Carl Friedrich von Weizsäcker Lebenslauf

Carl Friedrich Freiherr von Weizsäcker (1912 – 2007) ist sowohl als Physiker wie als Philosoph bekannt geworden. Politisch hat sich der bekennende Christ und radikale Pazifist insbesondere in der Friedensbewegung engagiert.
Weizsäcker stammte aus einer süddeutschen Prominentenfamilie. Carl Friedrich von Weizsäckers Großvater väterlicherseits Karl ist der vorletzte Ministerpräsident des 1918 untergegangenen Königreichs Württemberg gewesen. 1916 hatte ihn sein König mit der Erhebung in den erblichen Freiherrenstand zum Adligen gemacht. Einer von Karl von Weizsäckers Söhnen war Ernst von Weizsäcker (1882 – 1951), der Vater von Carl Friedrich. Ernst von Weizsäcker war in der NS-Zeit bis 1942 Staatssekretär im Auswärtigen Amt unter Minister Joachim von Ribbentrop gewesen und danach bis Kriegsende Botschafter beim Heiligen Stuhl. Er wurde 1949 wegen seiner Verwicklungen mit dem Nazi-Regime zu einer fünfjährigen Haftstrafe wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt („Nürnberger Wilhelmstraßen-Prozess“). Zu seinem Verteidiger-Team gehörte auch Carl Friedrichs jüngerer Bruder Richard Weizsäcker (1920 -2015). Der Jurist machte später als CDU-Politiker Karriere und war als Bundespräsident von 1984 bis 1994 bundesdeutsches Staatsoberhaupt.
Carl Friedrich von Weizsäcker ist am 28. Juni 1912 als erstes Kind von Marianne von Weizsäcker (geb. von Graevenitz) (1889 – 1983) in Kiel geboren worden. Vater Ernst war damals als Marineoffizier in Kiel stationiert. Entsprechend der Versetzungen seines Vaters, der nach dem Ersten Weltkrieg als Konsul beziehungsweise als Diplomat tätig war, verlebten Carl Friedrich von Weizsäcker und seine drei Geschwister große Teile ihrer Kindheit und Jugend im Ausland.
In Kopenhagen, wo die Weizsäckers ab 1925 lebten, lernte der junge Carl Friedrich 1927 den damals bereits in Fachkreisen als Experte für Quantenmechanik anerkannten Physiker Werner Heisenberg (1901 – 1976) kennen. Heisenberg hospitierte damals bei dänischen Professor Niels Bohr. Diese Begegnung war möglicherweise entscheidend für den späteren Berufsweg Weizsäckers. Heisenberg soll nach Ansicht einiger Weizsäcker-Biografen den sowohl an Naturwissenschaft wie an Philosophie interessierten Weizsäcker überzeugt haben, dass die Arbeit als Physiker die Beschäftigung als Philosoph nicht ausschließt, sondern im Gegenteil die handwerkliche Basis für philosophische Überlegungen über die Struktur der Natur liefere.
1929 bestand Weizsäcker in Berlin die Abitur-Prüfung. Er studierte danach bis zur Promotion 1933 Physik, Mathematik und Astronomie. 1936 folgte die Habilitierung mit der damit verbundenen Stellung, als Privatdozent lehren zu dürfen. Zu den Professoren, deren Veranstaltungen Weizsäcker als Student in Berlin, Leipzig und Göttingen besuchte, gehörten auch Heisenberg und Bohr. Nach dem Studium arbeitete Weizsäcker als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik. Er gehörte wie Otto Hahn, Werner Heisenberg und Lise Meitner zu der Pionier-Generation von Naturwissenschaftlern, die sich mit Kernphysik und Radiochemie beschäftigten. Weizsäckers besonderes Interesse gehörte der Erforschung der Kern-Isomere. Sich als Universalgelehrter verstehend, versuchte Weizsäcker aber auch, die Quantenphysik in Zusammenhang mit philosophischen Fragen zu stellen. Als ein Ergebnis dieser Überlegungen versuchte er in seiner 1943 vorgestellten „Quantentheorie der Ur-Alternativen“ die Natur allein auf Grundlage der Quanten-Theorie zu beschreiben.
