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Mode 1840 bis 1849 - die unbequeme Eleganz


In jenem Jahrzehnt beherrschte noch die Biedermeier-Mode die Körper der Frauen und Männer. Was sich schon etwa zwanzig Jahre vorher als großer Umschwung etabliert hatte, war in kaum veränderter Form auch im Jahrzehnt von 1840 bis 1849 modern, wobei sich nach der Märzrevolution von 1848 einige neue Trends zeigten.
Die Mode in früheren Jahren hatte sich ohnehin nicht in jedem Jahr so gravierend wie heute geändert und außerdem erfreute sich die Biedermeier-Mode großer Beliebtheit, denn sie war ein Ausdruck der Rückbesinnung und ging einher mit textiler Bequemlichkeit, soweit der Begriff dafür angebracht ist. Es war bei genauem Hinsehen eine Pseudo-Bequemlichkeit. Dafür war die Garderobe in der Anfangszeit des Biedermeier um 1820, als diese Mode ihren Einzug in das Bekleidungs-Geschehen hielt, deutlich anders als die Empire-Mode.
Die Art des Familienlebens, überhaupt der gesamte private Bereich, hatte zu einem neuen Ausmaß gefunden. Sich nach außen hin zu repräsentieren, war nicht mehr in aller Üppigkeit angesagt. Nicht auf das Pompöse kam es an, sondern auf bürgerliche Tugenden, die sich in ihrer einfachen Art ausgebreitet und den Wertemaßstab verändert hatten, der nun dominierte. Zu solchen Tugenden zählte man Pflichtgefühl, Bescheidenheit, Fleiß und Treue – Belange, die die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts entscheidend prägten, nicht nur in der Mode, auch in der Musik, der Malerei, der Kunst im Allgemeinen und auch in der Architektur. Die meisten der damals sehr hoch geschätzten Eigenschaften werden heute als „spießig“ abgetan, sie haben aber ihre Auswirkungen bis in das 21. Jahrhundert längst nicht verloren. Die brave, sehr auf das Häusliche zurückgezogene Lebensart der damaligen Zeit drückte sich natürlich auch in der Kleidung aus.
Schon zur Blütezeit des Biedermeier, ab etwa 1835, war eine deutliche Taillenbetonung wieder sichtbar, denn auch die Biedermeier-Mode änderte sich innerhalb ihrer Epoche. Wenn von einer Taillenbetonung die Rede ist, konnte man hier noch nicht von einer extremen Einschnürung reden, wie sie in späteren Jahren aktuell wurde. Durch das Korsett rückte die Taille wieder optisch an ihren Platz im Vergleich zur Zeit des vergangenen Empire-Stils, in der sie gar nicht zu sehen gewesen war. Reifröcke und Korsetts waren in den besseren Kreisen Kleidungsteile der Unterwäsche, die in keinem Fall fehlen durften, um die Weite der Röcke zu erreichen und außerdem eine schlanke Taille zu suggerieren. Die eigentliche Betonung lag aber unbedingt auf den ausgefallenen Ärmeln. Die hatten nämlich schon im zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts ein Volumen angenommen, dass nicht nur modern, sondern auch sehr hinderlich war. Sie hatten ihre Bezeichnungen völlig zu recht, denn sie hießen nicht nur Ballon- bzw. Schinkenärmel oder sogar Hammelkeulenärmel, sie sahen auch tatsächlich so aus. Um diese aufgebauschte Form zu erreichen, musste man diese Ärmel innen mit Rosshaar- und/oder Fischbeinstäbchen ausstaffieren. Darüber wurde dann der Stoff drapiert, der in Falten gelegt wurde. Das wurde dadurch erreicht, dass man an den oberen Nähten den Saum schon entsprechend fältelte, bevor die Naht festgenäht wurde. Einen ähnlichen Faltenwurf hatte das Kleid dann auch am Dekolleté, das gewöhnlich von einer Schulter zur anderen reichte und viel freie Sicht gestattete. Die voluminösen Ärmel waren auch bei den Kleinbürger-Damen sehr beliebt. Die verwendeten Stoffe waren gemustert. Bevorzugt wurden Karos, Streifen und auch diverse florale Motive. Einfarbiger Glanz blieb der Abendgarderobe vorbehalten. Dafür wurden dann hauptsächlich Seidenstoffe oder andere edle Materialien verarbeitet.
Was aber besonders charakteristisch für diese Mode war – die Schute. Dieser Hut, der auch als Kapott-Hut oder Biedermeierhut bekannt ist, glich einer Haube. Die hatte sich bereits um die Wende zum 19. Jahrhundert aus der Haube des Rokoko entwickelt. Im Laufe der Jahrzehnte änderte sie sich immer wieder, blieb aber in ihren Grundzügen gleich. Sie wurde unter der Kinnpartie mit Bändern gebunden, so dass eine Schleife entstand. Die Krempe umrahmte weit nach vorn reichend das Gesicht. Dieser Hut hatte einen hohen Kopfteil, damit der Haarknoten gut untergebracht werden konnte. Es gab die Schute aus geflochtenem Stroh oder aus Stoff. Die Hüte aus Stoff hatten einen Unterbau aus Drahtgestell, über das der Stoff gespannt wurde. Je nach Jahreszeit wurden die Hüte auch wattiert oder mit einem wärmenden Polster angeboten. Waren die Schuten schon durch ihre Gesichtsumrahmung und die Korkenzieherlocken, die hervor lugten, auffallend, so wurden sie noch augenfälliger durch die Verzierungen mit Blumen und Federn, mit Früchten und Tüll. Dieser typische Biedermeierhut begann sich schon zum Ende des 1840er Jahrzehnts zu ändern. Er bekam eine runde Krempe und hielt sich in der Art noch bis in die ersten Jahre des nächsten Jahrzehnts.

