Das Literaturjahr 2018 - Fantasie-Literatur
Viele Ereignisse prägten das Jahr 2018, nicht nur in
politischer Hinsicht, auch in Sachen Kunst und
Literatur schrieb das Leben einmal wieder die besten
Bücher. In der Kunstwelt sorgte die Versteigerung
des Bildes „Girl with Balloon“ des Street-Art- und
Graffiti-Künstlers Banksy für Aufsehen, da dieses
beim Zuschlag durch einen im Rahmen verborgenen
Schredder fast zur Hälfte zerstört wurde, während
die schockierte Käuferin das Bild dennoch nahm und
erklärte, sie würde mit dem Kauf im Wert von 1,2
Millionen Euro wenigstens in die Kunstgeschichte
eingehen.
Der Künstler wiederum betonte, dass die Aktion seine
ganz persönliche Kritik am Kunstmarkt sein sollte,
die letztendlich jedoch kaum Nachteile für diesen
bewirkte, vielmehr eine neue Life-Performance ins
Leben rief, die bereits wenige Tage später erste
Nachahmer fand. Das Auktionshaus „Sotheby“ hatte
überhaupt keine Einbußen. Der Preis wurde bezahlt,
das Bild verkauft und die Aktion war in aller Munde.
Im Grunde offenbaren alle Seiten, sowohl der
Künstler, die Käuferin als auch das Auktionshaus,
mit dieser Farce nur mehr, wie wenig es heutzutage
auf den eigentlichen Wert der Kunst ankommt und wie
viel dagegen ein Name und der Geldwert eines Bildes
zählen. Dafür notwendig ist nicht einmal das Bild
selbst. Wichtig sind nur der Hintergrund und der
gebotene Preis.
Literatur bleibt daneben dann doch ein etwas
seriöserer Bereich. Leider ist auch dieser in
Verbindung mit Auszeichnungen und
Vermarktungsstrategien stark gefährdet. Das bewies
2018 die Schwedische Akademie mit der Vergabe des
Literaturnobelpreises, die in diesem Jahr ganz
schlicht aufgrund mehrerer Skandale ins Wasser fiel.
Korruptions- und Belästigungsvorwürfe richteten sich
gegen Mitarbeiter und Juroren, so dass die Akademie
daraufhin beschloss, nicht nur einige Leute zu
entlassen, sondern auch den Literaturnobelpreis für
dieses Jahr auszusetzen. Der Hintergrund ist dann
doch etwas ganz anderes als 1943, wo die Vergabe
ebenfalls nicht stattfand. Hier war das Chaos des
Zweiten Weltkrieges die Ursache. Sexskandale wirken
dagegen nahezu lächerlich und sind doch auch
irgendwie Ausdruck einer schnelllebigen und
oberflächlichen Kultur und Zeit.
Neben Belästigungsvorwürfen gab es weitere Hinweise
darauf, dass Juroren sich Fördergelder zuschanzten,
indem sie die Preisträgernamen an die Meistzahlenden
bekanntgaben. Durch den Ausfall sollen 2019 dann
zwei Literaturnobelpreise verliehen werden. Das
Nachsehen haben die nominierten Autoren und die
Leser.
Ein Vorschlag der Schwedischen Akademie war ein
Ersatzpreis, der u. a. auch dem bekannten
japanischen Schriftsteller Haruki Murakami angeboten
wurde. Ob nun aus Gründen der Eitelkeit, da es nicht
der echte Nobelpreis war, oder weil Murakami
wirklich keine Lust darauf hatte, lehnte dieser ab
und erklärte, er würde seine Zeit und Konzentration
dann doch lieber auf das Schreiben ausrichten.
Von Murakami erschien 2018 im deutschen Buchhandel
das zweitteilige Werk „Die Ermordung des
Commendatore“. Hier beweist der Japaner wieder
einmal mehr, wie leicht er es schafft, den Leser zu
fesseln und in seine Geschichte zu ziehen. Er
vermischt gekonnt Realität und Fantasie, die wie
selbstverständlich den Teil einer erzählten und
glaubhaften Wirklichkeit bilden. Auch bedient sich
Murakami, wie von ihm gewohnt, vieler Musikeinflüsse
und anderer Genres. Hier sind es die Oper, die
Portraitkunst, die japanische Nihonga-Malerei und in
spiritueller Form der Buddhismus. Trotz der Moderne
kommen bei Murakami auch das alte Japan und seine
Traditionen nicht zu kurz.
