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Chronik 1812 - Napoleons Russlandfeldzug, Grimms Märchen und Judenedikt

Im Sommer des Jahres 1812 begann Napoleon (1769-1821) seinen Feldzug gegen Russland. Er überschritt am 24. Juni mit seiner Grande Armée die Memel. Etwa 500.000 Soldaten kämpften sich mit der Schlacht bei Smolenks und der Schlacht bei Borodino – die als eine der blutigsten Schlachten des 19. Jahrhunderts verzeichnet wurde – den Weg nach Moskau frei. Allerdings hatte die Armee Napoleons in der Schlacht bei Borodino erhebliche Verluste hinnehmen müssen. Als die Franzosen schließlich kampflos auf dem weiteren Weg Moskau erreichten, brach dort ein Feuer aus, das weite Teile der Stadt zerstörte. Die Stadt war fast menschenleer. Es blieb Napoleon nichts weiter übrig, als Moskau zu verlassen. Der Rückzug war eine Flucht. Die Russen konnten Napoleons Vordringen in die südlichen, russischen Provinzen verhindern. Als es im November auf dem Rückmarsch zur Schlacht bei Wjasma kam, musste die Grande Armée eine verheerende Niederlage gegen die viel besser motivierten russischen Soldaten einstecken. Bei der Überquerung der Beresina kam es erneut zu einer Schlacht, die für die Franzosen verheerend war. Als die Reste der geschlagenen Napoleon-Armee über die Memel Ostpreußen erreicht hatte, waren von einstmals 500.000 Soldaten nur noch 5.000 am Leben. Der Russlandfeldzug war gescheitert. Soldaten, die ihr Leben nicht im Kampf verloren hatten, waren erfroren, mussten zurückgelassen werden und waren ein Opfer des russischen Winters, dessen Ausmaß Napoleon wohl unterschätzt hatte. Da sich zwar formell die russischen und die preußischen Truppen feindlich nach dem Scheitern des Feldzuges gegenüberstanden, weil Preußen auf Napoleons Befehl hin ein Hilfskorps gestellt hatte, es aber nicht zu keinen wesentlichen Kampfhandlungen zwischen Preußen und Russen gekommen war, konnten diese beiden „Gegner“ problemlos zum Ende des Jahres einen lokalen Waffenstillstand schließen – die Konvention von Tauroggen. Napoleons Krieg gegen Russland war nicht der einzige Krieg, der das Geschehen im Jahr 1812 überschattete. Die Vereinigten Staaten von Amerika erklärten Großbritannien den Krieg. Dieser Britisch-Amerikanische Krieg, der als „Krieg von 1812“ bekannt war, endete erst im Dezember 1814 und hatte Nach-Kämpfe bis zum Jahr 1815. Im Dezember 1812 gab es noch ein stilles Ereignis, das friedlich, märchenhaft und dennoch wahr war: Die Erstausgabe von „Grimms Märchen“ erschien. Jacob (1785-1863) und Wilhelm Grimm (1786-1859) hatten auf Anregung von Clemens Brentano (1778-1842) und Achim von Arnim (1781-1831) Märchen und Geschichten aus ihrem Bekanntenkreis gesammelt, sie mit märchenkundlichen Kommentaren versehen, so dass so ein Buchmärchenstil entstand, der bis heute charakteristisch für Märchen ist. In Preußen gab König Friedrich Wilhelm III. (1770-1840) als Teil der Reformen in seinem Reich das „Preußische Judenedikt“ heraus, in dem die Gleichstellung jüdischer Bürger in Preußen verfügt worden war. Diese rechtliche Gleichstellung hatte zur Folge, dass Juden Inländer und also preußische Staatsbürger wurden. Sie wurden nicht mehr als Fremde angesehen. So beeindruckend das auch war; es hatte nicht in allen Teilen Preußens Gültigkeit und war kein einheitliches Recht. Aber immerhin ein Anfang.
