Geschichte der Indianer Nordamerikas
Im deutschen Sprachgebrauch werden die Ureinwohner
Amerikas, konkret Nordamerikas, als Indianer bezeichnet.
Der Name hat seinen Ursprung in der Entdeckung Amerikas
durch
Christoph Kolumbus, der am 12. Oktober 1492 den
Seeweg nach Indien gefunden zu haben glaubte. Die
Menschen, die den Kontinent als indigene Eingeborene
bevölkerten, kannten den Begriff für sich selbst
natürlich nicht. Erst die Kolonisten, die Amerika nach
und nach besiedelten – in Nordamerika waren es vor allem
die Briten -, sich ansässig fühlten und ihre
Eroberer-Ansprüche geltend machten, ohne das ureigene
Recht der
Menschen zu achten, die lange vor der
Entdeckung durch Kolumbus dort ihre Heimat hatten, gaben
den Eingeborenen den Namen Indianer, auch die
despektierliche Bezeichnung „Rothäute“.
Der Grund und Boden, auf dem die Ureinwohner
Jahrhunderte lang gelebt und gejagt hatten, wurde ihnen
streitig gemacht. Was für die europäischen Entdecker
eine Quelle neuer Handelsgüter und Reichtümer war,
führte die Menschen Amerikas nahezu an den Rand der
Ausrottung.
Die Ureinwohner Nordamerikas – im Vergleich dazu gibt es
auch die Ureinwohner Südamerikas – bestanden aus
unterschiedlichen Stämmen, die jeweils eine eigene,
kulturelle Tradition und eigene Gewohnheiten hatten. Das
Leben der Indianer erfuhr eine herbe Veränderung, als
die „weißen“ Siedler ins Land kamen.
Nach dem heutigen Stand bezeichnet man die Ureinwohner
nördlich von Mexiko als die Indianer Nordamerikas.
Bekannt sind heute 225 Stämme in Alaska und 337 Stämme
in Nordamerika. Die Zahlen können ein wenig von den
Veröffentlichungen abweichen, die das Department of
Indian Affairs and Northern Development herausgab.
Die Ureinwohner Nordamerikas lassen sich kulturell nicht
verallgemeinern, obwohl sie prinzipiell derselben
Sprachgruppe angehören. Die Stämme sind auch räumlich
oft weit voneinander angesiedelt gewesen.
Die Frühzeit
Die Besiedlung Nordamerikas begann etwa um 12.000 bis
11.000 v. Chr. und ging wahrscheinlich vom asiatischen
Raum aus. Eine zweite Besiedlungswelle brachte die
Menschen ins Land, die als die Vorfahren der
Na-Dené-Indianer gelten. Auch Inuit kamen ins Land.
Aufgrund von Funden wird vermutet, dass noch weitere
Gruppen Nordamerika besiedelten. Sicher lassen sich
jedoch drei Sprachgruppen nachweisen, die zu den
indianischen Sprachen gezählt werden, die jedoch keine
linguistischen Gemeinsamkeiten aufweisen.
Die ersten Menschen, die sich in Nordamerika
ansiedelten, trafen auf einen reichen Wildbestand, den
sie jagten. Einfache Jagdwerkzeuge wie Speerschleudern,
Wurfspieße und Harpunen ermöglichten ihnen das Erlegen
von Großwild, bzw. auch einen ausgedehnten Fischfang.
Die Klimaveränderung, durch die sich um 13.000 bis ca.
9.000 v. Chr. das Eis zurückbildete, eröffnete den
Ureinwohnern immer größere Fischfanggebiete durch die
entstandenen Flüsse und Seen. Nicht nur die Fischerei
entwickelte sich dadurch enorm, sondern auch der Handel
mit der erlegten Beute.
Wieder andere Stämme versorgten sich durch den Ackerbau
und gelegentlich auch durch das Reiternomadentum.
Die Indianergeschichte lässt zudem in unterschiedliche
Kulturepochen einteilen, beginnend mit dem Zeitraum, dem
die Paläo-Indianer zugeordnet werden. Sie gelten als die
ersten Menschen Amerikas. Genau lässt sich jedoch, rein
wissenschaftlich, der Besiedlungszeitraum nicht
festlegen. Neuere Funde menschlicher DNA, die in den
Paisley-Höhlen gemacht wurden und die darauf schließen
lassen, dass die ersten Menschen den Zugang über die
Küste genommen hatten, machen eine Verschiebung des
angenommen Zeitraumes nötig, der den Besiedlungsbeginn
auf ca. 14.300 Jahre vor der heutigen Zeit festlegt. Die
paläo-indianische Phase endete etwa um 8.000 v. Chr., es
schloss sich dann die Archaische Epoche an.
