Das Sportjahr 1955 Sportchronik
Billard
Das Interesse an der Billard-Variante Snooker war
nicht neu. Neu aber war, dass am 22. Januar erstmals
in seiner Geschichte ein offizielles sogenanntes
MAXIMUM BREAK stattfand. Austragungsort war die
Leicester Square Hall in London. In einem Match kann
ein Spieler die Höchstpunktzahl von 147 erreichen,
wenn er alle Billardkugeln in der vorgeschriebenen
Reihenfolge einlochen kann, ohne den Gegner auch nur
einmal zum Zuge kommen zu lassen. Das ist eine
absolut überragende Leistung. Das Maximum Break ist
untrennbar mit dem Namen Joe Davis verbunden, einem
englischen Billardspieler, der bereits seit 1919 im
Profibillard Furore gemacht hatte und von 1928 bis
1938 „World Professional Billards Champion“ war. Im
Jahr 1955 konnte er das Maximum Break mit der
geforderten Höchstpunktzahl für sich entscheiden.
Besteigung der Achttausender
Die 14 Gipfel der Erde, deren Höhe über 8000 Meter
hinausgeht, waren und sind stets eine besondere
Herausforderung für Bergsteiger und Abenteurer. So
auch der Makalu, der fünfhöchste Berg der Erde. Er
ist 8485 Meter hoch und befindet sich zwischen Tibet
und
Nepal. Bereits 1921 gab es erste Erkundungen und
in den 1950er Jahren versuchten Briten, Amerikaner
und Neuseeländer diesen Achttausender zu besteigen.
Immerhin konnten bei diesen Versuchen enorm wichtige
Erkenntnisse gewonnen werden.
Die Erstbesteigung gelang allerdings erst einer
französischen Expedition, die im Mai 1955 den Makalu
erklomm. Alle neun Mitglieder erreichten den Gipfel.
Lionel Terray und Jean Couzy, die am 15. Mai auf dem
Gipfel ankamen, werden oft als die eigentlichen
Erstbesteiger genannt. Am 16. Mai erreichten G.
Magnone, der Sherpa Gyalzen Norbu und der Leiter der
Expedition Jean Franco den höchsten Punkt des Makalu
und wieder einen Tag später, am 17. Mai, erreichten
J. Bouvier, S. Coupe, P. Leroux und A. Vialette den
Gipfel des Achttausenders. Sie alle hatten den 7400m
hohen Himalaya-Gebirgspass „Makalu La“ genommen, der
heute deswegen als „Franzosenroute“ bekannt ist.
Nur wenige Tage später, ebenfalls im Mai 1955,
gelang es einer britischen Expedition, die von dem
Mediziner und Alpinisten Charles Evans geleitet
wurde, den dritthöchsten Berg der Erde erstmals bis
zur Gipfelhöhe zu bezwingen – den Kangchendzönga.
Dieses gewaltige Massiv liegt im Grenzgebiet des
indischen Bundesstaates Sikkim,
Nepal und Tibet. Der
Kangchenzönga ist ein Berg mit fünf Gipfeln. Für die
Buddhisten ist er der heiligste der Achttausender.
In Tibet und in Sikkim wird er von ihnen wegen
seines göttlichen Schutzes verehrt und der Gott des
Reichtums soll hier ebenfalls seinen Platz haben.
Als der 8586 Meter hohe Berg bei seiner
Erstbesteigung am 25. Mai 1955 bezwungen wurde,
verharrten die Briten George Band und Joe Brown
achtungsvoll einige Meter vor dem tatsächlichen
Gipfel, um dem Glauben der Buddhisten Ehre zu
erweisen. Den Gipfel nicht bis zum allerletzten
Meter zu erklimmen, wurde zur Tradition und die wird
noch immer von nachfolgenden Bergsteigern
respektiert und eingehalten.