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Ereignisse & Schlagzeilen 1812
Im Jahre 1812
Jean Louis Burckhardt beschreibt erstmals hethitische Inschriften (Hama-Steine).
Im Januar 1812
Jean Baptiste Joseph Fourier legt seine Arbeit über Fourier-Reihen der Akademie der Wissenschaften in Paris vor.
1. Januar
Das Bürgerliche Gesetzbuch  tritt um Kaisertum Österreich in Kraft
7. Januar
Uraufführung der komischen Oper L'Homme sans façon ou Les Contrariétés von Rodolphe Kreutzer an der Opéra-Comique in Paris
24. Februar
Preußens König Friedrich Wilhelm III. liiert sich unter französischem Druck mit Napoléon Bonaparte für einen Kampf gegen Russland.
8. März
Uraufführung der Operette Feodore von Conradin Kreutzer in Stuttgart
11. März
Ein Edikt von König Friedrich Wilhelm III. verfügt die Gleichstellung jüdischer Bürger in Preußen.
12. März
Cádiz Cortes, erstellt im Exil die erste moderne spanische Verfassung.
19. März
In Spanien wird die Verfassung von Cádiz, die erste dieses Staates, veröffentlicht. Sie wird jedoch vom außer Landes befindlichen Monarchen Ferdinand VII. bereits zwei Jahre später nach Rückkehr außer Kraft gesetzt und der Absolutismus erneut eingeführt.
30. März
Uraufführung der Oper Conradin von Schwaben von Conradin Kreutzer in Stuttgart
4. April
Der US-Präsident James Madison erlässt ein 3-Monatiges Embargo über den Handel mit England
6. April
Die Napoleonischen Kriege auf der Iberischen Halbinsel führen zur Schlacht von Badajoz. Darin setzen sich die englisch-portugiesischen Streitkräfte unter dem Befehl von Arthur Wellesley, 1. Herzog von Wellington gegenüber der französischen Garnison in Badajoz durch. Die Einnahme des Ortes sichert Portugal vor weiterer Invasion.
30. April
Louisiana wird 18. Bundesstaat der USA.
11. Mai
Der britische Premierminister Spencer Perceval wird auf dem Weg ins Unterhaus von John Bellingham erschossen. Perceval ist das erste und bislang einzige Attentatsopfer als britischer Premierminister.
28. Mai
Der Frieden von Bukarest beendet den sechsten russisch-türkischen Krieg mit Territoritalzuwachs für Russland.
Im Juni 1812
Siméon Denis Poisson entwickelt seine Poisson-Gleichung für das elektrische Potenzial eines stromdurchflossenen Leiters.
18. Juni
Die USA erklären Großbritannien den Krieg. De so genannten Kriegs von 1812 beginnt.
24. Juni
Napoléon überschreitet mit der Grande Armée mit 500.000 Soldaten die Memel und greift Russland an.
12. Juli
Amerikanische Truppen unter Brigadegeneral William Hull greifen Kanada an.
17. Juli
Britische Truppen erobern zusammen mit indianischen Verbündeten in einem Handstreich die strategisch wichtige amerikanische Grenzfestung Fort Mackinac.
18. Juli
Der Friedensvertrag von Örebro beendet den am 17. November 1810 auf Druck Napoleon Bonapartes erklärten Schwedisch-Britischen Krieg, in dem es keinerlei Schusswechsel zwischen beiden Seiten gab.
22. Juli
Die Schlacht von Salamanca verlieren im Zuge der Napoleonischen Kriege auf der Iberischen Halbinsel die französischen Truppen unter General Marmont gegenüber der angreifenden alliierten Armee unter dem Befehl Wellingtons.
12. August
Die erste Zahnradbahn nimmt in England ihren Betrieb auf. Sie verbindet zum Kohletransport eine Kohlenzeche in Middleton (West Yorkshire) mit Leeds.