Eine genaue Abgrenzung der Archaischen Epoche ist nur
schwer möglich, da der Zeitraum in der
mittelamerikanischen Siedlungslandschaft (Mesoamerika)
um 8.000 v. Chr. angegeben wird, der Zeitraum für
Nordamerika jedoch ungefähr auf 6.000 v. Chr. datiert
wurde. Das Ende dieser Zeiträume wird ebenfalls
unterschiedlich beziffert. Je nach Region schwanken die
Angaben zwischen 2.000 bis 500 v. Chr., in einigen
Landstrichen wird das Ende sogar erst mit dem Kontakt
aus Europa stammender, weißer Besiedler in Verbindung
gebracht (z. B. im Raum Kalifornien).Im Archaischen
Zeitraum existierten die Menschen nach wie vor
hauptsächlich vom Jagen und Sammeln. Doch es kam auch
zur Entwicklung neuer Technologien, die den Beginn des
Ackerbaus ermöglichten. Keramikherstellung kannte man
ebenfalls schon. Die Voraussetzung für eine
Sesshaftwerdung waren gegeben, wurden jedoch von den
Ureinwohnern in unterschiedlicher Weise genutzt. Während
sich einige Stämme tatsächlich niederließen, zogen
andere dem Großwild (Bisons, Mammuts usw.) hinterher
oder spezialisierten sich auf die küstennahe Versorgung.
Die sich um 1000 v. Chr. entwickelnde Sesshaftigkeit,
die sich im Östlichen Waldland vollzog und bei der von
der Archaischen Periode keine Rede mehr ist, gehört der
Woodland-Epoche an, während das Ende der Archaischen
Phase in Mittelamerika die Vorläufer der Maya-Kultur zur
Folge hatte (etwa 2500/2000 v. Chr.)
Die Kolonialisierung Nordamerikas
Die Reisen, die Kolumbus nach Amerika machte, fanden in
Europa interessierten Widerhall, vor allem die
Reichtümer, die er mitbrachte. Nicht nur Portugal und
Spanien wollten die Gebiete Amerikas kolonialisieren,
auch England schickte immer mehr Schiffe aus, die außer
nach
Island und
Grönland auch bald die Nordküste der
heutigen USA erreichten. Ebenso fuhren die Franzosen
über den Ozean, um sich an der Eroberung der Neuen Welt
zu beteiligen. Bis zum Ende des
18. Jahrhunderts war der
Kampf um die Vorherrschaft in Amerika so gut wie
abgeschlossen. Die Engländer hatten im größeren Teil von
Nordamerika die koloniale Macht übernommen, die Spanier
waren in Mittel- und Südamerika erfolgreich. Jedoch
hatten sie vordem den Südteil Nordamerikas in Besitz
genommen und besiedelt, ebenso Mexiko und Peru, wobei
letztere ein verheerendes Blutbad über sich ergehen
lassen mussten. Spanien hatte nicht nur Zentralamerika
für sich in Beschlag genommen, sondern seine
Kolonialansprüche über Südamerika und sogar bis zu den
zu Asien gehörenden Philippinen ausgedehnt. Was
beispielsweise für Spanien als Goldenes Zeitalter in die
Geschichte einging, war für die Kolonien das ganze
Gegenteil. Sie mussten sich die Zerstörung ihrer Kultur,
die Unterwerfung unter die spanische Gesetzgebung
gefallen lassen und bekamen zudem den christlichen
Glauben aufgezwungen.
Nicht anders verfuhren die Briten mit den Einwohner
Nordamerikas, die in Stämmen lebten, mitunter zwar
gegenseitige Feindschaft hegten, aber im Großen und
Ganzen bis zur Eroberung durch die Engländer nach ihren
Riten lebten. Die Engländer siedelten sich in ihrer
neuen Kolonialheimat schnell an. Große, wenig bewohnte
Gebiete fanden sie vor allem an der nordamerikanischen
Ostküste. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts kam es zur
zunehmenden Einwanderung durch Schotten und Iren, aber
auch durch deutsche Auswanderer.
Durch die Holländer war es bereits 1625 zur Gründung von
Neu-Amsterdam gekommen, daraus wurde 1664 New York, das
dann in britische Herrschaft überging. Frankreich war
zunächst nur im Handel aktiv, richtete aber dann einen
Handelsposten am St.-Lawrence-Strom ein und 1608 kam es
durch Samuel de Champlain (ca.1567-1635) zur Gründung
von Quebec. Innerhalb von rund zwei Jahrzehnten hatten
die Franzosen das Gebiet westwärts bis nach Wisconsin
für sich in Beschlag genommen. Die Handelsroute hatte
sich 1660 bereits bis nach Saskatchewan ausgeweitet und
im Jahr
1718 entstand das heutige New Orleans, das die
Franzosen gründeten, um die Herrschaft an der
Mississippi-Mündung La Nouvelle-Orteans innezuhaben.
