1900
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Filmjahr 1900 – Technische Meisterleistungen in
Kurzfilm-Fassungen
Noch gab es keine Filmfestspiele oder
Premieren-Galas, aber es gab ernsthafte Bemühungen,
das Medium Film in der Unterhaltungsbranche zu
etablieren und mit dem Wenigen schon Großes zu
vollbringen.
Und es gab Uraufführungen, nicht viele, aber sehr
liebevoll und akribisch hergestellte Produktionen
gemäß den Möglichkeiten der damaligen Zeit.
Beispielsweise der Kurzfilm, dessen Originaltitel
„As Seen Through a Telescope“ lautet und der mit dem
Titel „The Professor and His Field Glass“ im April
1900 in Amerika zum ersten Mal gezeigt wurde. Über
seine Uraufführung in Großbritannien ist nichts
überliefert. In Frankreich hieß der Film „L’astronome
indiscret“.
Der Film hatte die spektakuläre Länge von einer
Minute. Die 3-Personen-Handlung war überschaubar.
Mit einem Fernrohr betrachtet ein älterer Herr die
Beine einer jungen Frau, wird dabei von einem jungen
Mann ertappt, der dem Älteren eine Ohrfeige
versetzt. Das klingt sehr simpel, doch der Film hat
durchaus seinen historischen Wert in der Entwicklung
des Genres. Er ist eine der ersten Produktionen, die
sich mit Voyeurismus befasst. Und eine kleine Moral
ließ sich auch erkennen. Der Regisseur, ein
britischer Filmpionier namens George Albert Smith
(1964-1959), lieferte mit diesem Kurzfilm eine der
frühesten und einflussreichsten Darstellungen des
szenischen Filmschnitts und trug damit wesentlich
bei, den unsichtbaren Schnitt zu etablieren, noch
heute eine der wichtigsten Montagetechniken des
klassischen Film. Smith leistete viel zur
Entwicklung des Films und das sowohl in technischer
als auch in künstlerischer Hinsicht. Er benutzte
nicht nur innovativ das Mittel des Filmschnitts,
sondern auch die Nahaufnahme. Jahre später gelang es
Smith mit dem Kinemacolor-System eines der ersten
Farbfilmverfahren zu entwickeln. Es wurden erste
Kameratricks angewandt, die auch der Film „Grandma’s
Reading Glass“ auswies, der ebenfalls im Jahr 1900
von Smith veröffentlicht wurde. Dieser Film dauerte
zwei Minuten. Die Handlung ist wieder eine kleine
Alltagsszene. Um die Buchstaben besser erkennen zu
können, liest eine ältere Dame mit einer Lupe in
einer Tageszeitung, die ihr Enkelsohn Willy dann
nimmt und staunt, dass die Dinge, die er betrachtet
größer werden. Hier wurden erstmals verschiedene
Kameraperspektiven genutzt und um die Szenen mit der
Lupe zu verdeutlichen, wurde dies durch ein rundes
Bild verstärkt. Die Rolle des Willy hatte in diesem
Film Harold Smith übernommen. Er war auch schon 1898
in der Produktion von George Albert Smith „Santa
Claus“ zu sehen gewesen. Und im Jahr 1900 spielte er
auch in „The House That Jack Built“ mit.
Der US-amerikanische Kameramann Arthur Marvin
(1859-1911), der mehr als 400 Filme in jener Zeit
mit der Kamera realisierte, führte 1900 auch Regie
und veröffentlichte am 26. April den ersten
Sherlock-Holmes-Film überhaupt – „Sherlock Holmes
Baffled“ (Sherlock Holmes Schikanen).
Im Oktober des Jahres 1900 wurde in Deutschland die
Firma Projection GmbH von Oskar Messter (1866-1943)
gegründet, einem Filmpionier, der ab 1896 die ersten
brauchbaren Filmprojektoren auf den Markt gebracht
hatte, der im November 1896 in der Berliner
Friedrichstraße das erste deutsche Kunstlichtatelier
eröffnete und der das Theater „Unter den Linden“
übernahm und zu einem Kino umfunktionierte. Seine
Firma Projection GmbH stellte Geräte für die
Filmtechnik her und produzierte auch Kurzfilme.
Der französische Regisseur Georges Méliès
(1861-
1938), der ebenfalls als Filmpionier in die
Geschichte einging, veröffentlichte in jenem Jahr
1900 den Film „Jeanne d’Arc“. Méliès war einer der
drei Darsteller in dem 11-Minuten-Film. Dieser
Stummfilm wurde gänzlich handkoloriert. Méliès gilt
zudem als Erfinder des „narrativen Films“ und der
Stop-Motion-Filmtechnik. Die Premiere von „Jeanne
d’Arc“ war am 11. November. Im selben Monat
veröffentlichte Thomas Alva Edison () den
Stop-Motion-Animationsfilm „The Enchantes Drawing“
von J. Stuart Blackton (1875-1941), einem
britisch-US-amerikanischen Karikaturisten,
Filmproduzenten, Regisseur und Pionier des
Animationsfilms. In diesem Film hatte Blackton neben
der Regie auch die alleinige Darstellung übernommen.
Dauer des Films: zwei Minuten.
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