Die Herrenmode
Sie hatten sich schon lange ihren Platz in der schier unveränderten Herrenbekleidung erobert – der Frack und der Gehrock, der auch als Cutaway bekannt war. Die Männer trugen zwar kein Korsett wie ihre weiblichen Modegefährtinnen, aber um eine enge Taille zu bekommen, halfen sie sich mit einem Schnürgürtel, der einen ähnlichen Effekt erzielte. Eine gerade, schlanke und elegante Erscheinung konnte zwar nicht jeder Mann aufweisen, aber die meisten bemühten sich darum, wobei die Schnürgürtel ihre Grenzen hatten.
Auch die Hemden, die in jener Zeit getragen wurden, waren nicht gerade das, was man unter Bequemlichkeit verstand. Es hatte seinen Grund, dass man die Hemdkragen Vatermörder nannte. Sie umschlossen den Hals sehr eng, so dass jeder Mann froh war, wenn er sich abends seines Hemdes entledigen konnte. Die Vorbilder der männlichen Mode waren in England zu suchen. George Bryan Brummell (1778-1840), der den Dandy-Stil begründete, hatte seine Spuren hinterlassen, obwohl dieser Stil bereits etwa zehn Jahre zuvor schon fast aus der Mode gekommen war. Aber Hinterlassenschaften wie beispielsweise der Schnürgürtel und die kunstvoll gebundenen Tücher und Krawatten waren dieser Zeit entlehnt und hielten sich in Abwandlungen noch immer. Seit etwa 1815 hatten sich auch die typischen langen Herrenhosen, die Pantalons, gehalten. Dazu gehörte ein Zylinder, ein Stock und Handschuhe, die möglichst aus edlem Leder gefertigt waren. So sah Mann gut gekleidet aus, um als Patriarch einer Biedermeier-Familie Anerkennung in Sachen Mode zu erlangen.

Die Kindermode
Auch die Kinder waren in der Biedermeierzeit spezifisch gekleidet. Die Jungen trugen eine lange Hose, über die sie ein kurzes Kleid anziehen mussten. Wer es sich leisten konnte, kleidete seine Söhne in einen Matrosenanzug, der schon hier und da in der Kindermode bekannt war. Die Mädchen sahen aus wie kleine Abbilder ihrer Mütter. Die Kleider waren weit geschnitten, sie waren kurz, so dass die mit Rüschen und Spitzen geschmückte Beinbekleidung sichtbar wurde. Im 1850er Jahrzehnt wurden sogar Kinder in Korsetts gezwängt, um schlank auszusehen, unabhängig der gesundheitlichen Schäden, die die im Wachstum begriffenen Mädels erleiden mussten. Die Jungen-Kleider waren erstmals eine Kindermode, die sich grundsätzlich von der Kleidung der Väter unterschied.
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