Frankreich hatte bis etwa
1750 das mittlere Nordamerika
eingenommen. Das hinderte die Engländer an ihrer
Ausbreitung in Richtung Westen. Den Engländer gelang es
ebenso wenig, weiter nach Süden vorzudringen, denn die
Golfküste von Mexiko und Florida war spanisch besetzt.
Durch den Englisch-Französischen Krieg, der zeitgleich
mit dem Siebenjährigen Krieg in Europa (1756-1763) u. a.
die territoriale Vorherrschaft zum Inhalt hatte, brachte
Großbritannien einen Sieg und bedeutende Teile von deren
Gebieten in Nordamerika.
Die Briten hatten nun eine gesicherte Machtposition in
Nordamerika. In dreizehn eigenständigen Kolonien hatten
sie ihre Siedlungs-Heimatstätten errichtet, waren jedoch
nicht willens, an das weit entfernte Mutterland
Steuerabgaben zu leisten, wenn sie doch nicht einmal im
englischen Parlament vertreten sein konnten. Das führte
zu Streitigkeiten, aus denen eine Revolte wurde. Die
Kolonien erklärten am
4. Juli 1776 ihren unabhängigen
Status von Großbritannien, gaben sich eine eigene
Verfassung und gründeten 1787 die Vereinigten Staaten
von Amerika, die USA.
Nach der Gründung der USA
Die „Native Americans“, wie die indianischen Ureinwohner
auch genannt werden, waren im neu gegründeten Land, das
eigentlich ihre Heimat war, natürlich weit verbreitet.
Die nordamerikanische Prärie ist die Region, die sich
bei den Europäern am meisten mit dem klassischen
Indianer-Bild verbindet. Am
Ende des 18. Jahrhunderts
lebten in dieser Region mehr als dreißig Stämme, von
denen einige durch die neuzeitlichen Verfilmungen
namentlich an Bekanntheit gewonnen hatten wie u. a. die
Sioux, die Cheyenne oder auch die Blackfeet. Die meisten
dieser Stämme lebten als Nomaden und jagten
hauptsächlich Bisons. Doch als die Bisonherden
ausgerottet waren, weil die europäischen Einwanderer das
Großwild ebenfalls zu nutzen wussten, waren die Stämme
vom Hungertod bedroht. Wer im 19. Jahrhundert nicht
gerade mangels genügender Nahrung starb, fiel den
brutalen Kämpfen mit dem neuen „Landesherren“, den
weißen Männern zum Opfern.
Ähnlich erging es den so genannten Waldland-Indianern,
die das Küstenland im Nordosten und Südwesten von
Nordamerika bevölkerten. Sie nutzten zahlreiche Seen
(Michigansee, Eriesee, Ontariosee, Huronsee) zum
Fischfang, bepflanzten fruchtbaren Boden, gingen jagen,
bauten aus den reichlich vorhandenen Holzvorräten Häuser
und pflegten ihre traditionelle Kultur. Diese Region war
die Heimat, beispielsweise der Abnakin, der Delawaren
und Irokesen. Auch deren Leben erfuhr durch die weißen
Einwanderer eine verheerende Wende. Die Indianer wurden
ihrer Lebensgrundlage beraubt, der Wald wurde zu großen
Teilen vernichtet und die Menschen wurden gewaltsam
vertrieben. Viele überlebten das nicht. Lediglich die
Irokesen gelang es, sich in einer neuen Heimat, im
Gebiet des heutigen Staates New York, niederzulassen.
Die Cherokee konnten ebenfalls ihre Kultur bis in die
Gegenwart bewahren. Diese Indianer hatten es geschafft,
Frieden mit den eingewanderten Siedlern zu schließen.
Heute gelten sie als der größte noch vorhandene Stamm
der Ureinwohner Nordamerikas.
In den heißen Gegenden der Hochebene im Südwesten
Nordamerikas lebten die Pueblo-Indianer. Des trockenen
Klimas wegen hatten sich die Menschen Stein- und
Lehmhäuser an den Canyon-Felshängen errichtet. Sie
betrieben Web- und Töpferkunst, konnten als Ackerbauern
auch den kargen Boden bewirtschaften.
In dieser Region waren auch die Navajo zu Hause.
