Die Geschichte des Kaffees

Nach Rohöl ist Kaffee heute das zweitwertvollste Handelsgut der Welt. In Deutschland ist er ein Volksgetränk. Mit durchschnittlich 146 Liter pro Person und Jahr trinken die Deutschen mehr Kaffee als Bier oder Wasser. In den vergangenen Jahren öffneten hierzulande zahlreiche Kaffeebars und Spezialgeschäfte.
Das Lebensgefühl eines Kaffeegenießers brachte schon vor etwa 300 Jahren der irische Autor und Satiriker Jonathan Swift auf den Punkt: „Die beste Methode, das Leben angenehm zu verbringen, ist, guten Kaffee zu trinken. Wenn man keinen haben kann, so soll man versuchen, so heiter und gelassen zu sein, als hätte man guten Kaffee getrunken.“

Herkunft und Legenden
Der Ursprung des Kaffees liegt in den Wäldern des alten Königreichs Kaffa im Hochland von Abessinien (Äthiopien). Der Legende nach entdeckten Ziegenhirten, dass einige ihrer Tiere abends noch sehr munter herum sprangen, während sich die meisten anderen bereits zur Ruhe legten. Diese Ziegen hatten an den
grünen, gelben oder roten kirschartigen Früchten eines dunkelgrünen Strauches geknabbert. Bald kauten auch, deren anregender Wirkung wegen, die Hirten und durchziehende Nomaden die Samen des Kaffeestrauches.
Spätestens im 9. Jahrhundert brauten sich die Einheimischen aus den bunn, wie sie die Früchte des Strauches nannten und woraus sich unsere Bezeichnung „Kaffeebohne“ herleitet, ein aromatisches Getränk. Zunächst verdünnten sie einfach den gegorenen Saft der bunn mit Wasser. Schon bald entdeckten sie, dass ein heißer Aufguss mit zerstoßenen Früchten wesentlich aromatischer schmeckte.
Bis zum 11. Jahrhundert hatten die Araber die Kaffeepflanzen um das gesamte Rote Meer herum verbreitet und bauten sie auf künstlich bewässerten Pflanzungen an den Berghängen an. Im heutigen Jemen entdeckten Bewohner, dass sich durch Rösten der Früchte das Aroma des Getränks nochmals verbessern ließ. Vermutlich stand die Hafenstadt Mokka (heute al-Mukha) als Name für das anregende arabische Getränk Pate. Das Wort Kaffee selbst hat seinen Ursprung im altarabischen „qahwah“, eigentlich der Wein, der den Moslems zu genießen verboten war. Türken kamen schließlich auf die geniale Idee, das bei ihnen „kahweh“ bezeichnete Getränk als „Wein des Islam“ zu titulieren. Über das Osmanische Reich gelangte das Getränk und dessen Name später nach Europa und die Deutschen übernahmen die Bezeichnung als „Kaffee“.

Heilmittel und Teufelsdroge
Für die gläubigen Moslems besaß der Kaffee magische Kräfte, er galt ihnen als Droge und Heilmittel. Bereits Anfang des 11. Jahrhunderts empfahl der berühmte persische Arzt und Philosoph Ibn Sina (Avicenna) Kaffeebohnen als stimulierendes Pharmakon.
Lange Zeit genossen die Araber das rabenschwarze Getränk zu ihren Gebetsstunden in der Moschee. Anfang des 16. Jahrhunderts öffneten erste Kaffeestuben – Schulen der Weisheit genannt – für die Pilger, die zu den heiligen Stätten nach Mekka und Medina kamen. Den Schriftgelehrten des Korans gefiel das gar nicht. Sie setzten ein Verbot der „Kaffeehöhlen“ durch, in denen der „Teufelstrank“ ausgeschenkt wurde.
Den Siegeszug des Getränks konnte aber auch keine Religion mehr aufhalten. Der Sultan von Kairo hob das Verbot zwanzig Jahre später wieder auf. Nicht nur, dass er selbst Gefallen an dem aromatischen Getränk fand; die Kaffeehäuser entwickelten sich zu einer lukrativen Steuereinnahmequelle. Die Türken brachten mit der schrittweisen Eroberung des Byzantinischen Reiches den Kaffee nach Europa. 1554 öffnete in Konstantinopel das erste Kaffeehaus auf europäischem Boden. Es soll sehr prächtig mit Teppichen und Bildern geschmückt gewesen sein. Auch dort ging das mit heftigen Auseinandersetzungen mit dem islamischen Klerus und dem verbündeten Sultanat einher. Noch Ende des 16. Jahrhunderts erließ Murad III. ein Kaffeeverbot, sein Nachfolger verfolgte Kaffeetrinker und ließ Kaffeehäuser zerstören. Doch auch die Türken ließen sich ihren Genuss nicht verbieten. Manches Lokal überlebte, als Barbierladen getarnt, bis zur Anerkennung des Getränks durch die Staatsmacht 1839. Trotz Bedrängnis waren es die Türken, die die Zubereitung des Gebräus aus gerösteten Bohnen zu einer großen Kunst entwickelten.

