Das Modejahr 1993 - Die Jugend, eine besondere
Zielgruppe
Die Jugend, eine besondere Zielgruppe
Der Schlabber-Look der 70er ist tot – es lebe der
Schlabber-Look der 90er. So ließe sich umreißen, was auf
dem Modemarkt vor sich ging. Die männlichen Jugendlichen
waren es vor allem, die sich auf ihre Weise der Mode
verweigerten, sich so schräg wie möglich kleideten und
das dann schließlich zum Trend machten. Angesagt waren
Baggy Pants, auch Saggy Pants genannt. Nur der
Betrachter hatte das Problem, in ständiger Angst leben
zu müssen, die Hosen könnten den Jungs vom Hintern
rutschen. Die Jungs selbst gingen damit sehr lässig
einher. Sie wussten, dass sie mit diesen sackartig
herabhängenden Beinkleidern Aufsehen erregten.
Provokation durch Mode war nicht neu. Die Baggy
Pants
hatte kein Designer geschaffen. Ihr Ursprung lag in der
Kleidung amerikanischer Knasts. Wie von selbst hatten
sich die Hosen schon Anfang der neunziger Jahre
unbemerkt auf den Markt „geschlichen“. Sie breiteten
sich aus und nun hatten sie sich etabliert. Kaum ein
Jugendlicher ließ sich auf der Straße oder in den Clubs
sehen, ohne mit einer Baggy Pants bekleidet zu sein. Und
das Auge der Erwachsenen begann, sich daran zu gewöhnen,
auch wenn dem Aussehen der Sprösslinge etwas Brutales
anhaftete. Das war gewollt. Doch wer es noch nicht
gelernt hatte, lernte es spätestens jetzt: Das Aussehen
entsprach nicht auch gleichzeitig dem Charakter. Die
männlichen Teenager wollten nur ihre Zugehörigkeit
bekunden, wollten zu denen gehören, die eben „voll
drauf“ waren. Eine Erscheinung, die in jeder Generation
ihre eigenen Blüten treibt. Vor allem wollte man sich
abheben von der Spießigkeit der Erwachsenen, auch wenn
die gar nicht immer spießig waren. Die hängenden Hosen
wurden von denen, die besonders „cool“ waren, mit einem
Piratentuch als Kopfbedeckung oder einer Baseballkappe
ergänzt. Die trug man natürlich verkehrt herum.
Die Mode der weiblichen Jugend sah ganz anders aus. Sie
orientierte sich an den Siebzigern und kam auf
Plateauschuhen daher. Bauchfreie Häkelwesten und kurze
Pullover, deren Ärmel überlang und weit waren, fanden
reißenden Absatz. Und auch die blumigen Muster, die
knalligen Farben, die typisch für die langen
Schlabber-Kleider und Röcke waren, machten die
Rückbesinnung auf die Mode der Hippies deutlich. Da war
sie also, die Neo-Hippie-Szene. Bunt und fröhlich sahen
die Mädchen aus, bildeten einen modischen Kontrast zu
den Jungs in deren Knast-Bekleidung. Die Mädchen fanden
es besonders schick, sich dennoch von den 70ern
abzugrenzen und dem Outfit durch
Tattoos an den Armen
und den Händen einen modernen unverwechselbaren Touch zu
geben.
Rebellischer sahen die Jugendlichen aus, die sich dem
allgemeinen Trend verschlossen und ihre eigenen
Mode-Wege gingen. Grunge und Neo-Gothic hatten sich
ausgebreitet. Die Kleidung der
Anhänger des
Grunge-Musikstils war eine Mischung aus Verwahrlosung
und Romantik. Diese Garderobe wurde mit Argwohn
wahrgenommen. Die Gothic-Anhänger bevorzugten durchweg
Schwarz. So billig, wie die Jugend-Mode mitunter aussah,
war sie nicht. Die jungen Leute achteten sehr auf
Qualität. Wer nicht mithalten konnte, wurde zum
Außenseiter degradiert. Trendiges Aussehen war ein Muss.
Das Schwarz der Gothic-Mode hatte auch Eingang in die
Bekleidung der jungen Damen über Zwanzig gefunden. Doch
hier wurde der Kontrast zu Weiß bevorzugt. Weiße
Hemdblusen mit langen Ärmeln, deren Manschetten
unbedingt aufgeklappt werden mussten, verdeckten die
Hände. Es sah lässig aus. Dazu trug Frau eine schwarze
Netzjacke oder einen Netzpullover. Damit betonten die
Damen ihre Noch-Jugendlichkeit. Auch ein Bustier oder
ein transparentes Spitzenoberteil durfte unter einer
edlen Kostümjacke hervorschauen. Nichts wurde nach
Vorschrift getragen. Lust und Laune gaben den modischen
Ausschlag. Und die Rock- und Kleiderlängen wurden schon
lange von keinem Modediktat mehr beeinflusst. Außerdem
wurden unterschiedliche Längen in Kombination getragen.
Der Lagen-Look war nicht ganz neu, doch er lag im Trend.
Ralph Lauren und Hermés gehörten zu den Designern, die
ihre Luxus-Kleidung in sehr unauffälliger Eleganz auf
dem Catwalk präsentierten. Die jungen
Prêt-à-porter-Modemacher hingegen kreierten
Hoffnungslosigkeit.
Dieser Mode wirkte wiederum Britta Steilmann entgegen,
die in diesem Jahr den Preis „Öko-Managerin des Jahres“
erhielt.
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