Literatur 1921
- Ernst Toller machte auf sich aufmerksam
Zu Beginn der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts
lag kurz nach Ende des Ersten Weltkrieges eine
lähmende Stille über den Menschen. Nicht nur in
Deutschland, sondern auch in vielen anderen Teilen
der Welt. Hatte doch dieser Krieg Unheil und
Verzweiflung hinterlassen und aus Friede Zerstörung
gemacht.
Auch die Schriftstellerei war hiervon nicht
unberührt geblieben. Die Stimmung hatte sich
verändert. Bisher romantisch, ja euphorisch geprägt,
war man nun auf der Suche nach neuen Denkformen. Der
Schreibstil wurde rationaler, kühler und
distanzierter. Ein Wechsel zwischen Vorwurf und
Hoffnung, der deutlich auch durch die öffentlichen
Auftritte zweier großer
Schriftsteller der damaligen
Zeit bezeugt wurde.
Am 04. September 1921 trat der Deutsche Thomas Mann
im Rahmen der „Nordischen Woche“ mit einem
bewegenden Vortrag über Goethe und Tolstoi vor die
versammelten Zuhörer. Diese bestanden größtenteils
aus Abgeordneten aus Skandinavien. Das Ziel der
Zusammenkunft war, die kulturellen wie auch
wirtschaftlichen Bindungen zwischen dem Deutschen
Reich und seinen skandinavischen Nachbarn zu
vertiefen.
Einen Monat später, am 03. Oktober 1921, gab der
russische Schriftsteller Maxim Gorki der englischen
Tageszeitung „Daily News“ ein Interview. Hierin
beschwerte er sich über die vermeintlich
antikommunistische Haltung Frankreichs, Englands und
der USA, die dem russischen Volk beim Hungern
zusahen, ohne nach Gorkis Meinung helfend
einzugreifen.
1921 war auch für den Franzosen Anatole France (mit
bürgerlichem Namen eigentlich Jacques-François
Anatole Thibault, 1844-1924) ein ganz besonderes
Jahr. Als bis dato vierter Franzose erhielt er den
Nobelpreis für Literatur für seine edle Stilkunst
und schriftstellerisch anmutige Leistung. Anatole
France hatte aus Verehrung für sein Vaterland seinen
Nachnamen schon in jungen Jahren geändert. Durch den
Nobelpreis kurz vor seinem Tod wurde ihm die höchste
Ehre zu Teil, die einem Schriftsteller für sein
Lebenswerk widerfahren kann.
Im selben Jahr machte Ernst Toller (1893-1939), ein
Deutscher jüdischer Abstammung, auf sich aufmerksam.
Der Revolutionär mit pazifistischer Einstellung
schrieb 1920 bereits das Drama „Masse Mensch“, das
1921 als Theaterstück uraufgeführt wurde. „Die
Maschinenstürmer“, ebenfalls ein Drama bereitete er
gleich im Anschluss vor. Hier lag sein Augenmerk
ebenso auf der Reflektion gescheiterter ziviler
Aufstände während des Krieges.
Ein für damalige Zeiten innovatives und
inspirierendes Werk dürfte auch „Die Dampfkessel“
gewesen sein. Erschienen 1921 durch Franz Tetzner
und den Studienrat O. Heinrich. Das Buch war eine
Art Handbuch und Verständnishilfe für Studenten des
Ingenieurwesens und der Technik. Inmitten der
Blütezeit des Dampfmaschinenbaus galt diese
Veröffentlichung als das A und O hinsichtlich der
Veranschaulichung von Kesselanlagen und moderner
Bedienelemente, um diese besser zu verstehen. Wer
vorn mit dabei sein wollte, musste dieses Buch nicht
nur gelesen, sondern auch verstanden haben. Die
Herren Tetzner und Heinrich hatten damit erstmalig
über Fortschritt und Entwicklung geschrieben und
zwar auf eine Art, die von wissenshungrigen
Studierenden geradezu aufgesogen wurde.
Natürlich ging das Literaturjahr 1921 auch mit
Verlusten einher. Der Lyriker Paul Boldt starb am
16. März im badischen Freiburg.
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