Es geht um einen Maler, der von seiner Frau
verlassen wird und in das Haus eines berühmten
Nihonga-Künstlers einzieht, in dem er auf ein
eigenartiges Gemälde stößt, dass verborgen und
verpackt auf dem Dachboden zurückgeblieben ist. Mit
dem Fund verändert sich seine Welt. Er erhält einen
sehr gut bezahlten Portraitauftrag von einem Mann,
der zurückgezogen und wohlhabend ganz in seiner Nähe
lebt. Mit der Begegnung geschehen auf einmal
merkwürdige Dinge, darunter ertönt in der Nacht ein
eigenartiger Glockenschlag aus dem Erdboden seines
Gartens. Die Ereignisse werden immer mysteriöser und
reichen bis zum Eintauchen in eine Parallelwelt.
Im Bereich der Fantasie-Literatur legte 2018 auch
der deutsche Schriftsteller Frank Schätzling einen
atemberaubenden Thriller vor, der sich mit
künstlicher Intelligenz beschäftigte. Der Titel
lautete „Die Tyrannei des Schmetterlings“.
Schätzling nutzte für den Roman Gespräche mit
verschiedenen bekannten Größen, darunter mit dem
Kritiker Joran Lanier, der auf die Gefahren der
künstlichen Intelligenz hinwies, oder mit dem
PayPal-Gründer Peter Thiel, dem Silicon-Valley-Guru,
und Informationsmaterial aus Büchern von Brian
Greene, Max Tegmark und Nick Bostrom. Behandelt
werden auch die ethischen Regeln in der
Fortentwicklung der
künstlichen Intelligenz, z. B.
in einem biologischen Körper.
Stephen King veröffentlichte den Roman „Der
Outsider“, der 2018 in deutscher Übersetzung
erschien. Der Horrorroman dreht sich um den
geschändeten Corpus eines Elfjährigen und den
Verdächtigen, der ein unbescholtener Englisch- und
Sportlehrer ist. Bei der Ermittlung kommen nach und
nach schreckliche Einzelheiten ans Licht, mit denen
keiner gerechnet hat. Für den Roman wurde auch eine
Fernsehadaption geplant, die als Miniserie in 10
Teilen verfilmt wurde.
„Der Tod ist ein mühseliges Geschäft“ lautet der
Titel des 2018 erschienenen Werkes von Khaled
Khalifa. Der aus Syrien stammende Autor wurde 1964
in Aleppo geboren und gehörte bereits der Generation
an, die unter dem diktatorischen Regime von Assad
lebte und aufwuchs. In seinen Romanen, wobei das
vorgestellte Werk das erste ist, das in deutscher
Übersetzung erschien, beschäftigte sich Khalifa mit
der Diktatur und dem Bürgerkrieg. Er bewies damit
einen sehr kritischen Blick auf das Syrien, das er
kannte.
Drei seiner Bücher sind in Syrien bereits verboten,
kursieren jedoch als Raubkopien weiter. Obwohl
Khalifa vom syrischen Geheimdienst bedroht wurde,
lehnte er es ab, ins Exil zu gehen. Er wollte, so
seine Worte, seine Identität nicht in der Fremde
verlieren.
„Der Tod ist ein mühseliges Geschäft“ vermittelt den
Schrecken hinter den Dingen, hat aber nur indirekt
den syrischen Bürgerkrieg zum Thema. Eher ist das
Buch ein komisch-melancholischer Road-Trip, der mit
einer Leiche im Gepäck quer durch das Kriegsgebiet
in Syrien verläuft. Die Zerrissenheit Syriens
spiegelt sich dabei in den Protagonisten und ihrer
eigenen Zerrissenheit wider.
Timur Vermes, ein deutscher Journalist, der durch
sein Buch „Er ist wieder da“ Hitler parodierte,
brachte 2018 „Die Hungrigen und die Satten“ heraus,
seinen zweiten Roman, der erneut satirisch
daherkommt, diesmal mit Bezug auf einige
hunderttausend afrikanische Flüchtlinge. Der Roman
schoss in den Bestsellerlisten von Null auf Platz 1.
Ähnlich erging es dem Buch des Skandalautors Thilo
Sarrazin. Er veröffentlichte bei seinem neuen Verlag
das Buch „Feindliche Übernahme - Wie der Islam den
Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht“
und verklagte gleichzeitig die Verlagsgruppe „Random
House“, die ihn aus dem Programm nahm und in seinen
Augen um sein verdientes Geld prellte. Sein Vorwurf
lautete, er würde seine Marktmacht verlieren und
hätte unter dem alten Verlag wesentlich mehr Bücher
verkauft. Im neuen Sachbuch führt Sarrazin seine
Kritik am Islam fort, die auch schon im Buch
„Deutschland schafft sich ab“ das Thema war.
Bestseller 2017