Politik 2014 - Ukraine, Ebola und IS

2014 wurde dem 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs gedacht, mit dem die „Große Katastrophe des 20. Jahrhunderts“ ihren Anfang genommen hatte. Desillusioniert musste die Öffentlichkeit zur Kenntnis nehmen, dass auch 100 Jahre nachdem bedenkenlose Politiker die Welt leichtfertig in Flammen gesetzt und damit nicht nur in den Jahren 1914/18 millionenfaches Leid ausgelöst, sondern auch die Basis für Faschismus, Stalinismus und Zweiten Weltkrieg geschaffen hatten, bedenkenlose Politiker und Fanatiker auch 2014 Gewalt als Mittel der Politik einzusetzen bereit waren.
Drei große Krisenherde bestimmten 2014 das Weltgeschehen: In der Ukraine tobten Kämpfe zwischen ukrainischen Regierungstruppen und ostukrainischen Separatistengruppen, die in kaum verhüllter Weise von Russland unterstützt wurden. Aus dem Nahen Osten erreichten die Welt mittlerweile erschreckend vertraute Bilder von militärischer Gewalt der Hamas und Gegengewalt der israelischen Sicherheitskräfte, der die im Gaza-Streifen eingepferchten Zivilisten nahezu schutzlos als Opfer ausgeliefert waren. Mit dem Vordringen der in Syrien und im Irak operierenden, extrem brutalen und militärisch effizienten Salafisten-Terror-Organisation Islamischer Staat bis in die Kurdengebiete an der Grenze zur Türkei bekam die Bedrohung der EU-Europa prägenden freiheitlich-säkularen Gesellschaftsmodelle für den Westen eine neue Bedeutung. Zu den unmittelbaren Auswirkungen internationaler Verwerfungen auf Deutschland gehörte ein massives Ansteigen der Flüchtlingszahlen, auf das die Verantwortlichen für die Flüchtlingsaufnahme und –betreuung häufig nur mit unzureichenden Mitteln reagieren konnten oder wollten. Vor dem Hintergrund der gewalttätigen Polit-Katastrophen in der Welt, zu denen zusätzlich noch die Tragödie der Ausbreitung der Todeskrankheit Ebola in Westafrika kam, wirkten die Polit-Großereignisse in EU-Europa erfreulicherweise überaus harmlos. Sowohl die Europa-Wahl (22. – 25. Mai) als auch das probritisch ausfallende Schottland-Referendum (18. August) sind als herausragende Ereignisse des Jahres geradezu mustergültig zivilisierten Standards entsprechend abgelaufen.
In der Folge der Ende 2013 begonnenen, gegen die Politik von Präsident Wiktor Janukowytsch gerichteten Euromaidan-Proteste kam es in der Ukraine zu Ausschreitungen und zur Staatskrise. Der am 22. Februar vom Parlament (Werchowna Rada) abgesetzte Präsident erklärte seine Absetzung und die ihm folgende Übergangsregierung für illegal. Dann tauchte er unter. Durch die offensichtliche Instabilität des ukrainischen Staates ermutigt, kam es auf der seit 1954 als Autonome Republik zur seit 1991 unabhängigen Ukraine gehörenden Halbinsel Krim zu massiven Protesten von prorussischen Demonstranten. Nach einem fragwürdigen Referendum, nach dem sich die Mehrheit der Krim-Bevölkerung angeblich für einen Anschluss an Russland aussprach, trat die Autonome Republik Krim mit Wirkung vom 21. März dem russischen Staatsverband bei. Obwohl die Sezession von der UNO für ungültig erklärt worden war, erklärte die russische Staatsführung unter der Leitung von Präsident Putin die Krim zum integralen Teil der Russischen Föderation. Parallel eskalierten im Februar Proteste in der Ostukraine, durch die Autonomie beziehungsweise der Anschluss an Russland gefordert wurden, zu regelrechten militärischen Gefechten zwischen ukrainischer Armee und hochgerüsteten Milizen. Beobachter vermuteten auch den von offizieller russischer Seite bestrittenen Einsatz von russischen Soldaten zur Unterstützung der Separatisten. Die undurchsichtige Haltung von Putin im Konflikt löste Irritationen auf internationaler Ebene aus und sorgte insbesondere bei östlichen NATO-Staaten wie Polen

und Estland zu einer Wiederbelebung von Ängsten vor russischen Expansionsgelüsten. Der Abschuss eines Verkehrsflugzeugs (Malysian Airlines MH017, 298 Tote) am 17. Juli durch Separatisten führte zu heftigen internationalen Reaktionen, die zum Teil mit dafür ursächlich waren, dass sich die Konfliktparteien im September in Minsk auf ein Waffenstillstandsabkommen einigten. Das Minsker Abkommen erwies sich aber nur als bedingt tragbar: Immer wieder kam es nach Vertragsschluss zu kleineren und größeren Gefechten.
Noch verunsichernder als der Ukraine-Konflikt und dem nach einem bereits häufig erlebten Szenario von Gewalt ablaufenden Schlagabtausch (Juli/August, mehr als 2000 Tote, zumeist palästinensische Zivilisten) im Gaza-Streifen wirkte das Vordringen des Islamischen Staates (IS) auf die Weltöffentlichkeit. Die mit äußerster Brutalität vorgehenden Dschihadisten der durch Spenden, Rohöleinnahmen und Erpressungsgelder finanziell gut aufgestellten Terror-Organisation eroberten Anfang 2014 große Teil von Syrien und Irak. Am 29. Juni rief der IS das Kalifat aus und drang bis in die kurdisch besiedelten Gebiete im syrisch-türkischen Grenzgebiet vor. Die nur unzureichend ausgerüsteten, von der US-Luftwaffe unterstützten Kurden-Kämpfer (Peschmerga) standen in heftigen Abwehrkämpfen gegen die IS-Einheiten. Schwere Kritik musste sich im Zusammenhang mit dem IS-Kampf der starke Mann der Türkei gefallen lassen. Der am 28. August zum Präsidenten gewählte Politiker Recep Tayyip Erdogan lehnte militärische Unterstützung der Kurden strikt ab.

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