremagazine des Landes. Wenige Zeitschriften weltwei hatten die Mohammedkarikaturen aus der dänischen „Jyllands-Posten“ nachgedruckt. „Charlie Hebdo“ hatte es getan. Die dänische Zeitschrift und ihr Karikaturist Kurt Westergaard waren bereits im Jahr 2010 Ziel von Anschlägen gewesen. Nun also die französische Zeitschrift. Nicht nur Frankreich war entsetzt. Auch international löste dieser Anschlag eine Welle der Empörung aus. Er war ein letztendlich ein Anschlag auf die Meinungs- und Pressefreiheit. Die Zeitschrift hatte schon 2011 ein Sonderheft zum Wahlerfolg der Islamisten in Tunesien herausgegeben, bei dem Mohammed auf der Titelseite abgebildet war. Als Folge gab es einen Brandanschlag. Weitere Anschläge folgten 2012, als erneut Mohammedkarikaturen abgedruckt worden waren. Als 2015 „Charlie Hebdo“ den Roman „Soumission“ von Michel Houellebecq thematisierte, der ein islamisiertes Frankreich im Jahr 2022 beschreibt, war in derselben Ausgabe zudem eine der letzten Karikaturen des Chefredakteurs Stéphane Charbonnier erschienen. Bei dem islamistischen Anschlag kam er ums Leben.

Blutiger Putsch in Burundi
Im Mai 2015 beherrschte der Putsch im ostafrikanischen Binnenstaat Burundi die Schlagzeilen. Der Staatsstreich, der vom ehemaligen Geheimdienstkommandeur General Godefroid Niyombare geführt wurde, hatte sich gegen den amtierenden Präsidenten Pierre Nkurunziza gerichtet, der 2005 von der Nationalversammlung gewählt worden war und fünf Jahre später in einer allgemeinen Wahl mit überwältigender Mehrheit im Amt bestätigt wurde. Als sich der Präsident im April 2015 für eine dritte Amtszeit zur Verfügung stellte, wurde er von der Opposition darauf hingewiesen, dass dies nicht erlaubt sei, wie es in der burundischen Verfassung festgeschrieben war. Am 15. Mai 2015 wurden die ersten Festnahmen von Generälen gemeldet. Der Putsch-Anführer musste seine Niederlage eingestehen. Das Land befand sich seither im Ausnahmezustand. Rund 100.000 Menschen befanden sich auf der Flucht. Am 29. Juni 2015 fand die verschobene Parlamentswahl statt, deren Ablauf von UN-Beobachtern kritisiert wurde, weil sie nicht frei und nicht fair abgelaufen war. Von den
Oppositionsparteien wurde die Wahl boykottiert. Das Ergebnis: Die Regierungspartei hatte 77 der 100 Sitze erhalten. Trotz des Wahl-Boykotts bekam das Oppositionsbündnis „Indépendants de l'espoir“ 21 Sitze. Regimekritiker wurden von Angst beherrscht, denn es kursierte das Gerücht von einer geheimen Todesliste. Sämtliche Kritiker des Präsidenten Nkurunziza sollten ausgeschaltet werden. Die Menschenrechtssituation im Land hatte sich ohnehin in den Wochen vor der Wahl enorm verschärft. Immer wieder kam es seit der Ankündigung des Präsidenten, noch ein drittes Mal zu kandidieren, zu Gewalt und Attentaten. Einem entging beispielsweise der burundische Armeechef Prime Niyongabo nur knapp. Bei dem Attentat allerdings kamen sechs Menschen ums Leben. Die umstrittene Wiederwahl hat das Land in einen menschlich unerträglichen Zustand gestürzt.

G7-Gipfel auf dem bayerischen Schloss Elmau
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel leitete den G7-Gipfel, der diesmal in Bayern stattfand, genauer gesagt auf Schloss Elmau. Zwei Tage – 7. Und 8. Juni 2015 – wurde das wirtschafts- und klimapolitische Spektakel unter massiven Sicherheitsvorkehrungen abgehalten. Die Gruppe der Sieben (Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, USA und Großbritannien) wurde jedoch nicht behelligt. Die Polizei hatte sich auf gewalttätige Proteste eingestellt, hatte mit Globalisierungsgegner gerechnet. Nichts geschah. Der Tagungsort selbst war sozusagen unzugänglich. Dafür entstand das Gruppenfoto der Teilnehmer und der Europäischen Union in idyllischer Kulisse. Die Annexion der Krim durch die Russische Föderation wurde gebührend verurteilt. Betont wurde auch, dass sich Russland damit außerhalb der Wertegemeinschaft der G7 gestellt hatte und so eine Rückkehr zu G8 nicht möglich sei. Falls die Lage in der Ostukraine weiter eskalieren würde, hatte sich der G7-Gipfel weitere Sanktionen vorbehalten. Einigkeit herrschte darüber, dass die Ukraine keine Waffenlieferungen erhalten sollte. Bekräftigt wurde die Entschlossenheit, die Terrormiliz Islamischer Staat weiterhin zu bekämpfen, sie sogar zu besiegen. Vorrangig hatte der Gipfel jedoch unter klimapolitischen Gesichtspunkten gestanden. Gegen den Widerstand Japans war ein Bekenntnis der G7-Staaten eines der Ergebnisse der Tagung, hier beispielsweise das Zwei-Grad-Ziel der Erderwärmung und jenes zur Dekarbonisierung der Weltwirtschaft bis zum Ende des 21. Jahrhunderts. Das bedeutet schrittweisen und vollständigen Verzicht auf fossile Energieträger wie Kohle, Erdgas und Erdöl. Außerdem sollte bis 2050 weltweit die Emissionen von Treibhausgasen gegenüber 2010 um 40 bis 70 Prozent reduziert werden. Dem Motto – „An morgen denken. Gemeinsam handeln.“ – wurde demnach der Gipfel gerecht.