Motorsport
Wenn man sich die Geschichte des Motorsports
ansieht, dann steht der 11. Juni 1955 in einem ganz
besonders tragischen Licht. Das 24-Stunden-Rennen
von Le Mans ist als Langstreckenrennen für
Sportwagen bekannt. Seit 1923 wird es auf einem etwa
13 Kilometer langen Rundkurs ausgetragen, der
südlich von Le Mans festgelegt ist. Bei diesem
Rennen ereignete sich am 11. Juni die schlimmste
Katastrophe in der Geschichte des Motorsports. Nach
einer Kollision auf der Zielgeraden flogen Teile des
Silberpfeils (Mercedes-Benz 300 SLR), mit dem der
Franzose Pierre Levegh ins Rennen gegangen war, in
die Zuschauertribüne. Levegh, der den Unfall jedoch
nicht ausgelöst hatte, starb bei diesem Unglück, als
sein Wagen inmitten der Zuschauer explodierte. Mit
ihm starben weitere 83 Menschen. Während der Schock
und das Entsetzen am Unfallort die Menschen lähmten,
ging das Rennen dennoch weiter. Mike Hawthorn im
Jaguar, der den schweren Unfall verursacht hatte,
gewann es, ohne scheinbar mitbekommen zu haben, dass
sein Sportskamerad und mehr als 80 andere Menschen
das Ende gar nicht mehr miterleben konnten. Pierre
Levegh, der als Formel-1- und Sportrennwagenfahrer
Motorsportgeschichte geschrieben hatte, war erst 49
Jahre alt, als er bei diesem tragischen Unfall ums
Leben kam.
Es ist jedoch ein Irrtum zu glauben, dass diese
Katastrophe die Ursache für Mercedes-Benz gewesen
war, sich aus dem Motorsport zurückzuziehen, wie es
immer wieder zu lesen war. Lange vor dem
verheerenden Unfall hatte man sich entschieden, sich
nach dem Ende der 1955er Saison nur noch
ausschließlich der Serienentwicklung zu widmen.
Die Formel-1-Weltmeisterschaft gewann im Herbst
dieses Jahres, am 11. September, zum dritten Mal der
Argentinier Juan Manuel Fangio
Ereignisse am Rande
Es waren nicht nur Ereignisse aus dem Profisport,
die die Aufmerksamkeit der Menschen erregten. Auch
die Amateursportler hatten ihr Publikum. Der
Boxsport lag ganz vorn in der Gunst der Zuschauer.
In den 1950er Jahren machte beispielsweise Algirdas
Šocikas, ein sowjetischer Amateurboxer Schlagzeilen.
Nicht nur beim Länderkampf England gegen die UdSSR
konnte er in London einen eindrucksvollen Sieg
erringen, er wurde auch in dem Jahr zum zweiten Mal
Amateur-Europameister im Schwergewicht und konnte
damit seinen Titel von 1953 untermauern.
Auch die Entwicklung des Sports in der jungen DDR
nahm allmählich sichtbare Formen an. Zwar waren die
Möglichkeiten einer Fernsehübertragung noch
verhältnismäßig gering, aber an Zuschauern mangelte
es nicht, die beispielsweise die Rennstrecken
säumten. Im Moto-Cross, das als sportliches
Spektakel noch in den Kinderschuhen steckte, wurde
im Frühjahr 1955 das erste offiziell ausgeschriebene
Rennen veranstaltet. Es fand in der Ostsee-Stadt
Wismar statt und etwa 13.000 Menschen jubelten den
Fahrern auf ihren Geländemaschinen zu. Besonders
profiliert hatte sich hierbei der DDR-Meister im
Straßenrennen Walter Knoch, der sich erfolgreich in
der 250-Kubikzentimeter-Klasse präsentierte.
Das Jahr 1955 darf als Beginn des Moto-Cross-Sportes
in der DDR angesehen werden, auch wenn vordem
vereinzelt schon Geländerennen durchgeführt worden
waren.
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