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Das
Modejahr 1900 Mode - Traumfigur um jeden Preis
Die Entwicklung der Technik hatte schon vor der
Jahrhundertwende mit einschneidenden Neuerungen auf
sich aufmerksam gemacht. Auf den Straßen wurden
Handkarren und Pferdefuhrwerke immer mehr zur
Selbstverständlichkeit. Vereinzelt sah man Autos.
Mutige Pioniere hatten sich der weiteren Entwicklung
der Flugtechnik angenommen. In den Genuss der
Erfindung des Telefons kamen bis dato nur sehr
wenige Menschen, auch wenn die fünfte
Weltausstellung, die von April bis November in Paris
stattfand, alles dafür tat, ein industrielles
Zeitalter zu bejubeln. Der Maschine wurde gehuldigt,
ungeachtet dessen, dass keine adäquate Arbeit
vorhanden war für jene, die durch sie ersetzt
wurden. Alles Neue war spektakulär, aber kein Segen
für jedermann. Die Gesellschaft war klar nach den
finanziellen Verhältnissen ihrer Bürger getrennt.
Das spiegelte sich auch deutlich in der Kleidung
wider.
In der begüterten Gesellschaftsschicht waren
Strenge, Ordnung und Prüderie in der
körperfeindlichen
Garderobe gut zu erkennen. Die
Kleidung der armen Bevölkerungsschicht spiegelte
lediglich die miserablen Besitzverhältnisse wider,
auch wenn die Frauen bestrebt waren, durch das
Aufbringen von Flicken oder anderer
Wiederaufarbeitungs-Versuche pfleglich mit ihrer
Garderobe umzugehen. Kleider machten Leute. Das war
durchaus kein Märchen.
Die Damen wohlhabender Kreise trugen ausschließlich
Garderobe, die das Sans-Ventre-Korsett erforderte,
das für die S-Form des Körpers unabdingbar war. Sans
Ventre bedeutet im Französischen „ohne Bauch“. Diese
S-Linie betonte den Brustbereich und schnürte die
Taille unnatürlich eng zusammen. Der Bauch und das
Gesäß traten dadurch üppig hervor. Sie boten –
seitlich gesehen – die Form des Buchstaben S.
In Paris wurde eine sehr elegante Mode propagiert.
Sie war schick, aber ohne nennenswerte
Funktionalität. In das neue Jahrhundert gingen die
Damen eher extravagant. Inspiriert vom Jugendstil
fielen die Kreationen nicht nur durch Schick auf,
sondern auch durch ihre leichten Materialien –
Stoffe, die nicht sehr haltbar waren. Es war ein
Zeichen von Wohlstand, wenn man nicht auf die
Haltbarkeit zu achten brauchte. Luftige
Straßenkleider waren in zarten Farbtönen zu sehen.
Diese Farben nuancierten von Grün bis Lila.
Blumenmuster oder Tupfen wurden besonders
favorisiert. Außerordentlich edel waren Kleider,
deren Einfarbigkeit lediglich mit Spitze verziert
wurde. Dazu war ein schwarzer Atlasgürtel
angemessen. Lange Röcke waren nicht mehr durchweg
glatt. Sie hatten sogenannte Quetschfalten, die in
einer kleinen Schleppe endeten.
Eine modern gekleidete Frau ging nur mit Hut auf die
Straße. Er gehörte zum guten Ton. Das angesagte
Material der Zeit war neben Filz auch Stroh. Es
wurde zu aufwändigen, Modellen verarbeitet, obwohl
auch hier keine lange Haltbarkeit gegeben war.
Dennoch waren sie beliebt, da es sie auch in
verschiedenen Einfärbungen gab. Zur Damengarderobe
gehörten unbedingt Handschuhe und ein Spazierstock,
dessen Griff wie ein echtes Schmuckstück verarbeitet
war. Ein kleines Accessoire, das nach antikem
Vorbild gefertigt wurde – und wieder Eingang in die
Mode der heutigen Zeit gefunden hat – war das
Kettchen am Fuß. Immerhin sollte beim Raffen der
Röcke nicht nur Bein gezeigt werden. Typisch für den
Jugendstil waren auch lange Lorgnon-Ketten, die die
Sehhilfe zum Schmuck machten. Wenn die Damen
flanierten, taten sie es selten ohne Sonnenschirm.
Hier war die japanische Form die bevorzugte.
All dem stand die Reformbekleidung gegenüber, die
aber noch längst keinen Einfluss auf das Modejahr
nahm. Zwar gab es bereits Verfechterinnen dieser
bequemen und wesentlich gesünderen Kleidung, aber
die kämpften noch auf verlorenem Posten gegen das
Korsett. Da konnte auch der Verein zur Verbesserung
der Frauenkleidung nichts ausrichten, der u. a.
gegen die Deformation des weiblichen Körpers
angetreten war.
Die Herrenmode stand der Damenmode in ihrer
Aufwändigkeit in nichts nach. Das betraf vor allem
die Westen. Edle Materialien, Brokatstoffe, Samt und
Seide, Spitzen; die Weste war zum Schmuckstück
geworden. Die fein gearbeiteten Spitzenauflagen
waren absolut angesagt – wenn Mann es sich leisten
konnte.
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