Die schleswig-holsteinische Geschichte bezieht sich territorial im Wesentlichen
auf das Gebiet, das dem Territorium des nördlichsten deutschen Bundeslandes
Schleswig-Holstein entspricht. Nicht zum Bundesland Schleswig-Holstein gehört
der 1920 als Region Sønderjylland an Dänemark abgetretene nördliche Teil des
Landesteils Schleswig, der wie die 1937/38 an Hamburg gefallenen Gebiete von
Altona und Wandsbek, über Jahrhunderte Schauplatz schleswig-holsteinischer
Geschichte gewesen war.
Die nicht nur Nicht-Norddeutschen häufig kompliziert erscheinende
schleswig-holsteinische Geschichte spielte sich bis zur Gründung des Landes
Schleswig-Holstein 1946 (ab 1949 Bundesland) in mehreren, zum Teil parallel
nebeneinander existierenden, zum Teil zeitlich aufeinander folgenden politischen
Gebietskörperschaften ab. Neben den zeitweise miteinander vereinigten, zeitweise
sich bekriegenden Herzogtümern Holstein und Schleswig spielten auch das bis 1876
als politische Einheit überdauernde Herzogtum Lauenburg, die bis 1559
unabhängige Bauernrepublik Dithmarschen, die erst ab 1937
schleswig-holsteinische Hansestadt Lübeck und der ebenfalls erst 1937 in
Schleswig-Holstein aufgehende, bis dahin zu Oldenburg gehörende Landesteil
Lübeck (heute Teil des Kreises Ostholstein) bedeutende Sonderrollen.
Die schleswig-holsteinische Geschichte wurde durch weitere Sonderheiten
zusätzlich kompliziert: So galten die Landesteile Holstein und Schleswig zwar
spätestens seit 1460 als ideell unteilbar („up ewig ungedeelt“), ihre Gebiete
waren aber de facto über Jahrhunderte unter verschiedenen Herrschaften
aufgeteilt, wobei die weitgehend autonomen Güter („Adlige Güter und Klöster“)
des eingesessenen Adels („Schleswig-Holsteinische Ritterschaft“) wiederum
gemeinschaftlicher Oberherrschaft oft miteinander verfeindeter Landesherren
unterstanden. Ferner wurde die schleswig-holsteinische Geschichte dadurch
bestimmt, dass zwar Holstein, Lübeck und Lauenburg zum Gebiet des Heiligen
Römischen Reiches deutscher Nation beziehungsweise zum Deutschen Bund gehörten,
der Landesteil Schleswig aber nicht. Und ebenso bestimmend war über Jahrhunderte
das Verhältnis zur dänischen Monarchie, zu der Holstein und Schleswig in
unterschiedlicher Ausprägung in Personalunions-, aber zeitweise auch in
faktischer Realunions-Beziehung gestanden haben. Von nicht unerheblicher
Bedeutung war nicht zuletzt auch die ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung
aus Deutschen, Dänen und Friesen.
Die historische Chronologie Schleswig-Holsteins lässt sich grob in drei
Zeitabschnitte gliedern. Der der „Dänischen Gesamtstaatszeit 1773-1864“
vorangehenden Epoche sowie der dem Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 folgenden
Zeit als preußische Provinz beziehungsweise als Land der Bundesrepublik
Deutschland.
Die erste dauerhafte Besiedelung Schleswig-Holsteins durch germanische und
slawische Bauern wird auf die Zeitmarke 4000 v. Chr. Geb. datiert. Vorher hatten
bereits nomadisierende Jäger und Sammler nach Ende der letzten Eiszeit das Land
durchstreift.
Im Ostteil des späteren Landesteils Schleswig siedelten nordgermanische Jüten
und Dänen, im Westteil Friesen, im Südosten von Holstein Slawen und im übrigen
Holstein die zum Westgermanen-Großstamm der Sachsen gezählten Dithmarscher,
Holsten und Stormarn.