Der Weg um die Welt
Die Araber behandelten den Kaffeeanbau als Staatsgeheimnis und verboten die Ausfuhr keimfähiger Kaffeebohnen. Dennoch gelangten Ende des 16. Jahrhunderts Nachrichten über den Kaffee nach Europa. Der Augsburger Stadtphysikus Leonhard Rauwolf, der 1573 ein Kaffeehaus im syrischen Aleppo besucht hatte, veröffentlichte 1582 den ersten Augenzeugenbericht. Auch wenn er das starke und bittere Getränk noch als Kuriosum schilderte, fanden sich bald in weiten Teilen Europas Anhänger und Genießer des Kaffees. Geheuer war er auch den christlichen Kirchenhäuptern nicht und so forderten diese den Kirchenbann für das „Teuflische Getränk“. Doch Papst Clemens VIII. (1592–1605) wollte sich selbst überzeugen und kam zu dem Ergebnis, das es Sünde wäre, so ein köstliches Getränk allein den Ungläubigen zu überlassen.
1645 befand sich in Venedig das erste Kaffeehaus im christlichen Europa. Nun breitete sich der Kaffeegenuss schnell über Europa aus, auch wenn es aus Kostengründen lange Zeit ein Getränk der besseren Gesellschaft blieb. Oxford, London, Marseille und Paris besaßen bald entsprechende Häuser. 1673 bekam Bremen das erste Kaffeehaus im deutschen Sprachraum. Es folgten 1677 Hamburg, 1685 Wien, ein Jahr später Regensburg, 1694 Leipzig und 1721 schließlich auch Berlin mit dem Kaffeeausschank.
Friedrich der Große versuchte mit einem staatlichen Kaffeemonopol seine Kriegskasse zu füllen. Er stellte sogar so genannte „Kaffeeriecher“ an, die das Verbot des Kaffeeröstens für Privatleute überwachen sollten. Doch seine Untertanen erwiesen sich als sehr kreativ, um in den Genuss des „Türkentranks“ zu kommen. 1787 schaffte Preußen das staatliche Monopol wieder ab.
Die europäischen Kolonialbeamten und Weltentdecker witterten bald das große Geschäft mit dem Kaffee

und wollten es den Arabern entreißen. Die Holländer unternahmen im 17. Jahrhundert erste Versuche, die Sträucher außerhalb Afrikas und Arabiens anzubauen. Ab 1710 gelangten einzelne Pflanzen in Botanische Gärten Europas. 1690 wurde die erste Kaffeeplantage auf Ceylon angelegt und ab 1696 wuchs auch auf Java Kaffee. Nach Surinam in Südamerika kamen die ersten Pflanzen 1718 wiederum durch holländische Kolonialisten. Die Franzosen verbreiteten die Gewächse in den folgenden Jahren in ihren karibischen Besitzungen. Zehn Jahre später pflanzten auch Portugiesen die ersten Sträucher in Brasilien an. Damit gehörte der Kaffee Ende des 18. Jahrhunderts zu den am weitesten verbreiteten Kulturpflanzen der Welt, allerdings gleichzeitig als eine wesentliche Triebkraft für Sklavenhandel und Sklavenarbeit auf den lateinamerikanischen Plantagen.
Die Europäer erlangten eine derartige Vormachtstellung im Kaffeehandel, dass sie im 19. Jahrhundert sogar das Osmanische Reich, von wo der Siegeszug des Getränks einst ausging, mit den Bohnen versorgte. Gleichzeitig verbilligte sich das Produkt derartig, dass es in Europa zur selben Zeit zum Volksgetränk wurde. Ärmere Bevölkerungsschichten kochten sich aus den Kaffeebohnen oft eine Suppe, die mit Brotstücken gegessen wurde. Dies hatte eine den Hunger dämpfende Wirkung, sättigte und regte gleichzeitig an. Auch die Tasse Kaffee zum Frühstück oder nach dem Mittagsmahl kam in dieser Zeit in Mode.
1901 entwickelte der Japaner Sartori Kato den löslichen Kaffee, der ab 1938 von der Firma Nestle als Instantkaffee vermarktet wurde. 1905 gelang es Ludwig Roselius den ersten entkoffeinierten Kaffee herzustellen und als „Kaffee HAG“ zu vertreiben. Die Bedeutung des Kaffeehandels und –genusses in der heutigen Welt machen zwei Zahlen besonders deutlich: 1750 wurden 600 000 Sack Kaffeebohnen gehandelt, während der heutige Verbrauch bei über 100 Millionen Sack liegt.