Literatur 1936 Das literarische Jahr

Bei den Olympischen Sommer- und Winterspielen stellte sich Hitler 1936 mit Genuss einer großen Menge zu Schau, um die größte internationale Sportveranstaltung der Welt zu eröffnen und sie für seine Propaganda und Selbstdarstellung zu nutzen. Seinem Ruhm stand in diesem Jahr nichts im Wege, allein der Sieg eines Schwarzen mit vier Mal Gold trübte für einen Augenblick seinen Glanz.
In Spanien brach unter General Franco der Bürgerkrieg aus und einer der mutigsten Rebellen und Dichter wurde unter den Bedingungen des „weißen Terrors“ verhaftet und ermordet. Frederico García Lorca hatte sich zu häufig gesellschaftskritisch geäußert, war zudem auch noch homosexuell. Das war Grund genug, dem Dichter das Leben zu nehmen, der dadurch erst recht zum Idol einer ganzen Generation wurde. Lorcas Werk gehörte der „Generación del 27“ an. Hierbei handelte es sich um eine literarische Gruppe, die den spanischen und düsteren Barocklyriker Luis de Góngora bewunderte und Themen wählte, die sich mit der Liebe, der Gesellschaft, der Natur, dem Tod und politischen Missständen auseinandersetzten.
Von Louis-Ferdinand Céline erschien „Tod auf Kredit“, ein ähnliches Werk wie seine „Reise ans Ende der Nacht“, von Erich Maria Remarque der wunderbare und rührende Roman „Drei Kameraden“ und William Faulkner brachte „Absalom, Absalom!“ heraus, eines der bedeutendsten Werke des zwanzigsten Jahrhunderts, das mit dazu beitrug, dass Faulkner 1949 den Literaturnobelpreis erhielt.
Im Jahr 1936 erhielt diesen ebenfalls ein Amerikaner, nämlich Eugen O’Neill, ein in New York geborener Schriftsteller, der für sein dramatisches Werk ausgezeichnet wurde. O’Neill schrieb innerhalb von fünfzehn Monaten etliche Stücke und Gedichte nieder, da er sich zuvor gerade von einer schweren Tuberkulose erholt hatte, eine Zeit, die ihn stark prägte. O’Neill war damit der erste Dramatiker Amerikas, der den Literaturnobelpreis für sich beanspruchen durfte, wurde für die Ehrlichkeit und das Kraftvolle seiner Dramen geehrt.
Der Rumäne Micea Eliade, einer der Väter der Schamanismus-Forschung, Religionsforscher und Freund des Philosophen Emil Cioran veröffentlichte den als pornografisch verpönten Roman „Miss Christina“. Eliade sagte, dass jeder Mensch religiös im Geiste wäre, jedoch in der modernen Gesellschaft keine Religion mehr besaß. Er hinterfragte den Mythos der Religion in seinen philosophischen Werken, in seinen Romanen brachte er das Spirituelle und Mystische zum Ausdruck. „Miss Christina“ war die Geschichte zwischen einem jungen Mann und einem weiblichen Vampir, im Rumänischen „Strigoi“ genannt. Ein „Strigoi“ lebt wie ein normaler Mensch, nur einmal im Jahr kämpft er in einer Nacht bis Sonnenaufgang gegen andere seiner Art, ohne sich am nächsten Morgen daran zu erinnern. In Rumänien ist der Aberglaube immer noch verbreitet. So schändeten Bewohner eines rumänischen Dorfes aus Angst vor diesem Fabelwesen 2005 ein Grab, holten den Leichnam heraus, schnitten ihm das Herz heraus, verbrannten es und tranken die Asche in Wasser aufgelöst. Der Vorfall löste internationale Empörung aus und bestätigte in eigenartiger Art und Weise auch die Thesen Eliades.
Ebenfalls philosophisch waren die Schriften der Bestsellerautorin Ayn Rand, die eigentlich Alissa Sinowjewna Rosenbaum hieß und sich häufig mit Ethik, Ökonomie und Kapitalismus beschäftigte. 1936 erschien ihr Werk „Vom Leben unbesiegt“. Darin beschrieb Rand ihre Erfahrungen, die sie während ihrer Jugend in Russland machte, stellte sich dem Übel kollektiver Systeme als eine fiktive Zukunftsgeschichte, die eindeutig den Kommunismus verurteilte. Zu dieser Zeit gab es für die Linke sehr viele Sympathisanten, so wurde Rands Roman von verschiedenen Verlagen und auch Intellektuellen abgelehnt, darunter John Steinbeck. Von diesem erschien 1936 der Roman „Stürmische Ernte“.
Zu guter Letzt wurde eines der größten Werke aller Zeiten in diesem Jahr veröffentlicht, das verfilmt dann auch zum Kult des amerikanischen Kinos wurde, mit Clark Gabel und Vivien Leigh in den Hauptrollen. „Vom Winde verweht“ wurde der Bestseller par excellence und war von der Schriftstellerin Margaret Mitchell geschrieben worden. Im ersten Jahr verkaufte er sich gleich mehr als eine Millionen Mal und 1937 erhielt sie den „Pulitzer Preis“ dafür. Das Südstaatendrama, das während des Sezessionskrieges 1860 spielt, begann Mitchell bereits 1926, als sie von einem der seltenen Automobile angefahren wurde, auf einer ansonsten ruhigen Straße in Atlanta, und durch die schweren Verletzungen dann drei Jahre ans Bett gefesselt war. Sie vertrieb sich die Langeweile mit Schreiben und zehn Jahre später war das tausendseitige Manuskript dann vollendet. Mitchell passierte dieses Unglück gleich zweimal in ihrem Leben. Auch 1949 wurde sie von einem Taxi überfahren, wobei dieser Unfall dann tödlich ausging. Sieben Meter wurde die Schriftstellerin mitgeschleift, erlitt innere Verletzungen, Beckenbrüche und eine schwere Gehirnerschütterung. Fünf Tage später ereilte sie dann der Tod.
1991 erschien die von den Erben Mitchells autorisierte Fortsetzung des Bestsellers unter dem Titel „Scarlett“, geschrieben von Alexandra Ripley. Auch dieser Roman war ein unglaublicher Erfolg, kein Wunder, war die Figur Scarlett O’Hara längst zum Idol geworden.

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