Im Zusammenhang mit durch Witterungsverschlechterungen ausgelösten
Völkerwanderungen wanderten im ausgehenden Altertum Gruppen des im Schleigebiet
ansässigen Germanenstamms der Angeln nach England aus. Dort vereinigten sie sich
mit anderen niedersächsischen Stämmen und entwickelten sich als „Angelsachsen“
zur ur-englischen Bevölkerung.
Mit der Gründung des wichtigen Handelsplatzes Haithabu (in der Nähe der heutigen
Stadt Schleswig) Ende des 8. Jahrhunderts durch Jüten und Dänen entstand die
erste größere Siedlung der Region. Haithabu wurde Mitte des 11. Jahrhunderts bei
einem Angriff norwegischer Wikinger zerstört.
Im Zuge der Christianisierung wurde das sächsisch besiedelte Holstein Ende des
8. Jahrhunderts vom Frankenreich dominiert und wurde in Folge schließlich Teil
des Heiligen Römischen Reiches. Nördlich der Linie Eider-Schlei begann die
Einflusssphäre der dänischen Könige, wobei sich in Grenznähe allmählich ein von
der dänischen Zentralmacht mehr oder weniger unabhängiges dänisches Herzogtum
Schleswig ausbildete.
Nach der kurzeitigen und durch die Schlacht bei Bornhöved 1227 beendeten
Vereinigung aller nordelbischen Gebiete unter der Herrschaft des Dänen-Königs
Waldemar II. setzten sich in Holstein die zunächst noch nominell den schwachen
Lauenburger Herzögen lehnspflichtigen Schauenburger Grafen als Landesherren
durch. Der einflussreiche und selbstbewusste holsteinische Adel („Ritterschaft“)
verstand es, sich zahlreiche Privilegien zu verschaffen. Zudem breitete sich
dieser Landadel durch Kauf und Fehde auch nördlich der Eiderlinie aus und
verdrängte den dort ansässigen dänischen Adel. Nachdem die Schauenburger Grafen
1386 vom dänischen König als Dank für militärische Unterstützung vorübergehend
mit einem Großteil des Herzogtums Schleswig belehnt worden waren, entstand
endgültig ein gemeinsames schleswig-holsteinisches Bewusstsein.
Nach Aussterben der Schauenburger Hauptlinie erreichte es der
schleswig-holsteinische Adel, dass Holstein (seit 1474 Herzogtum) und Schleswig
einen gemeinsamen Herrscher bekamen. Im „Ripener Freiheitsbrief“ (1460) wurden
dem Adel vom aus dem Haus Oldenburg stammenden dänischen König Christian I.
nicht nur ihre Privilegien bestätigt, sondern auch die Garantie, dass Schleswig
und Holstein stets einen gemeinsamen Herrscher haben würden. Die in
Personalunion als König-Herzog sowohl über Holstein als auch über Schleswig als
eigenständige Herzogtümer regierenden dänischem Könige haben die Herrschaft über
das Land im Verlauf von dynastischen Erbfolgeregelungen zwar bald geteilt, doch
blieb die Fiktion eines gemeinschaftlichen Schleswig-Holsteins erhalten. In der
frühen Neuzeit war das Land in viele nicht zusammenhängende Gebietsstreifen
zwischen den dänischen Königen und den Gottorfer Herzögen aufgesplittert. So war
zum Beispiel das 1559 eroberte Westküstenland Dithmarschen in das herzogliche
Norderdithmarschen und das königliche Süderdithmarschen geteilt.
Das 17. und das 18. Jahrhundert waren durch ständige Konflikte zwischen der
dänischen Monarchie und den ebenfalls in Schleswig und Holstein regierenden
Gottorfer Herzögen bestimmt. Dieser Konflikt hatte gesamteuropäischen Charakter,
weil die Gottorfer zeitweilig die Dynastien in Schweden und Russland stellten.
Schließlich setzten sich die dänischen Könige aber durch und vereinigten die
beiden Herzogtümer unter ihrer Krone. Als eigenständige Teile des
supranationalen „Dänischen Gesamtstaates“, zu dem auch Norwegen und Island
gehörten, wurden Holstein und Schleswig bis 1864 von Kopenhagen aus regiert. Der
besondere Zusammengehörigkeitscharakter beider Herzogtümer wurde unter anderem
durch gemeinsame Verwaltungs- und Rechtsvorschriften betont.
