Bonnie und Clyde Lebenslauf
Als 1996 die deutsche
Punkrock-Band Toten
Hosen in einem Lied ihres Albums „Opium fürs
Volk“ sangen: „Leg den Kopf an meine Schulter
und wir spielen Bonnie und Clyde“ war mit
Sicherheit fast jedem Zuhörer klar, um was für
ein Paar es sich bei der besungenen Zweiheit
gehandelt hat. In ihrem Deutschsong „Bonnie &
Clyde“ hatten die Toten Hosen auf das
weltberühmteste Gangsterpärchen der Geschichte
Bezug genommen: nämlich Bonnie Parker und Clyde
Barrow.
Dieser weltweit über Generationen andauernde,
nur vielleicht mit der
Gangster-Prominenz von Al
Capone vergleichbare Bekanntheitsgrad, gründete
auf die vor allem von den Medien der
1930er
Jahre begonnene romantisierende Verklärung von
Bonnie Parker und Clyde Barrow. Sie galten als
tragisches Synonym für eine große Liebe jenseits
von Gesetz und Ordnung. Das Leben von Bonnie und
Clyde war durch massive Gewalttätigkeit gegen
Dritte geprägt. Ihr von vornherein zum Scheitern
verurteilte Lebensentwurf erhielt aber dennoch
durchaus breite Sympathie. Grund dafür waren die
das Paar zumindest in den Augen vieler
Außenstehender zum Teil entschuldigenden
Ursprünge ihrer kriminellen Laufbahn.
Die Geschichte von Bonnie und Clyde begann als
Alltagsgeschichte des
1909 im Ort Telico nahe
der Texas-Metropole Dallas auf die Welt
gekommenen Kleinkriminellen Clyde Chestnut
Barrow. Der aus ärmlichen Verhältnissen
stammende Barrow kam ab
1926 mehrmals wegen
kleinerer Strafdelikte wie Puten-Diebstahl und
Autodiebstahl, aber auch schon wegen
Laden-Überfällen mit dem Gesetz in Konflikt. Im
Januar 1930 lernte er die ein Jahr jüngere
Bonnie Elizabeth Parker kennen. Die im
Texas-Dorf Rowena geborene Kellnerin lebte
damals in Dallas. Bonnie und Clyde wurden ein
Paar.
Wenig später, im
April 1930, musste sich das
Paar ungewollt schon wieder trennen. Clyde Barrow musste nach einer Verurteilung wegen
Autodiebstahls eine Haft in der berüchtigten
texanischen Gefängnisfarm Eastham Unit antreten.
Dort wurde er kurz nach Haftantritt von einem
Mitgefangenen sexuell schwer misshandelt. Dieser
Missbrauch traumatisierte Barrow für den Rest
seines kurzen Lebens. Mit einem Bleirohr
erschlug er schließlich seinen Peiniger. Ein mit
ihm befreundeter, in Eastham einsitzender
Mithäftling, der wegen seiner lebenslangen
Strafe kaum Chancen hatte, jemals wieder
entlassen zu werden, nahm die Tat auf sich.
Nachdem Bonnie Parker ihrem Geliebten eine
Schusswaffe ins Gefängnis geschmuggelt hatte,
konnte Barrow Ende 1930 ausbrechen und für
einige Tage die Freiheit genießen bis er wieder
eingefangen wurde. Zurück in Eastham
verstümmelte sich Barrow mit einer Axt den Fuß,
um schwerer Zwangsarbeit zu entgehen. Nach einer
Reihe von Gnadengesuchen seiner Mutter Cumie
Walker Barrow wurde Clyde Barrow Anfang 1932 auf
Bewährung entlassen.
Die beiden Jahre in Eastham hatten ihn zu einem
verbitterten Mann gemacht, der der im damaligen
Texas der Wirtschaftskrisenzeit besonders brutal
agierenden, durch Polizei und Strafvollzug
repräsentierten Staatsmacht Rache schwur. In den
nächsten zwei Jahren beging er zusammen mit
Bonnie Parker und einer wechselnden kleinen
Anzahl von Kumpanen etwa 100 Überfälle auf
Läden, Banken und Tankstellen in Texas und
anderen Südstaaten. Dabei wurden mindestens neun
Polizisten und fünf weitere Personen getötet.
1934 überfiel die Bande, zu der
seit 1933 auch
ein Bruder und eine Schwägerin von Clyde
gehörten, die Gefängnisfarm von Eastham, um
Häftlinge gewaltsam zu befreien. Bei diesem Coup
kamen zwei Gefängniswärter ums Leben.
Die Verfolgung der Bande scheiterte regelmäßig
an der automobilen Ausstattung der
Barrow-Parker-Gang. Clyde fuhr nämlich ein
65-PS-starkes Fahrzeug der Ford-Baureihe Deluxe
V-8 Modell 18. Dieser schwere Wagen konnte
Geschwindigkeiten von 120 und mehr km/h
erreichen und war damit den damals üblichen
Polizeifahrzeugen deutlich überlegen.
Am
23. Mai 1934 gerieten Bonnie und Clyde in
eine mithilfe eines internen Informanten gelegte
Falle der Polizei. Unter Führung des
reaktivierten Ex-Captains der Texas Rangers
Frank Hamer war in Bienville Paris (Louisiana)
ein Hinterhalt mit sechs Polizisten aufgebaut
worden. Die in ihrem V-8 fahrenden Bonnie und
Clyde wurden unter nicht ganz geklärten
Umständen unter Feuer genommen und regelrecht
zersiebt. Angeblich sollen beide von insgesamt
130 Kugeln getroffen worden sein. Bonnie Parker
wurde 23, Clyde Barrow 25 Jahre alt.
Die Raubzüge der Barrow-Parker-Bande lösten
zwischen 1932 und 1934 großes Medieninteresse
aus, zumal viele damalige Amerikaner nach dem
Bankencrash von 1929 in wirtschaftlich
schwierigen Situationen lebten und für sie die
Banken überfallende Bonnie und Clyde eine Art
Racheengel dargestellt haben mögen.
Das Andenken an das Gangster-Pärchen wurde immer
wieder durch Filme, Musik und Theaterstücke
aufgefrischt.
So hat lange vor den Toten Hosen der britische
R&B-Sänger
Georgie Fame 1967 mit seiner „Ballad
Of Bonnie And Clyde“ Spitzenplätze in den Charts
belegt. Und nach den Toten Hosen wurde die
Geschichte von Bonnie und Clyde regelmäßig von
Rap-Musiker verherrlicht. Zum wohl bekanntesten
Stück Populärkultur zum Thema wurde aber der
US-Filmklassiker „Bonnie and Clyde“ (1967) mit
Warren Beatty und Faye Dunaway in den
Titelrollen.