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Politjahr 1930
Politik in Deutschland
Die deutsche Politik im Jahr
1930.
Die deutsche Wirtschaft – und damit auch die
Gesamtsituation des Landes – war im Jahre 1930 alles
andere als rosig. Dazu kam auch noch, dass es
weltwirtschaftlich nicht viel besser ausgesehen
hatte (Auslöser war vor allem der
New-Yorker-Börsencrash im Vorjahr). Kurz: Unsere
Wirtschaft befand sich in einer echten Krise. Und
die Folgen waren dramatisch – zahlreiche Banken,
Unternehmen und Geschäfte
mussten Konkurs anmelden –
und im selben Atemzug wurden wahre Massen an
Mitarbeitern entlassen. Und das machte sich
zwangsläufig auch bei den Arbeitslosenzahlen
bemerkbar – diese stiegen auf durchschnittlich drei
Millionen Erwerbslose. Und damit gab es im
statistischen Vergleich zum Vorjahr über eine
Millionen mehr Menschen, die von jetzt auf sofort
über kein eigenes Einkommen mehr verfügten und damit
ihre Familien selbst nicht mehr versorgen konnten.
Um Arbeitsplätze erhalten zu können, vereinbarten
einige Unternehmen (z.B. in der Metallindustrie) –
gemeinsam mit den Gewerkschaften – Lohnkürzungen
einzuführen. Ganz klar, dass viele der Beschäftigten
Angst um den eigenen Arbeitsplatz hatten. Damals gab
es zwar schon eine Arbeitslosenversicherung - diese
betrug allerdings nur zwischen 35 bis 75 Prozent des
jeweiligen Grundgehaltes. Übrigens – wer damals über
26 Wochen arbeitslos war, der bekam nach dem Ablauf
dieser Zeit nur noch eine sehr niedrige
Krisenunterstützung. Wer allerdings über neun Monate
auf der Suche nach Arbeit war, der musste sich
danach an die Wohlfahrt wenden und hier auf Hilfe
hoffen. Die wirtschaftliche und politische Krise
ging weiter: Immer mehr Menschen wurden von der
Arbeit der Wohlfahrt im Jahre 1930 abhängig - die
Notküchen der Kirchen und Verbände waren regelrecht
überfüllt.
Das Jahr 1930 – die Politik Deutschlands.
Die Zahl der Menschen, die eine Krisenunterstützung
benötigten, stieg allein im Jahre 1930 auf über
665.000 Personen (im Vorjahr waren es „nur“
210.000). Dazu kamen mehr als 760.000 Arbeitslose,
die auf die Hilfe der Wohlfahrt angewiesen waren.
Und es kam noch schlimmer: Einige Arbeiterfamilien
konnten nach Monaten der Arbeitslosigkeit ihre
Wohnungsmieten nicht mehr bezahlen. Die Folge - sie
verloren ihre eigenen vier Wände und waren damit
obdachlos. Das allerdings war noch nicht das Ende -
denn: Die Arbeitslosenzahlen stiegen so schnell
weiter an, dass das zur Verfügung stehende
Finanzbudget der Reichsanstalt für
Arbeitslosenvermittlung und –
Versicherung
nicht auszureichen schien. Denn – allein zum Vorjahr
musste die Anstalt mehr als 500 Millionen Reichsmark
mehr an Arbeitslosengeldern bezahlen. Die Regierung
musste dieses „Finanzloch“ mit einem Darlehen
„stopfen“ – nur, auf Dauer wäre das nicht möglich
gewesen. Dementsprechend suchten die
verantwortlichen Politiker krampfhaft nach einer
Idee, um z.B. die schlechte Finanzlage der
Reichsanstalt möglichst schnell sanieren zu können.
Damals plante die Politik, dass z.B. höhere
Arbeitslosenversicherungsbeiträge dabei helfen
könnten, endlich wieder mehr Geld in die
Regierungskassen zu spülen. Natürlich diskutierten
die Parteien heftig mit- und gegeneinander über
dieses Vorhaben. Und diese politische Diskussion
sollte verhängnisvolle Folgen haben. Denn – schon im
März 1930 scheiterte die Große Koalition aus SPD,
Zentrumspartei, DVP, DDP und BVP – damals von dem
Sozialdemokraten Hermann Müller geführt. Der Grund:
Die Politiker waren geFordert, das Problem der
Massenarbeitslosigkeit endgültig anzugehen.
Deutschlands politisches Geschehen 1930.
Während sich die DVP ganz klar für die geplanten
Erhöhungen der Arbeitslosenbeiträge ausgesprochen
hatte, wehrte sich die SPD vehement dagegen – die
Parteien kamen zu keinem Ergebnis. Übrigens - das
politische Scheitern war übrigens ein weiterer
Punkt, der dazu führte, dass die politische
Radikalisierung so rasant zunehmen konnte (neben der
heftigen Wirtschaftskrise). Der Unmut der vielen
Arbeitslosen verstärkte sich zusätzlich – die
Arbeiter ohne Arbeit waren sich dabei sicher, dass
sie selbst absolut schuldlos an ihrer Notsituation
waren. Dafür war ihrer Meinung nach die Regierung
ganz allein verantwortlich – und damit hatte die
Politik absolut versagt. Und auch das nutzten
zahlreiche Parteien für sich – und diese hatten
alles andere als eine demokratische Gesinnung inne.