Im Zusammenhang mit den deutschen und dänischen Nationalbewegungen versuchten
die so genannten „Eiderdänen“ Schleswig staatsrechtlich dem dänischen Königreich
vollkommen einzuverleiben und riefen damit den Protest deutscher
Schleswig-Holsteiner hervor. Diese Schleswig-Holsteiner forderten ihrerseits ein
von Dänemark unabhängiges Schleswig-Holstein unter der Herrschaft des
Augustenburger Herzogs Friedrich. 1848 entwickelte sich dieser Konflikt zum
„Schleswig-Holsteinischen Krieg 1848 - 1851“, den die Schleswig-Holsteiner
„Erhebung“ und die Dänen „Aufruhr“ nannten. Mit der Unterstützung von Truppen
des Deutschen Bundes etablierte sich eine provisorische schleswig-holsteinische
Regierung, die aber nur von wenigen Staaten anerkannt wurde. Nachdem Preußen und
die anderen Staaten des Deutschen Bundes auf britischen Druck hin aus dem Krieg
ausgeschieden waren, wurde die auf sich allein gestellte schleswig-holsteinische
Armee von den überlegenen dänischen Truppen in der Schlacht von Idstedt 1850
vernichtend geschlagen. Als Ergebnis internationaler Konferenzen wurde der
bisherige Status von Schleswig und Holstein bestätigt.
Die Problematik zwischen Dänen und Deutschen blieb aber bestehen und belastete
das Verhältnis zwischen Staat und Bevölkerung entscheidend. Als Dänemark durch
die Einführung einer neuen Verfassung 1863 gegen Schleswig-Holstein betreffende
Friedensvertragsregelungen verstieß, marschierten preußische und österreichische
Truppen 1864 ein und schlugen in einem kurzen Feldzug die dänische Armee.
Dänemark musste sowohl auf Schleswig und Holstein als auch auf das erst 1815 im
Austausch gegen Norwegen erhaltene Herzogtum Lauenburg verzichten. 1866/67 fiel
das Land in Gänze an Preußen, nachdem es zwei Jahre als
preußisch-österreichisches Kondominium verwaltet worden war, als Ergebnis des
„Deutschen Krieges“ (1866). Zur Enttäuschung vieler Schleswig-Holsteiner setzte
sich der preußische Ministerpräsident Bismarck nicht für die Etablierung eines
eigenständigen Herzogtums Schleswig-Holstein ein, sondern machte das Land auch
noch zur preußischen Provinz.
Das als Teil Preußens ab 1871 zum Deutschen Reich gehörende Schleswig-Holstein
musste nach einer Volksabstimmung 1920 den mehrheitlich dänisch besiedelten
Nordteil Schleswigs an Dänemark abtreten. Das in der Weimarer Republik als
Schauplatz heftiger Bauernproteste („Landvolkbewegung“) und NS-Hochburg bekannte
Land überstand den Zweiten Weltkrieg relativ unbeschadet und wurde deshalb ab
1945 Zielpunkt von Millionen Flüchtlingen. 1946 setzte die britische
Militärregierung den ersten Landtag ein. Ein Meilenstein in der Geschichte der
Völkerverständigung wurden 1955 die beispielhaften Bonn-Kopenhagener
Erklärungen, die die Grundlage für einen musterhaften Minderheiten-Schutz
beiderseits der deutsch-dänischen Grenze bildeten.
In der unmittelbaren Nachkriegszeit hatte Schleswig-Holstein mit dem Ruf zu
kämpfen, Unterschlupfgebiet für Alt-Nazis zu sein. In der jüngeren Geschichte
machte das Bundesland zwischen den Meeren vor allem durch die
Auseinandersetzungen um das Atomkraftwerk Brokdorf und durch die Barschel-Affäre
von sich reden.
Schleswig-Holstein ist das erste Bundesland, in dem eine Frau (Heide Simonis,
1993) an die Spitze einer Landesregierung gewählt worden ist.