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Das
Modejahr 1904 Mode – Die Hartnäckigkeit der Sans-Ventre-Linie
Die extrem schlanke Figur bestimmte immer noch die
Schnittformen der Kleider. Das Reformkleid versuchte
nach wie seinen Platz in der Damengarderobe zu
erlangen. Ohne sichtbaren Erfolg. Schlank war Mode
und daran hielten sich die Damen. Die
Sans-Ventre-Linie wurde mit den unterschiedlichsten
Raffinessen attraktiver gemacht. Die Oberteile der
Kleider fielen im blusigen Stil über die Taille oder
hatten breite Kragen, die die Schultern bedeckten.
Die Röcke wurden in einzelnen Bahnen oder auch mit
Falten gefertigt. Wichtig war, dass sie weiterhin
eng die Hüften umschlossen, um der schlanken Optik
zu
genügen. Dessen ungeachtet waren die Röcke nach
unten hin weit bis sehr weit. Dazu kamen die
Schleppe und das Korsett. Beides verlieh der Linie
den unverwechselbaren Schliff, der vor allem durch
das unnatürliche Hohlkreuz auffiel.
Die Garderobe für festliche und abendliche Anlässe
zeigte viel Aufputz. Volants und Rüschen gaben den
Kleidern eine anmutige, weibliche Note. Besonders
beliebt war das Streublumenmuster, das in Mode
gekommen war und als Millefleurs bekannt wurde.
Farblich wurden weiße Stoffe und solche in
Pastelltönen favorisiert. Voile, ein leichtes Gewebe
aus glatten Garnen, wurde ebenso wie Musselin auf
den Seidenkleidern getragen, wo vordem hauptsächlich
Spitze verwendet worden war. Diese wurde fast nur
noch für Einsätze verwendet. Frau liebte aber auch
aufwändige Einsätze aus Tüll. Besonders elegant
waren Zobel-Bordüren. An den schmückenden
Accessoires der Damengarderobe hatte sich nichts
geändert. Die Damen vervollständigte ihre Bekleidung
stets mit einem Spazierstock, je nach Jahreszeit mit
einem Muff aus echtem Pelz und einer Stola oder
einem Sonnenschirm, bzw. einem Fächer.
Die bequemen Kostüme, die immer mehr Anhängerinnen
fanden, waren nicht weniger elegant, obwohl sie eine
schlichtere Optik aufwiesen. Die Eleganz entstand
durch die schlanke Linie. Hier waren es schwere
Stoffe aus Wolle mit Nadelstreifen-Musterung, die
verarbeitet wurden. Die Kostümjacken hatten eine
Länge, die bis fast zu den Knien reichte. Die Röcke
waren nach wie vor mit einer Schleppe versehen, die
das Laufen behinderte. Blusen, die den Herrenhemden
glichen, vervollständigten die Kostüme. Diese Blusen
hatten einen Umlege-Kragen, wie ihn die jüngeren
Männer zu tragen pflegten. Außerdem betonten die
Damen den männlichen Stil durch eine Krawatte.
Uneingeschränkte Weiblichkeit brachte die
Wintermode. Das Material der Kostüme war Samt.
Pelzmäntel waren in den Kreisen begüterter Damen ein
modisches Muss. Im Jahre 1900 hatte die Erfindung
der Pelznähmaschine Furore gemacht und setzte den
modischen Pelzkreationen keine Grenzen mehr. Längst
war auch die Pelzmode in die Haute Couture
eingezogen. Kürschner wurden zu Haute Fourreurs, zu
großen Kürschnern. Selbst der modisch orientierte
Mann trug beim Autofahren einen Pelzmantel, der
eigens dafür kreiert worden war. Biber, Chinchilla
und das Fell der afrikanischen Karakul-Schafe, aus
denen der Persianer gemacht
wurde, gehörten zu den
bevorzugten Pelzsorten. Während bestimmte Pelztiere
zum modischen Verbrauch gezüchtet wurden, erkannte
man bereits, dass man damit ihrem Aussterben
Vorschub leistete.
Paul Poiret, der im Vorjahr bereits einen eigenen
Modesalon in Paris eröffnet hatte, hielt sich nicht
an die vorherrschende Mode der Zeit. Er kreierte
bereits Modelle, die asiatisch inspiriert waren und
die er den Augen der Damenwelt geschickt auf den
gefragten europäischen Rennplätzen „unterschob“.
Den Designern der Reformkleider fehlte es nicht an
künstlerischem Einfallsreichtum, aber sie hatten
noch immer wenig Erfolg. Zudem waren ihre Modelle
schwer und schwer zu tragen, denn die Last des
Kleides lag allein auf den Schultern, was bei Samt-
und Wollstoffen nicht einfach auszuhalten war. Sie
verzichteten auch nicht auf die Schleppe, die umso
hinderlicher war. Um das Korsett zu ersetzen, die
Figur dennoch halbwegs in Form zu halten, gab es
lediglich das sogenannte Reformmieder. An breite
Träger wurde ein Unterrock angeknöpft, der aus
atmungsaktivem Naturstoff bestand. Auch sogenannte
Hemdhosen gehörten zur Umgestaltung der
Unterbekleidung, die zwangsläufig zur allgemeinen
Bekleidungsreform gehörte. Die von namhaften
Künstler kreierten Reform-Modelle waren exklusiv und
sehr teuer. Die wohlhabenden Damen wollten sie
nicht, die unteren Bevölkerungsschichten konnten sie
nicht kaufen, obwohl diese Kleider durchaus schick
waren. Ihr größter Nachteil: Sie entsprachen nicht
der immer noch gängigen Sans-Ventre-Linie. Doch die
Sehnsucht nach individuell gestalteter Kleidung
wurde zunehmend größer. Da konnte sich das Korsett
noch so fest anschmiegen.
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