DDR 1979 – DDR-Agent floh in den Westen, Familie
nahm den Heißluftballon
Das war ein schlimmer Jahresbeginn für das Ministerium
für Staatssicherheit (MfS) der DDR: Der Oberleutnant des
MfS Werner Stiller war am 18. Januar in den Westen
übergelaufen. Das zog die Enttarnung von 14 Agenten in
der BRD nach sich. Monate vorher hatte Stiller brisante
Stasi-Unterlagen dem Bundesnachrichtendienst (BND)
überlassen und damit die Enttarnung möglich gemacht.
Auch den „Mann ohne Gesicht“, seinen Chef Markus Wolf,
der an der Spitze der Auslandsspionage stand, konnte
Stiller identifizieren und verhalf damit dem
Bundesnachrichtendienst zu einem gewaltigen Sieg über
die Stasi.
Es herrschte ein stetiger Mangel an Devisen zur
Rohstoffbeschaffung in der DDR. Um diesem Mangel
entgegenzuwirken, hatte das Politbüro Ende Januar den
Bau der Mülldeponie Schöneiche (südlich von Berlin im
Bezirk Potsdam, heute Brandenburg) beschlossen. Gegen
Devisen wurde hier der Müll aus der Bundesrepublik
entsorgt. Im Rahmen des auf DDR-Seite durch die Firma
INTRAC organisierten Müllhandels war die Mülldeponie
Schöneiche zur „Hausmüllkippe von West-Berlin“ geworden.
Obwohl sie nach staatlichen Vorgaben nur für Hausmüll
zugelassen worden war, wurde später dann dennoch
Sondermüll aus West-Berlin dort abgelagert. Aber
zunächst war die Deponie eine Geldquelle, die sich die
DDR unter dem Motto „Geld stinkt“ nicht, aufgetan hatte.
Und damit eventuell bei der DDR-Bevölkerung vorhandenes
West-Geld schnell in staatlichen Kassen fließen konnte,
durften die Bürger ab April 1979 im Intershop nicht mehr
bar mit West-Devisen einkaufen. Es wurden sogenannte
Forum-Schecks eingeführt, die vorab eingetauscht werden
mussten.
Auch wenn sich die DDR souverän und selbstbewusst nach
außen hin gab, so waren die Probleme dennoch nicht zu
übersehen. Es wurde den westlichen Korrespondenten das
Arbeiten in der DDR schwerer gemacht und Interviews
wurden genehmigungspflichtig. Das BRD-Nachrichtenmagazin
„Spiegel“ veröffentlichte einen Bericht über Doping in
der DDR. Die frühere DDR-Sprinterin Renate Neufeld, die
1977 in den Westen geflüchtet war, hatte mit ihrem
Wissen und ihren eigenen Erfahrungen darüber berichtet.
Dieser Bericht warf kein sonderlich positives Licht auf
die sportlichen Erfolge der DDR.
Der Philosoph und Journalist Wolfgang Harich hatte die
DDR verlassen, aber seine DDR-Staatsbürgerschaft
behalten. Neun Autoren waren wegen „Verletzung der
Statuten“ aus dem Schriftstellerverband ausgeschlossen
worden. Dazu gehörten so renommierte Literaten wie Klaus
Schlesinger und Joachim Seyppel sowie Stephan Heym, der
vorab wegen angeblicher Devisenvergehen zu einer
Geldstrafe von 9000 Mark verurteilt worden war.
Es ging streng zu in der DDR-Diktatur, auch wenn der
Hausarrest von Robert Havemann aufgehoben worden war.
Als der Präsident des Weltfriendensrates, Romesh Chandra,
der Hauptstadt der DDR Ost-Berlin den Ehrennamen „Stadt
des Friedens“ verlieh, sah sich die DDR kritiklos auf
dem richtigen Weg.
Die Volkskammer beschloss eine Verschärfung des
Strafrechts für politische Delikte und ungenehmigte
Veröffentlichungen im Westen waren als Staatsfeindliche
Hetze im Strafrecht definiert worden.
Es passte gewiss nicht ins Bild, als die westlichen
Medien die Flucht mit dem Heißluftballon in die
Schlagzeilen brachten. Am 16. September war es zwei
Familien aus dem thüringischen Pößneck auf spektakuläre
Weise gelungen, die DDR mit einem selbstgebauten
Heißluftballon zu verlassen. Die Ballonfahrt ging über
18 km. Die Grenze überquerte der Ballon in
zweieinhalbtausend Metern Höhe. Wohlbehalten landeten
die acht Ballonfahrer nach 28 Minuten in der Nähe der
oberfränkischen Kleinstadt Naila (Bayern).
Auch der Philosoph und und Sozialökologe Rudolf Bahro
verließ die DDR. Aufgrund einer Amnestie war er aus dem
Gefängnis entlassen worden und in die Bundesrepublik
ausgereist.
Die Amnestie anlässlich des 30. Jahrestages der DDR
brachte mehr als 20.000 Strafgefangenen die Freiheit.
Auch der sowjetische Parteichef kam mit einem Geschenk
zum DDR-Geburtstag: Er kündigte den Abzug von 20.000
Soldaten und 1.000 Panzern an.
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