16. August
US-Truppen unter Brigadegeneral William Hull, die sich nach einem vergeblichen Invasionsversuch in Kanada nach Detroit zurückgezogen haben, kapitulieren kampflos vor einer zahlenmäßig unterlegenen britisch-indianischen Armee unter Sir Isaac Brock und Tecumseh.
17. August
Auf seinem Weg nach Moskau siegt das Heer Napoléon Bonapartes in der Schlacht bei Smolensk über die russische Westarmee unter Michael Andreas Barclay de Tolly.
19. August
Die amerikanische Fregatte USS Constitution (44 Kanonen) zwingt die britische Fregatte HMS Guerriere (38 Kanonen) nach einem verlustreichen Kampf zur Kapitulation. Das britische Schiff ist so schwer beschädigt, dass es versenkt werden muss. Der erste Seesieg eines regulären amerikanischen Kriegsschiffs gegen ein britisches Kriegsschiff erregt in den USA und Großbritannien großes Aufsehen.
22. August
Der als Araber getarnte Schweizer Jean Louis Burckhardt entdeckt die in Europa nur mehr gerüchteweise bekannte Felsenstadt Petra im Nahen Osten wieder.
31. August
Bei der Strandung des spanischen Truppentransporters Salvador im Mündungsgebiet des Río de la Plata sterben 470 der 600 Menschen an Bord. Es handelt sich um das schwerste Schiffsunglück in der Geschichte von Uruguay. Die Salvador befand sich auf dem Weg nach Montevideo, wo die auf ihr befindlichen Soldaten einen Aufstand gegen die spanische Kolonialherrschaft niederschlagen sollten.
7. September
Beginn der Schlacht von Borodino
14. September
Napoléon zieht kampflos in Moskau ein. In der Stadt bricht Feuer aus, das weite Teile der Stadt zerstört.
13. Oktober
Bei dem Versuch einer Invasion in Kanada erleiden die Amerikaner in der Schlacht von Queenston Heights eine schwere Niederlage gegen zahlenmäßig weit unterlegene britisch-indianische Truppen.
19. Oktober
Napoléon verlässt Moskau. Es beginnt der fluchtartige Rückzug der Grande Armée aus Russland, der sich bis in den Dezember hinzieht.
25. Oktober
Die US-amerikanische Fregatte USS United States (44 Kanonen) besiegt in einem Einzelgefecht die britische Fregatte HMS Macedonian (38 Kanonen) und zwingt sie zur Kapitulation.
26. Oktober
Uraufführung der Oper L'Inganno felice von Gioacchino Rossini am Teatro San Moisè in Venedig
3. November
Die Schlacht bei Wjasma bringt der auf dem Rückmarsch aus Russland befindlichen Grande Armée Napoleon Bonapartes eine Niederlage gegen besser motivierte russische Truppen.
24. November
Uraufführung der Oper L'occasinone fa il ladro von Gioacchino Rossini am Teatro San Moisè in Venedig
26. November
Beim Rückzug der Grande Armée aus Moskau erreichen die Franzosen die Beresina und beginnen den Fluss zu überqueren. An den geschlagenen Brücken entsteht am nächsten Tag Unordnung, welche die Russen zur Schlacht an der Beresina nutzen.
28. November
Britische Truppen wehren in der Schlacht am Frenchman's Creek einen erneuten amerikanischen Invasionsversuch in Kanada ab.
16. Dezember
Die geschlagenen Reste der Grande Armée überqueren die Memel und erreichen Ostpreußen. Nur 5.000 von ehemals 500.000 Soldaten haben die Flucht vor den nachrückenden russischen Verbänden überlebt.
18. Dezember
Ein Erdbeben fordert in San Juan Capistrano, Kalifornien, USA 40 Tote
20. Dezember
Auslieferung der ersten Exemplare von Grimms Märchen
30. Dezember
Die Konvention von Tauroggen wird unterschrieben. Der preußische General Yorck schließt einen lokalen Waffenstillstand mit Russland.