Chronik 1875 - Die Pariser Oper, George
Bizet und seine Carmen, Eishockey
Mit einer architektonischen Glanzleistung begann das
neue Jahr. Das im Stil des Neobarock erbaute Pariser
Opernhaus wurde im Januar 1875 eröffnet. Es wurde
nach seinem Erbauer, dem Architekten Charles Garnier
(1825-1898) „Opera Garnier“ genannt. Den Namen hat
das Gebäude bis heute. Der vordem weitgehend
unbekannte Architekt hatte 1860 die Ausschreibung
für den Bau der Oper gewonnen. Damit hatte er sich
überraschend einen der größten Bauaufträge im Paris
des 19. Jahrhundert gesichert. Es hatte 15 Jahre
gedauert, bis das Opernhaus 1875 im Stil Napoleons
III. (1808-1873) fertig war. Das Insitut de France
sprach Charles Garnier kurz vor dem Ende der
Bauarbeiten einen Sitz in der Sektion III
(Architektur) zu. Zu jenem Zeitpunkt war das Pariser
Opernhaus der größte Theaterbau der Welt. Der
französische Journalist und Schriftsteller Gaston
Leroux (1868-1927), der einmal die unterirdischen
Gewölbe und die labyrinthartigen Gänge des
Opernhauses besichtigte, wurde dadurch zu seinem
bekanntesten Werk inspiriert – „Das Phantom der
Oper“, das er 1910 veröffentlichte, das aber erst
durch die Hollywood-Verfilmung von 1925 zu einem
Dauerbrenner wurde. Dazu trug auch später die
gleichnamige Musical-Adaption von Andrew Lloyd
Webber (*1948) bei. Im selben Jahr hatte ein Oper in
Paris ihre Uraufführung und zwar an der Opér Comique.
Das Publikum reagierte zunächst kühl, doch die
Begeisterung anderer Komponisten ließ sie einem
Welterfolg werden – „Carmen“ von George Bizet
(1838-1875). Zeitgenossen wie Claude Debussy
(1862-1918) und Camille Saint-Saëns (1935-1921)
beispielsweise äußerten ihre Anerkennung öffentlich.
Und Johannes Brahms (1833-1897) hat diese Oper mehr
als zwanzig Mal besucht. Seiner Meinung nach war das
die beste Oper, die in Europa seit dem
Deutsch-Französischen Krieg aufgeführt worden war.
Solches Lob aus berufenem Munde verhalf Bizets
„Carmen“ schnell zu allgemeiner Begeisterung. Der
Komponist konnte diesen Erfolg nicht mehr selbst
erleben. Im Alter von 36 Jahren erlag er am 3. Juni
1875 einem Herzanfall, nur ein Vierteljahr nach der
Uraufführung seines Werkes. „Carmen“ gehört heute zu
den populärsten Opern, die die Opernliteratur zu
bieten hat. Eine Premiere ganz anderer Art fand auf
sportlichem Sektor statt. Im kanadischen Montreal
hatte ein Student der McGill University namens James
Creighton (1850-1930) das erste Eishockeyspiel in
einer Halle organisiert. Vordem hatte dieser Sport
nur im Freien stattgefunden. Die Anzahl der Spieler
war noch variabel gewesen und ein festes Regelwerk
gab es auch noch nicht. In jenem ersten
Eishockey-Hallenspiel wurde in der Zeitung auch zum
ersten Mal ein Puck erwähnt. James Creighton machte
Eishockey nicht nur in Montreal bekannt, auch in
Ontario. Den Rang als „Vater des Eishockeys“ macht
ihm keiner streitig. Nach dem legendären ersten
Hallenspiel bildeten sich auch anderenorts
Mannschaften, denn das Interesse war einmal geweckt.
Und es ebbte nicht mehr ab. Im August 1875
durchschwamm der Langstreckenschwimmer Matthew Webb
(1848-1883) den Ärmelkanal. Er schaffte das als
erster Mensch ohne technische Hilfen. Die Strecke
von 33 Kilometern schwamm Webb in 21 Stunden und 45
Minuten. Lange nach seinem Ableben wurde Webb 1965
in die Ruhmeshalle des internationalen Schwimmsports
aufgenommen.
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Ereignisse & Schlagzeilen
1875
5. Januar
Die Pariser Oper wird eröffnet.
6. Februar
Das neue Reichsgesetz zur
Beurkundung des Personenstands und der
Ehe schließung tritt im
Deutschen Reich in Kraft und
lässt die Ehescheidung zu.
3. März
Die Oper Carmen von Georges Bizet
wird an der Opéra-Comique in Paris uraufgeführt.
6. März
Die Duisburger Synagoge wird eröffnet.
10. März
Die Oper Die Königin von Saba von
Karl Goldmark wird an der Hofoper in Wien
uraufgeführt.
14. März
Das Bankgesetz wird im Deutschen
Reich verabschiedet, die Schaffung der Reichsbank ab
1. Januar 1876 wird beschlossen.
22. April
Durch das Brotkorbgesetz wird der
Kulturkampf mit der römisch-katholischen Kirche
verschärft.
20. Mai
Die Meterkonvention wird von 17
Staaten unterzeichnet
20. Mai
John Kerr entdeckt den nach ihm benannten
elektrooptischen Effekt.
22. Mai
Alexander Graham Bell versucht das
Telefons zu verbessern.
20. Mai
Richard Caton registriert
elektrische Aktivität an der Hirnrinde von Tieren.
Das Element Gallium wird in Frankreich entdeckt.
25. Mai:
Der 1873 gegründete Allgemeine
Deutsche Arbeiterverein (ADAV) und die 1879
gegründete Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP)
schliessen sich zur Sozialistischen Arbeiterpartei
Deutschlands (SAP) zusammen.
1. Juli
Der Allgemeine
Postvereinsvertrag wird gültig.
19. Juli
Die Oper Die Sichel von Alfredo
Catalani wird in Mailand uraufgeführt
11. Dezember
In Bremerhaven ereignet sich der
Mordanschlag auf die „Mosel“, 83 Menschen kommen ums
Leben.