Wie Heisenberg und andere gehörte auch Weizsäcker zu den deutschen Wissenschaftlern, die nach der ersten beobachteten Kernspaltung durch Otto Hahn 1938 von der Reichsregierung angehalten wurden, schnell Grundlagen zu entwickeln, die kontrollierte Kernspaltungen möglich machen sollten. Die von der Nazi-Regierung erhofften Ergebnisse sollten den Bau von kriegsentscheidenden Atomwaffen möglich machen. Tatsächlich gelang den Wissenschaftlern dieser „Uranprojekt“ oder „Uranverein“ genannten Arbeitsgruppe den bedingt einsatzfähigen Prototyp eines Atommeilers zu bauen. Die Hauptaufgabe, nämlich der Bau von Atomwaffen („Uranbomben“), wurde aber nicht erfüllt. Heisenberg und anderen, den die Tragweite des Einsatzes von Atomwaffen bewusst geworden war, verschleppten erfolgreich die Forschungen am Waffenaspekt. Auch wegen der Angriffe alliierter Bomber auf Forschungseinrichtungen des „Uranprojekts“ wurden die vom Heereswaffenamt erhofften Erfolge bis Kriegsende nicht erzielt.
Die Rolle von Weizsäcker in dieser Zeit ist nicht abschließend geklärt. Zumindest hat er nach Kriegsende bei der Reflexion seines von 1940 bis 1942 dauernden Wirkens beim „Uranprojekt“ selbstkritisch eine konformistische Haltung dem Regime gegenüber eingeräumt. Nur der Zufall habe - so Weizsäcker – verhindert, dass er nicht Schuld auf sich geladen habe. Von 1942 bis 1944 lehrte er als Professor im deutsch besetzten Straßburg. 1945 wurde Weizsäcker kurzfristig zusammen mit anderen Wissenschaftlern in England interniert.
Aus der eigenen Erfahrung heraus verbunden mit den Horror-Beispielen der US-Atombomben-Einsätze über Japan, lehnte Weizsäcker nach 1945 radikal Kernwaffen ab. Den friedlichen Einsatz der Kernenergie befürwortete er dagegen. Von 1946 bis 1957 arbeitete er am von Heisenberg geleiteten Max-Planck-Institut für Physik in Göttingen. Weizsäcker gehörte zu den 18 hochkarätigen Kernforschungs-Experten („Göttinger Achtzehn“) die am 12. April 1957 in Göttingen ein aufsehenerregendes Manifest unterzeichneten, das sich gegen eine atomare Aufrüstung der Bundeswehr richtete.
Im selben Jahr wurde Weizsäcker von der Universität Hamburg auf einen Lehrstuhl im Fachbereich Philosophie berufen. Hier konnte er seinen Ansatz, Quantentheorie zur Erklärung philosophischer Fragen über die biologischen und sozialen Grundlagen des Menschseins heranzuziehen, weiter ausbauen und vermitteln. Unter anderem, um diesen Ansatz bei der Betrachtung von Aspekten wie Globalisierung und Friedenspolitik praxisgerecht umzusetzen, wechselte Weizsäcker 1970 an das neugegründete Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt in Starnberg. Er stand diesem Institut zusammen mit dem Philosophie-Professor Jürgen Habermas bis zur Emeritierung 1980 als Direktor vor.
Auch nach seiner Pensionierung blieb Weizsäcker politisch engagiert. Zunehmend religiös argumentierend warb er bei Vorträgen und in seinen Schriften für eine im radikalen Pazifismus vereinte Weltgemeinschaft. Der hochgeehrte Gelehrte lehnte 1979 eine aus Reihen der SPD vorgeschlagene Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten ab.
Der seit 1937 mit der Schweizer Historikerin und Offizierstochter Gundalena Wille (1908 – 2000) verheiratete Carl Friedrich von Weizsäcker ist am 28. April 2007 in Starnberg gestorben. Er hinterließ fünf Kinder.
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