DDR Chronik 1969 - 20 Jahre DDR
Während in den Vereinigten Staaten Richard Nixon von den
Republikanern zum neuen Präsidenten des Landes vereidigt
wurde, war im Januar in der DDR die sogenannte
Schrittmacherkonferenz in den Schlagzeilen. Sie fand in
Halle statt und diskutiert wurde über die Möglichkeiten
der Erhöhung der Arbeitsproduktivität in der DDR. Fragen
der Wirtschaft hatten in der DDR einen hohen
Stellenwert, denn das Land hatte nicht annähernd so ein
Wirtschaftswunder erlebt wie sein Nachbarstaat BRD.
Vorrang hatten aber auch die Angelegenheiten zum Schutz
der Grenzen zum Westteil Deutschlands. Bereits am ersten
Tag des Jahres wurde seitens der DDR damit begonnen,
Wachtürme aus Beton an der deutsch-deutschen Grenze zu
errichten. Im Volksmund wurden
derartige Aktionen damit
kommentiert, dass sich das Land zusehends mehr
einmauerte.
Zudem hatte die DDR-Regierung allen Mitgliedern der
Bundesversammlung bis zur geplanten
Bundespräsidentenwahl (5. März 1969), die in West-Berlin
stattfinden sollte, den Transit BRD-West-Berlin
verweigert. Dennoch fand die Bundesversammlung in
West-Berlin statt, auch wenn es heftige Proteste von der
Sowjetunion und der DDR gegeben hatte.
Ebenfalls im Frühjahr war die DDR bemüht, ihre
militärische Stärke zu zeigen, natürlich im Schatten der
Sowjetunion. Die Manöver der Nationalen Volksarmee (NVA)
und der Sowjetunion begannen Anfang März und dauerten
eine Woche.
So sehr sich die DDR auch um internationale Anerkennung
bemühte, die Bundesregierung sah diplomatische
Beziehungen zum Ostteil Deutschlands als „unfreundlichen
Akt“. Dennoch hatte Kambodscha als erstes
nichtkommunistisches Land diplomatische Beziehungen zur
DDR aufgenommen. Im selben Jahr hatte auch die
„Vereinigte Arabische Republik“ die DDR anerkannt. Vom
internationalen politischen Parkett war das Land
jedenfalls nicht mehr wegzudenken, auch wenn es mit der
internationalen Anerkennung nur schleppend voranging.
Einig waren sich die BRD und die DDR, was den
Atomwaffensperrvertrag anging. Die DDR ratifizierte ihn
im September und die Bundesrepublik unterzeichnete ihn
im November.
Das letzte Jahr des sechziger Jahrzehnts war auch das
Jahr der Mondlandung, bei der erstmals ein
US-amerikanischer Astronaut den Mond betrat. Es war das
Jahr von Woodstock und in der DDR war es auch das Jahr,
in dem einmal mehr der Individualismus von Staats wegen
verdammt wurde. So geschehen auf dem VI. Deutschen
Schriftstellerkongress, der im Mai stattfand und auf dem
der Roman „Nachdenken über Christa T.“ von Christa Wolf
verurteilt wurde – wegen Individualismus.
Kulturelle „Erfolge“ waren dennoch zu verzeichnen, denn
immerhin ging zum 20.jährigen
Republik-Geburtstag das
zweite Programm des Deutschen Fernsehfunks der DDR auf
Sendung und ein Teil wurde sogar in Farbe ausgestrahlt.
Und am gleichen Tag (3. Oktober) nahm der Fernsehturm am
Berliner Alexanderplatz seinen Sendebetrieb auf. Wenige
Tage später, genau zum Jahrestag der DDR-Gründung, wurde
der „Telespargel“, wie er in der Bevölkerung auch
genannt wurde, für das Publikum freigegeben. Das
Drehrestaurant und die Aussichtsplattform wurde von den
Bürgern angenommen, was an den langen Schlangen am
Eingang deutlich wurde.
Eine gute Nachricht gab es Ende Oktober auch in Sachen
Machtwechsel in der Bundesrepublik, die auch für die DDR
positive Folgen zu haben schien:
Willy Brandt, der
SPD-Politiker wurde Bundeskanzler. Einen Tag nach seiner
Wahl (am 28. Oktober) erklärte sich der neue
Bundeskanzler bereit, die DDR in ihrer Existenz als
zweiten deutschen Staat zu akzeptieren. Brandt wollte
gleichberechtigte Verhandlungen mit der DDR aufnehmen.
Das war kein Weg zur Wiedervereinigung, aber ein guter
Schritt, um die nachbarlichen Beziehungen auf eine
völkerrechtlich annehmbare Ebene zu heben.
Auch Walter Ulbricht, der Staats- und Parteichef der DDR
schlug seinerseits dem Bundespräsidenten Gustav
Heinemann in einem Brief die Aufnahme gleichberechtigter
Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und der DDR vor.
Heinemann leitete den Brief an die Bundesregierung
weiter. Das war im Dezember 1969 und so sah man auch in
der DDR dem nächsten Jahrzehnt recht optimistisch
entgegen.
Immerhin blickte das Land voller Stolz auf sein
zwanzigjähriges Bestehen zurück. Schließlich hatte kaum
ein westdeutscher Politiker der Existenz der DDR mehr
als ein Jahr gegeben. Doch es war mit der zunehmend
entgegengesetzten Entwicklung der DDR im Vergleich zur
Bundesrepublik anders gekommen. Die DDR hatte sich
sichtbar etabliert und auch die wirtschaftlichen Erfolge
waren nicht mehr zu übersehen. Auch in der westlichen
Staatengemeinschaft musste man die DDR allmählich ernst
nehmen.
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