Musikjahr 1936 – Billboard-Charts und eine weibliche Attraktion am Klavier
Unter dem NS-Regime wurde kunstvoll Sport und Musik
vereint. 1936 fanden die „Olympischen Winter- und
Sommerspiele“ statt, Werner Egk gewann als Komponist
den damit einhergehenden Kunstwettbewerb mit seinem
Orchesterwerk „Olympische Festmusik“.
Für die Nazis dienten die Spiele hauptsächlich der
eigenen Propaganda. Alles wurde perfekt in Szene
gesetzt, Fackellauf und Siege erfreuten den Führer,
alleine die Stimmung leicht trübend blieb der
Umstand, dass der schwarze Athlet Jesse Owen am
erfolgreichsten war.
Während Minderheiten und Juden weiter diskriminiert
und verfolgt wurden, planten die Nazis den Krieg.
Ein anderer Bürgerkrieg brach derweil in Spanien
aus. Faschisten unter Franco versuchten durch einen
Putsch an die Macht zu gelangen, der misslang und
auf überraschende Gegenwehr stieß.
Der Anfang des Jahres brachte auch im Bereich der
Musik Veränderung mit sich. Das
amerikanische
Magazin „Billboard“ veröffentlichte die erste Liste
beliebter Musiktitel und rief damit die von da an
geltenden Charts ins Leben.
Während in Russland Dimitri Schostakowitsch seine
Oper „Lady Macbeth von Mzensk“ aufführte, zu deren
Uraufführung auch Stalin kam, um dann wieder
heimlich zu verschwinden und eine Hetzkampagne gegen
den Komponisten zu starten, in deren Folge all seine
weiteren Aufführungen gestoppt und verboten wurden,
landete in Amerika Benny Goodman samt Orchester mit
dem Song „It’s Been So Long“ auf dem ersten Platz
der Hitparade. Billie Holiday interpretierte
wiederum den Song „Summertime“ aus dem Stück „Porgy
and Bess“ und war damit sehr erfolgreich.
Im gleichen Jahr bekamen
Bill Monroe und sein Bruder
Charlie ihren ersten Plattenvertrag. Sie gehörten
seit den Auftritten bei verschiedenen Radiosendern
und dem berühmten „Crazy Barn Dance“ zu einem der
erfolgreichsten Musiker-Duos der dreißiger Jahre.
Sie spielten „
Bluegrass“, eine Musikrichtung, die
nach dem Wiesen-Rispengras benannt wurde, das häufig
in Kentucky wuchs und blaugrüne Blätter aufwies. Die
Monroe-Brüder waren zwar phänomenal auf ihren
Instrumenten, jedoch auch sehr eigenwillig in ihren
Charakteren. Durch etliche Streitigkeiten trennten
sie sich 1938.
Einer der wichtigsten Country-Sänger war daneben Roy
Acutt, der 1936 mit dem Song „The Great Speckled
Bird“ aufkreuzte. Eigentlich strebte Acutt in jungen
Jahren eine Karriere als Profi-Sportler an, doch auf
dem Baseball-Feld bekam ihm die Sonne nicht, ein
Sonnenstich fesselte ihn ans Bett und er musste
seine sportlichen Ambitionen aufgeben. Als
Ausweichmöglichkeit erschien ihm die Musik richtig.
Tatsächlich war die Entscheidung nicht nur aus einer
Laune heraus getroffen, sondern mit harter Arbeit
verbunden. Er tingelte mit verschiedenen Musikern
von Jahrmarkt zu Jahrmarkt und machte mit der Musik
Werbung für Gesundheitsprodukte. 1933 schaffte er,
dass einige seiner Songs im Radio gesendet wurden.
1936 nahm er erste Schallplatten auf, mit Songs wie
„Wabash Cannonball“. Thema des Liedes war ein
mythischer Eisenbahnzug, der durch Amerika fuhr.
Insbesondere während den Jahren der „Großen
Depression“ bot der Song Trost und wurde von
etlichen Hillbilly-Musikern gespielt.
Im Bereich der Country-Musik waren 1936 die Hits „Get
Her By The Tail On A Downhill Grade“ und „The Nasty
Swing“ von Cliff Carlisle und „Steel Guitar Rag“ von
„Bob Wills and his Texas Playboys“ sehr beliebt.
Einer der populärsten Jazz-Songs wurde die Ballade
„These Foolish Things“. 1936 trat Benny Goodman
damit auf und erreichte mit diesem Song fünf Mal den
ersten Platz der Charts. In den Clubs und Tanzbars
war wiederum „It Is True What they say About Dixie?“
der Renner, ein Nummer-Eins-Hit von Jimmy Dorsey.
Andy Kirk war einer der wichtigsten Big-Band-Leader
dieser Zeit. 1936 landete er mit dem Hit
„Christopher Columbus“ in den Charts, einem
angehenden Swing-Klassiker. Die Hauptattraktion
seiner Big-Band war die Pianistin Mary Lou Williams,
die die Frau im Jazz populär machte und den Weg für
die geschlechtliche Gleichberechtigung bereitete.
Schon mit vier Jahren konnte Williams nach dem Gehör
Stücke nachspielen, die ihr die Mutter vorsang. Zwei
Jahre später war sie durch ihr eigenwilliges
Klavier-Können in der ganzen Nachbarschaft bekannt,
spielte als Wunderkind auf Partys der High-Society
oder zu Stummfilmen. Mit sechzehn Jahren heiratete
sie und wurde zum ersten Mal mit der Frage
konfrontiert, als Frau in einer Band mitspielen zu
dürfen. Der Saxophonist John Williams, ihr Ehemann,
sprach sich dafür aus und seine Frau wurde zur
einmaligen Attraktion am Piano. Sie konnte die
schwierigsten Kompositionen spielen, selbst wenn sie
diese nur ein einziges Mal gehört hatte. 1936 sorgte
sie für Hits wie „Walkin’ Swingin“ oder „In the
Groove“, spielte an der Seite von Jazz-Größen wie
Ben Webster, einer ihrer Geliebten, Coleman Hawkins
oder Lester Young. Mit Andy Kirk und den „Twelve
Clouds of Joy“ reiste sie 1936 durch Amerika und
beeindruckte Publikum und Musiker mit ihren
außergewöhnlichen Improvisationen.
Country-Musik 1936
In der Country-Musik des Jahres 1936 ist es eher
ruhig, wobei sich dennoch fünf besondere Hits
hervorheben. Darunter sind Roy Acuffs "The
Great-Spreckled Bird", "Steel Guitar Rag" von den
Bob Wills and his Texas Playboys, Cliff Carlisles "Get
Her By The Tail On A Downhill Grade" und "The Nasty
Swing", so wie das Lied von den Monroe Brothers "What
Would You Give In Exchange For Your Soul?".
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