Geschichte der Warenautomaten
D
er Chinese Ju Chon gilt als Konstrukteur des
ersten Verkaufsautomaten: Im Jahr 937 v. Chr. hatte er einen
Automaten entwickelt, den nach dem Einwurf von
Münzen einen Schreibpinsel freigab. Im ersten
Jahrhundert stellte der griechische Mathematiker Heron von Alexandria einen Verkaufsautomaten vor,
der als Weiterentwicklung des Heronsbrunnen in die
Geschichte einging: Nach dem Einwurf einer
Tetradrachme gab der Automat Weihwasser ab. Herons
Weihwasserautomat wird von der internationalen
Automatenindustrie als eigentlicher Vorläufer der
heutigen Apparaturen angesehen.
Nach dem Prinzip des Münzeinwurfs funktionierten
Automaten in Britanniens Wirtshäusern, die bereits
im Jahr 1615 aufgestellt worden waren. Sie hießen Honesty Tobacco Boxes. Prinzip der damaligen
Ehrlichkeitstabakbehälter war das Vertrauen auf eine
anständige Zahlungsmoral der Benutzer.
Einigermaßen kontrolliert arbeitete der erste
deutsche Verkaufsautomat von
1867. Aber ob die
patentierte Konstruktion des Berliner Ingenieurs
Carl Ade jemals betriebsbereit war, verbleibt
allerdings ebenso im Nebel der Geschichte wie die
verlässliche Funktionsfähigkeit eines
Postkartenautomaten, der
1867 von Percival Everitt
in London zum Patent angemeldet worden war. Am 2.
Mai 1883 erhielten Ferdinand Uecker und Emil Wirba
das deutsche Reichspatent Nr. 24721 auf ihren
„Automatischen Verkaufsbehälter für Cigarren“, der
nach Münzeinwurf
Zigaretten freigab.
Im Jahr 1888
wurde die Entwicklung des Berliners Max Sielaff per
Patentschrift Nr. 43 055 des Kaiserlichen
Patentamtes registriert: Der „Selbsttätiger
Verkaufsapparat“ hatte bedeutenden Anteil an der
Geburtsstunde von Warenautomaten innerhalb
Deutschlands.
Eine besondere Vorreiterrolle nahm dazu die Firma
Stollwerck ein. 15 000 mit Schokolade und Bonbons
gefüllte Süßwaren-Automaten hatte die Firma in den
Jahren 1888 bis
1893 aufgestellt. Dazu war
1894 die
Deutsche Automaten-Gesellschaft Stollwerck & Co.
(DAG) in Köln gegründet worden, die den Betrieb und
den Unterhalt der diversen Automaten regulierte.
Anschließend wuchs die Bedeutung der Warenautomaten
besonders in der zweiten Hälfte des vergangenen
Jahrhunderts immens: Fleißig aufgefüllt purzelten
aus den Ausgabeöffnungen Zigaretten, Streichhölzer,
Kaugummi, Taschentücher, Kondome, Blumensträuße und
bunte Illustrierte. Auch Skurrilitäten wurden
aufgestellt, so ein Automat zur Ausgabe von
Hühnereiern, der bei Benutzung sogar laut gackerte.
Das wachsende Automaten-Geschäft rief bald diverse
Gegner auf den Plan, die eine Trennung des Marktes
verlangten. Zudem befürchtete Stollwerk
Imageverluste und Rechtsstreitigkeiten, nicht
zuletzt weil die öffentliche Besorgnis um die
Volksgesundheit laut wurde. Die Verkaufsautomaten
wurden sogar für einen Kriminalitätsanstieg
verantwortlich gemacht, weil Kinder durch den
Einwurf von Hosenknöpfen an leckere Schokolade
kommen wollten – und die Frage der Besteuerung war
auch nicht geklärt.
Um
1890 weitete Stollwerk sein Geschäft in Richtung
USA aus: Über die Schokoladenautomaten des Kaufmanns
John Volkmann wurden in New York, Philadelphia, St.
Louis und anderen nordamerikanischen Metropolen ab
1892 Süßwaren mit riesigem Erfolg verkauft. So blieb
die Firma Stollwerk in den USA bis zum
Beginn des
Ersten Weltkriegs Marktführer für
Schokoladeautomaten.
Frank Hardart und Joseph Horn eröffneten
1902 in
Philadelphia ihr erstes Selbstbedienungslokal, in
dem Speisen ausschließlich über Automaten angeboten
wurden. 1912 expandierten Horn & Hardart Automats
nach New York und entwickelten sich von da an zur
weltweit größten Restaurantkette ihrer Zeit. Die
letzte der einst 180 Filialen schloss letztendlich
1991.
Die ersten Getränkeautomaten wurden zu Beginn der
1920er Jahre gebaut. Sie füllten
Erfrischungsgetränke in Becher ab. Im Jahr 1926
hatte der US-Amerikaner William Rowe den
Zigarettenautomaten erfunden.