Die Geschichte des Biers

Nach Wasser und
Kaffee belegt Bier mit etwa 100
Litern Pro-Kopf-Jahres-Verbrauch (2011) den dritten
Platz im Mengen-Ranking der in Deutschland
konsumierten Getränke. Der Trend ist allerdings
deutlich rückgängig. Noch 1999 trank jeder Bewohner
Deutschlands im Durchschnitt 127 Liter Bier. Heute
ist Bier in Deutschland und der übrigen Bier-Welt
vor allem ein relativ alkoholreiches, volkstümliches
Genussmittel.
In vergangenen Zeiten war Bier dagegen für viele
Kulturen weltweit ein Grundnahrungsmittel, das
allerdings nur bedingt mit Pilsener, Kölsch & Co.
vergleichbar war. Gemeinsam ist dem heutigen Bier
mit den Ur-Bieren, dass es sich dabei um eine auf
Grundlage von verzuckerter Stärke hergestellte
alkoholische Flüssigkeit handelt, bei der die Stärke
aus Getreide oder, selten, aus Gemüse gewonnen wird.
Biere werden nicht destilliert.
Die ersten Biere sind wahrscheinlich vor etwa 10.000
Jahren in Anatolien oder Mesopotamien hergestellt
worden. Die ältesten archäologischen Hinweise auf
Bier sind etwa 5000 Jahre alt und stammen aus dem
westlichen Iran. Zufällig feucht gewordenes
Getreide, das gekeimt hat, dürfte Ausgangspunkt für
die ersten Bierbrauer gewesen sein, die das bis
heute gültige Grundverfahren entwickelten. Die
gekeimten Getreidekörner werden beim Brauen
getrocknet („Malz“). Das Malz wird zerkleinert und
in erhitztes Wasser gegeben. Durch Rühren entsteht
ein Brei („Maische“) und die Stärke im Malz wird
unter Mitwirkung von Enzymen in Malzzucker
umgewandelt. Die festen Bestandteile („Treber“)
werden von der Flüssigkeit („Würze“) getrennt
(„Läuterung“) und es entsteht ein leicht
alkoholisches Getränk. Durch Ergänzung dieses
Vorgangs im Rahmen technisch ständig erweiterter
Bearbeitungsmethoden, zu der die gewillkürte Zugabe
von Hefe und anderer, den Geschmack verbessernden
Zutaten, wie dem bitteren Hopfen, gehörte, entstand
im Laufe der Zeit das heutige sortenreiche Bier.
Das Urbier genoss als „flüssiges Brot“ große
Bedeutung bei den alten Kulturen. In Mesopotamien
waren bereits vor über 4000 Jahren mehr als zwanzig
verschiedene Biersorten bekannt, die aus Emmer
(Zweikorn) und Gerste gebraut wurden. In der
sumerischen Gesetzessammlung Codex Hammurabi wurde
1700 v. Chr. das weltälteste Biergesetz aufgenommen.
Bierpanschern drohten drastische Strafen, zu denen
auch das Ertränken in Bierfässern gehörte. In
Ägypten war das Bierbrauen in staatlicher
Monopol-Hand. Die übliche Bezahlung von
Staatsbediensteten erfolgte in Brot und Bier. Im
antiken Griechenland und in Rom war Bier („Cervisia“)
zwar ebenfalls bekannt, spielte aber neben dem hier
favorisierten Wein keine bedeutende Rolle.