Allerdings hatten sie sich erst im 12. bzw. 13.
Jahrhundert in der Gegend der heutigen amerikanischen
Bundesstaaten Arizona, Colorado, Utah und New-Mexico
angesiedelt. Die Navajo wurden lange nicht sesshaft. Sie
waren ein mutiger Kriegerstamm, der sein Dasein durch
die Jagd und auch durch Überfälle fristete. Letzteres
verlor sich aber mit ihrer Sesshaftigkeit. Stattdessen
gewann ihr Webereihandwerk an Perfektion, ebenso die
Herstellung von Silberschmuck.
In jener Zeit kam auch der Stamm der Apachen in diese
Region.
Mit der zunehmenden Einwanderung der Europäer nahmen die
Navajo ihr Kriegerhandwerk wieder auf und leisteten
gewaltigen Widerstand gegen die Eindringlinge, der
jedoch scheiterte. Die Europäer ließen einige
Ureinwohner friedlich von ihren Ländereien abziehen,
denjenigen, die dazu nicht bereit waren, drohte die
gewaltsame Vertreibung. Erst im Jahre 1868 konnten die
Navajo durch eine vertragliche Festlegung in ihre
ursprüngliche Heimat zurückkehren. Die heute wieder dort
lebenden Menschen leiden unter Arbeitslosigkeit, leben
in ärmlichen Verhältnissen und können ihre einstige
große Kultur nicht bewahren.
Auch an der Nordwestküste der heutigen USA, wo die
klimatischen Bedingungen besonders hart sind, haben sich
Menschen angesiedelt. In dieser Kälte lebten die
Bewohner vom Fischfang, vor allem vom Walfang und sie
gingen auf die Robbenjagd. Was sie im kalten Sommer an
Nahrungsvorräten anhäufen konnten, ermöglichte ihnen das
Überleben im eiskalten Winter, den sie mit der Schaffung
kunstvoller Gegenstände wie Totempfähle und Holzmasken
nutzten.
Die Stämme, die in dieser kalten, kargen Gletscher- und
Fjordwelt lebten, waren die Tlingit, die Haida und die
Chinook. Die Mitglieder des Chinook-Stammes gelang es,
mit den Einwanderern aus Europa Handel zu treiben, ohne
dass sie ihre Gebiete verlassen mussten. Dennoch starb
der Stamm allmählich aus, weil die Menschen den
eingeschleppten Krankheiten nicht Herr wurden.
Ureinwohner heute
Die Indianer besitzen kein eigenes Land mehr. Selbst der
Grund und Boden, auf dem ihre Reservate liegen, gehört
dem Staat. Ungefähr 310 Reservate gibt es, die sich vor
allem im westlichen Teil der USA
befinden. Die
Landfläche macht mit 225.000 qkm etwa 2% der
Gesamtfläche Amerikas aus. Zwar haben sich die einzelnen
Stämme, die überlebten, eine eigene Rechtssprechung
gegeben, doch das Land wurde ihnen zugeteilt und es war
meist landwirtschaftlich schlecht nutzbar. Die Versuche
der Indianer, die aus den ihnen zugewiesenen Gebieten
flüchten wollten, wurden von der Armee im Keim erstickt.
Es kam immer wieder zu kriegerischen Handlungen, weil
die Lebensgrundlagen für die Ureinwohner miserabel
waren. Der so genannte Dawes Act, der seit
1887 bestand
und durch den die Regierung keine große Landflächen mehr
ein Indianervolk abgab, sondern einzelnen
Stammesmitgliedern Parzellen zuwies, hatte Gültigkeit
bis 1934.
Danach versuchten die USA die Vorgehensweise ihren
Ureinwohnern gegenüber zu ändern. Die Missionierung zum
Christentum sollte nicht mehr Vorrang haben.
Selbstbestimmung und die traditionelle Kulturpflege
sollten gefördert werden, auch Unterstützung in
medizinischer Versorgung und Schulbildung wurden den
Indianern zugesagt. Das Leben in der Zwangs-Zivilisation
blieb indes ohne echte Zukunftsaussichten. Trostlos und
ärmlich.
Eine der wenigen Einnahmequellen der Indianer sind
Casinos, von denen es in den Reservaten etliche gibt.
Sie ziehen Touristen an und ermöglichen einigen
Ureinwohnern einen kleinen Wohlstand, werden aber auch
von vielen Indianern abgelehnt, weil sie das Glücksspiel
nicht mit ihren herkömmlichen Traditionen in Einklang
bringen. Zu Recht befürchten sie, dass immer mehr
tatsächliches Kulturgut verloren geht.