Gerade die NSDAP und KPD waren für ihre
gewaltpolitischen Auseinandersetzungen bekannt
geworden. Beide Parteien „arbeiteten“ an dem Ziel,
das innenpolitische Klima in Deutschland weiterhin
möglichst aufzuheizen. Übrigens – das politische
Geschehen in Deutschland zeigte 1930 ganz klar, wie
hilflos und auch unfähig die damaligen Parteien der
Weimarer Republik waren. Kurz darauf ernannte
Reichspräsident
Hindenburg den Politiker Heinrich Brüning
von der katholischen Zentrumspartei zum
Reichskanzler. Brüning gelang es z.B., ein Verbot
der SS („Schutzstaffel“ der NSDAP) und SA
(„Sturmabteilung“) zu erlassen (wurde allerdings
später wieder aufgehoben). Als Reichskanzler sorgte
er dafür, dass die verschiedensten Sparprogramme den
gebeutelten Haushaltsetat möglichst wieder etwas
„Luft“ bekamen. Die erhoffte Reaktion der
Sparmaßnahmen blieb allerdings aus – zwar wurden die
Ausgaben des Staates zurückgefahren, das wiederum
belastete die sowieso schon extrem hohe
Arbeitslosigkeit im Lande. Der Grund dafür: Mit der
neuen Regierung war auf einmal noch weniger Arbeit
vorhanden – und damit wuchs natürlich auch die
Unsicherheit innerhalb der Bevölkerung Deutschlands
weiter.
Die Politik in Deutschland 1930.
Im Juli eskalierte ein Konflikt zwischen der
Regierung und dem Reichstag. Der Grund dafür waren
die starren Sparprogramme. Eine von der
Reichsregierung eingebrachte Vorlage war vom
Reichstag abgelehnt worden – mit 256 gegen 193
Stimmen (die Vorlage sollte den „gebeutelten“
Reichshaushalt wieder auf „Vordermann“ bringen).
Kurz danach erließ Reichstagspräsident Paul von
Hindenburg eine Notverordnung – mit dem Ziel, diese
Vorlage auch ohne ein „Go“ des Reichstages offiziell
durchführen zu können. Daraufhin war das Parlament
aufgelöst worden – außerdem waren Neuwahlen
vorgesehen.
Bereits am 18. Juli unterschrieb
Hindenburg die Notverordnung – diese sah u.a. auch
die Behebung der sozialen Notstände vor. Der große
Unmut der Bürger zeigte sich auch in den
Reichstagswahlen im September 1930 – diese brachten
der NSDAP immerhin 107 Sitze (vorher gerade einmal
12 Sitze). Und damit war die Partei die
zweitstärkste Fraktion innerhalb der Reichstagswahl
geworden – hinter der SPD (diese hatte 143 Sitze).
Jetzt war es offiziell: Deutschland hatte den
Rechtskurs eingeschlagen – für die Demokratie sollte
dies das endgültige „Aus“ bedeuten. So gelang es der
NSDAP 1930 erstmals, einen eigenen Minister in die
Landesregierung bringen zu können (der Politiker
Wilhelm Fricks bekam das Amt für „Inneres und
Volksbildung“ in Thüringen). Übrigens – die
Wahlbeteiligung erreichte bei dieser Reichstagswahl
ein gigantisch hohes Ergebnis: Immerhin hatten diese
Mal ganze 82 Prozent der Wahlberechtigten ihre
Stimmen abgegeben. Die andauernde
Weltwirtschaftskrise machte sich auch zum Ende des
Jahres 1930 immer deutlicher bemerkbar – und das
nicht nur im eigenen Lande. So war der Weg für den
Nationalismus in vielen Ländern geebnet worden.
Einige Politiker hatten die möglichen Gefahren
damals erkannt – z.B. gab es internationale
Versuche, die ein besseres „Miteinander“ als Ziel
vorgesehen hatten (und das über die Landesgrenzen
hinaus). So hatte z.B. der französische
Außenminister Aristide Briand 1930 dazu aufgerufen,
eine europäische Staatenunion zu gründen. Allerdings
blieben zu dieser Zeit viele politische Ideen ganz
einfach ungehört. Im letzten Quartal des Jahres
erreichte die Arbeitslosigkeit innerhalb des
Deutschen Reichs einen weiteren „Höhepunkt“ –
mittlerweile waren mehr als 4,3 Millionen Menschen
ohne Arbeit und damit mehr als hoffnungslos – und
das auch was die Zukunft des Landes betraf.
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