Das  Modejahr 1968 - Unbeweglichkeit in der Männermode

Als spürten die Männer nichts von dem sich veränderten Zeitgeist, behielten sie ihre funktionale Kleidung bei. Die Designer taten auch nichts, um die modische Unbeweglichkeit aus der Ruhe zu bringen. Und das in einer Welt, in der Frauen und junge Leute immer bunter und provokanter durch den Alltag gingen!
Das Jahr 1968 war in jeder Hinsicht bewegt. Politisch beschäftigte die Niederschlagung des Prager Frühlings die Gemüter, hierzulande waren die Anzeichen des Terrorismus nur allzu deutlich spürbar und modisch waren die Frauen angehalten, sich ihrer dominierenden, traditionellen Rolle in der Mode bewusst zu werden und Miniröcke, transparente Kleidung und „Oben ohne“ zu tragen. Die jungen Frauen und Mädchen taten dies, allerdings, um einen Protest damit ausdrücken. Ansonsten wollten sie durchaus kein bloßes Sexualobjekt sein. In dieser Zeit des völligen Umbruchs war die Mode eine Randerscheinung und dennoch Ausdruck großer Veränderungen.
Ein neues Selbstbewusstsein der Frauen zeigte sich, als die Damenhose den Markt eroberte, die Bloomer. Der Name dieser Hose geht zurück auf die amerikanische Frauenrechtlerin des 19. Jahrhunderts, Amelia Bloomer. Diese Hose sah einem kurzen Rock noch sehr ähnlich, war aber eine eigenständige, bequeme Tageskleidung. Es gab sie zunächst nur als Mini-Hose, die sich im Laufe des Jahres aber schnell veränderte und eine echte Alternative zum Rock wurde. Die Frauen-Hose wurde als Errungenschaft der Gleichberechtigung gewertet. Sofort gab es sie in verschiedenen Varianten aus Wolle, Tweed oder Jersey. Als lange Hose hatte sie einen Schnitt, der einer Bloomer kaum mehr ähnlich sah. Die Hose war oben enger als unten, aber sie wurde nicht wie eine Bloomer an den Knöcheln zusammengehalten. Auch die Girl-Camping-Hose, die Jeans für Frauen, die an der Seite geschlossen wurde, wandelte sich und wurde dem Schnitt der Herren-Jeans ähnlicher. Nun war dem Manne schließlich das letzte Kleidungsstück genommen und in die Damenmode integriert worden.
Die Reaktion der Männer war keine Revolte. Als gingen sie modische Befindlichkeiten nichts an, ertrugen sie auch diese Änderung mit Gelassenheit. In ihrer eigenen Mode tat sich ohnehin nichts. Modisches Desinteresse der Männer und wenig Mut der Designer waren ein in sich geschlossener Kreislauf, aus dem derzeit niemand bereit war, auszubrechen. Ohnehin war Frankreich, die Hochburg der Mode, ähnlich wie Deutschland von politischen Ereignissen in Anspruch genommen. Die großen Studentenrevolten hielten Frankreich in Atem und wenn überhaupt ein Gedanke an Mode verschwendet wurde, dann war es der, in die Modewelt einen neuen Geist einziehen zu lassen. Die Haute Couture wurde totgesagt. Aber es war nur ein temporärer Scheintod. Dessen ungeachtet waren Extravaganz und althergebrachter Schnickschnack vorerst von der Laufsteg-Bildfläche verschwunden. Sachlichkeit und Verzicht auf Luxus waren an der Tagesordnung.
Während die Damen dennoch mit viel Blumigem, viel Farbenfreude und viel Gemustertem ihrem Kontrast zur Umbruchssituation unterstrichen, hatte die Mode für den Herrn kaum eine echte Neuerung zu bieten. Lediglich die Muster wurden etwas größer und die Hosen-Umschläge wurden als willkommene Neuerung angenommen und waren beliebt. Das ewige Grau durfte ein wenig der farblichen Veränderung ins Rotbräunliche weichen. Die Krawatten-Kreationen wurden ebenfalls farbiger, hatten auffälligere Muster und galten damit bereits als gewagt.
Mutig und modisch unerschrocken ging die Jugend mit den gesellschaftlichen Veränderungen um, trug ebenso mutig, was freizügig war und schockierte mit fast allem die ältere Generation. Das Jahr 1968 gab auch den Menschen dieser Zeit einen Namen, sie gingen als „die 68er" in die Geschichte ein. Dazu gehörten ganz fraglos transparente Blusen und „Oben-ohne“. Der Mini-Rock hielt sich über diese Zeit hinaus. Nur der Protest-Gedanke und die Ideale wichen nach wenigen Jahren einer neuen Bürgerlichkeit.

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