Auch nördlich der Alpen wurde lange vor Christi
Geburt Zeit Bier gebraut und konsumiert. Hier waren
zunächst eingeweichte
Brote, die durch die Zugabe
von wilder Hefe vergoren waren, die Grundlage von
Bier, später wurde die Bierwürze direkt aus Getreide
hergestellt. Bier galt den Römern als das „Getränk
der Germanen“. Das üblicherweise mit der
variantenreiche Kräutermischung Grut (auch „Gagel“
genannt) gewürzte, nur schwach alkoholische Bier war
bis in die frühe Neuzeit das allgemeine
Volksgetränk. Wegen seiner durch den Brauvorgang
bewirkten relativen Keimfreiheit wurde es dem oft
belasteten Wasser vorgezogen und diente häufig auch
als Suppenersatz. Seit dem ausgehenden Mittelalter
setzte sich Hopfen als Bierzusatz gegenüber Grut
durch. Vor allem, weil Hopfen die Lager- und
Transportfähigkeit des wichtigen Wirtschaftsguts
verbesserte. Bier wurde in Klöstern gebraut, aber
auch in unzähligen, meist kleinen Brauereien. Das
begehrte, oft innerhalb einer Familie vererbte,
Recht, Bier brauen zu dürfen, war Gegenstand
hoheitlicher Privilegiengesetzgebung. Mit einer 1516
von bayerischen Herzögen in Ingolstadt erlassenen
Landesordnung wurde das bayerische Reinheitsgebot
festgelegt, nach dem Bier ausschließlich aus Wasser,
Hopfen und Gerste hergestellt werden dürfe und auf
das das Biersteuergesetz von
1923 Bezug nahm. Deren
Reinheits-Vorgaben wurden auch durch das deutsche
Vorläufige Biergesetz von 1993 fortgesetzt. Danach
dürfen in Deutschland untergärige, also bei
Gärungs-Temperaturen von 8 °C bis 14 °C gebraute,
Biere ausschließlich aus Gerstenmalz, Wasser und
Hopfen hergestellt werden (§1 I). Für obergärige
Biere (18 °C und 24 °C,) dürfen auch andere
Getreidemalze, zum Beispiel Weizenmalz, sowie Zucker
verwendet werden (§1 II).
Obergäriges Bier, für das die Beigabe der bis zum
Ende des Mittelalters einzig bekannten Hefeart Saccharomyces cerevisiae („Obergärige Hefe“)
notwendig ist, ist die im Vergleich zum untergärigen
Bier ältere Bierkategorie. Für die untergärigen
Sorten sind neben Beigabe von untergäriger Hefe (Saccharomyces
uvarum) bestimmte Kühlvoraussetzungen erforderlich,
die zunächst lediglich in Gegenden mit kalten
Wintern gegeben waren. Erst nach der Erfindung von
Kühlmaschinen begann das besser zu lagernde und
weniger für Schimmelbefall anfällige untergärige
Bier von Bayern aus das bis dahin dominierende
obergärige Bier mengenmäßig zu übertreffen.

Die wichtigste untergärige Biersorte ist das helle
und würzig-bittere Pils oder Pilsener (
in der
Schweiz „Spezialbier“ genannt), das etwa zwei
Drittel des deutschen Biermarkts abdeckt und einen
Alkohol-Gehalt von zumeist 4,8 bis 5,0 % aufweist.
Abgeschlagen in der Beliebtheit ist das bis in die
1970er Jahre sehr populäre, etwas alkoholstärkere
Export. Weitere untergärige Nischenbiere sind das
Märzen, das in Österreich allerdings die
dominierende Biersorte ist und das häufig mehr als 6
% Alkoholvolumen aufweist, sowie das starke
Bockbier, dessen Name vom Brauort Einbeck abgeleitet
ist. Bockbiere sind Starkbiere, die zumeist mehr als
7 % Alkoholgehalt haben. Doppelbockbiere können es
sogar auf mehr als 16 % Alkoholgehalt bringen. Als
eine Art Oberbegriff hat sich insbesondere im
nichtdeutschsprachigen Raum die Bezeichnung
„Lagerbier“ für mittelstarke Vollbiere eingebürgert.
Bekannte obergärige Biersorten sind die
dunkelbernsteinfarbenen, in freundlicher Feindschaft
miteinander konkurrierenden rheinischen Biersorten
Kölsch und Alt. Das wichtigste obergärige Bier ist
aber zweifellos das erfrischende Weizenbier
(Weißbier), das insbesondere als Kristallweizen und
als Hefeweizen zahlreiche Liebhaber hat. Ansonsten
ist der Bierkosmos weltweit von einer unübersehbaren
Bandbreite von Spezialbieren belebt, zu denen
belgische Fruchtbiere, österreichische Waldbiere
(mit Tannengeschmack), britische Barley Wine Ales
und irisches Porter und Stout gehören.
Weltweit werden etwa zwei Milliarden Hektoliter Bier
(
2012) produziert. Deutschland steht mit seinem
Bierausstoß von rund 95 Millionen auf Platz 5 der
Brauländer. Die Bier-Nr.1 ist die VR
China mit fast
einer halben Milliarde Hektolitern, gefolgt von den
USA,
Brasilien und
Russland.