Griechenland 2015
Gleich zweimal wurde 2015 in Griechenland gewählt. Eine vorgezogene Parlamentswahl fand im Januar statt, bei der die linksradikale Partei SYRIZA unter Alexis Tsipras stärkste Partei wurde. Tsipras wurde Ministerpräsident. Tags darauf wurde eine Koalition aus SYRIZA und ANEL unter Anexartiti Ellines gebildet und das Kabinett Tsipras vorgestellt. Nach wenigen Monaten verlor das regierende Kabinett infolge des mit den Gläubigern Griechenlands vereinbarten Reformprogramms die Regierungsmehrheit. Vor allem die Mitglieder des linken Flügels von SYRIZA hatten das Reformprogramm nicht mitgetragen. Daraufhin hatte Tsipras im August seinen Rücktritt erklärt und es kam im September zu vorgezogenen Neuwahlen des griechischen Parlaments. Wieder wurde die linksradikale Partei SYRIZA unter Alexis Tsipras stärkste Partei und die Regierungskoalition bestand wie vor der Wahl. F
Die Krise in Griechenland hat die Medien letztendlich das ganze Jahr über in Atem gehalten. Nicht zuletzt auch wegen des Referendums, das im Juli über die Ablehnung oder Annahme eines Entwurfs, der Reformen in Griechenland betraf. Der Entwurf war von den Institutionen Europäische Kommission, Internationaler Währungsfonds und Europäischer Zentralbank als Vertreter der Gläubiger ausgearbeitet worden. Die Wahlbeteiligung bei dem Referendum lag bei 62.50 Prozent. Mit 61,31 Prozent wurde der Vorschlag abgelehnt. Im Vorfeld des Referendums hatte Tsipras in seiner Fernsehansprache über den Hintergrund gesprochen und betont, dass das griechische Volk ein besseres Verhandlungsergebnis erzielen könnte, wenn es den Vorschlag der drei Institutionen ablehnen würde. Falls die Griechen mit JA stimmen würden, hatte Tsipras seinen Rücktritt angedeutet. Er hatte seinen Willen letztendlich durchgesetzt, die Griechen verneinten den Vorschlag.

Der Bürgerkrieg in Syrien und die Flüchtlingskatastrophe
Der friedliche Protest im Zuge des Arabischen Frühlings 2011, hatte sich zu einem bewaffneten Konflikt ausgeweitet, der schließlich zum Bürgerkrieg in Syrien führte und bis heute andauert. Seither wurden den Vereinten Nationen zufolge mehr als 200.000 Menschen getötet. Immer mehr ausländische Freiwillige und Söldner kamen nach Syrien und beteiligten sich an den Kämpfen. Der Ursprung – die Demokratisierung Syriens – war zu einer Nebensache geworden. Vordergründig waren blutige Auseinandersetzungen aus religiösen und ethnischen Beweggründen geworden. Das Ausmaß wurde 2015 immer gewaltiger, zumal sich die USA und die Russische Föderation in den Konflikt einmischten. Mehrere Millionen Menschen flüchteten aus ihrem Land oder innerhalb ihres Landes in andere Regionen. Für die Menschen grenzte die Situation an ein nicht überschaubares Elend. Seit dem Völkermord in Ruanda in den 1990er Jahren war die Flüchtlingskrise in Syrien zu einer der schlimmsten seither geworden.
Die enormen Flüchtlingszahlen sprengten täglich die Schlagzeilen in Europa, vor allem in Deutschland. Die Bundeskanzlerin prägte das Wort der Willkommenspolitik und die Städte und Gemeinden wussten nicht mehr, wohin mit den vielen Menschen, deren letzte Hoffnung sie schließlich waren. Mit der allseits großen Hilfe kamen auch die ablehnenden Aktionen, die der Fremdenhass hervorbrachte. Brandanschläge und fremdenfeindliche Ausschreitungen überschatteten eine große Hilfsbereitschaft.
Die Menschen waren zu Hunderttausenden aus ihren Heimatländern geflohen – nicht nur aus Syrien -, hatten sich in Lebensgefahr begeben, um eine neues Leben zu finden, waren großteils in Hände von Schleusern geraten und nicht alle hatten ihre Flucht überlebt. Von Januar bis September waren es in den EU-Ländern etwa 700.000 Flüchtlinge, die registriert wurden. Bei der Einwanderung über das Mittelmeer in Länder der Europäischen Union waren im gleichen Zeitraum etwa 2.600 Menschen umgekommen.
Die Flüchtlinge kamen aus Syrien und dem Irak, aus dem Kosovo, aus Albanien, Mazedonien und Serbien. Sie kamen aus Afghanistan und Pakistan, um den Taliban zu entkommen, sie flüchteten aus Eritrea, Nigeria und Somalia. Damit sind nur die wichtigsten Staaten benannt. Auch durch den Krieg in der Ukraine sind Flüchtlinge unterwegs nach Europa, ebenso wie aus Saudi-Arabien und dem Iran.
Die Welt war allerorts in Unruhe, Unordnung und Chaos geraten und ein Ende war noch nicht in Sicht. Terroranschläge gehören in den Tagesmeldungen fast schon selbstverständlich dazu...

Werbung