Das Modejahr 1979 Mode - Feminin kontra Untergrund
Mit den überbreiten Schultern war man noch einmal
glimpflich davon gekommen. Sie hatten sich längst sich
noch nicht so ins Modebild der Damen gefügt, wie es
zunächst den Anschein hatte. Doch sie waren da. Dennoch
blieben die Schnitte feminin, der Rock bedeckte das Knie
und die Blusen hatten immer noch einen folkloristischen
Anstrich. Spitzenröckchen, die mehr Beinfreiheit
erlaubten, waren den jungen
Mädchen in der Disco
vorbehalten. Die Oberteile bestanden aus Satinhemdchen
mit Trägern. Auch Bustiers mit Pailletten waren im
Halbdunkel der Tanzflächen sehr beliebt. Wer die Figur
dazu hatte, trug
ein Catsuit. Dieses eng anliegende Kleidungsstück
entstammte der Gymnastik. Mit Glitzerverzierungen wurde
es zur erotischen Disco-Bekleidung. Da der Gammel-Look
nicht mehr aktuell war, hatte vorerst auch die Jeans für
derartige Veranstaltungen ausgedient. Für eine angesagte
Diskothek war modisches Kleidung zwingend erforderlich.
Schließlich war man nicht nur zum Vergnügen dort,
sondern machte auch auf seinen Status aufmerksam.
Große Garderobe für den Abend kam aus Paris. Yves
Saint-Laurent zeigte einen Ideenreigen, der viel
Beachtung fand. Ein großes Rücken-Dekolleté, das mit
edler Spitze ausgefüllt war, machte sein schwarzes
Abendkleid zu einem echten Hingucker, um nur ein
Beispiel zu nennen. Die Haute Couture präsentierte
Eleganz in so luxuriöser Form, dass manchem Beobachter
der Atem stockte. Dennoch steigen die Umsätze.
Maßgeschneiderte Kleidung hatte ihren Preis. Wer den
zahlte, gehörte entweder zu den sehr Wohlhabenden oder
wollte zumindest den Eindruck erwecken. So jedenfalls
schien es in der Herrenmode zu sein. Hier favorisierte
man zunehmend den Maßanzug. Es waren nicht die ohnehin
betuchten Herren, nein, die gaben sich gern leger und
kauften von der Stange. Es war der Mittelstand, der sich
modisch abheben wollte und dadurch umso mehr erkennbar
war. Dabei war der Unterschied zwischen Konfektion und
meisterlicher Schneiderarbeit kaum sichtbar, wären da
nicht die von Hand gearbeiteten Knopflöcher gewesen, die
allerdings nur ein Insider wahrnahm. Vor allem junge
Männer wollten sich statusmäßig abheben und kleideten
sich über ihre Verhältnisse, gingen sie doch davon aus,
dass Kleider Leute machten und vielleicht auch die
Karriere.
Der modisch-normale Alltag für den Herrn zeigte ein eher
sportlich-athletisches Bild. Sakkos sollten durch große
Schulterpartien die Männlichkeit betonen, die Hosenbeine
waren schmal und nahmen dem Oberkörper nichts von der
gewaltigen Optik. Diesen Look hatte man schon im Jahr
zuvor auf der
Florentiner Herrenmodemesse gesehen. Nun
setzte er sich durch. Im sportlich-freizeitlichen
Bereich war er sogar willkommen.
70er Jahre Baseball-Outfits und
gesteppte Wetterjacken mit breiter Schulter fanden sehr
schnell ihre Träger.
Die Jugendlichen beiderlei Geschlechts orientierten sich
zudem an dem Stil, der aus London kam, nicht vom
Laufsteg, sondern aus dem Untergrund. Sie setzten auf
die Schockwirkung, die besonders von den aufgerichteten,
gefärbten Haaren ausging. Die Frisur der Punks
verbreitete sich rasant.
Die Damen zeigten eine besondere Vorliebe für Kostüme.
Hier waren die Röcke schmal, fielen durch Seitenschlitze
auf und die Jacken durften auch gesteppt sein,
Schulterbetonung inbegriffen. Schößchenjacken waren
ebenfalls beliebt. Hinzu kamen farbliche Akzente, Muster
und Blenden aus edlem Material wie Leder oder Samt. Das
allzu Sportliche, auch Hosenanzüge, wurde von den
Laufstegen genommen. Im Alltag gab es diese Garderobe
natürlich noch. Bei den Kleidern wurden Muster
verschmäht. Es dominierten Unistoffe und kräftige
Farben. Lila lag im Trend, ebenso Rot in allen
Nuancierungen.
Die Mode zeigte eine große Vielfalt, das
Kleidungs-Diktat schien aufgehoben und so konnte jeder
anziehen, was er wollte. Man musste keinen Trend kennen,
man musste nur Mut zur eigenen Persönlichkeit haben. Und
auch wenn die Erstveröffentlichung von Michael Endes
neuem Roman nichts mit Mode zu tun hatte; der Titel wäre
durchaus passend: die unendliche Geschichte.