Das waren die 60er
Werbung
Die
60er-Jahre waren Jahre des Aufbruchs in eine neue Welt, die Freiheit,
Grenzenlosigkeit, Kreativität und Zusammengehörigkeit versprach. Es war das
Jahrzehnt der jungen Leute, die den Zweiten Weltkrieg als Kinder oder
überhaupt nicht erlebt hatten. Junge Leute, die nichts mehr hören wollten
von Entbehrungen und Wiederaufbauleistungen. Jugendliche, die ihr Leben
selbstdefiniert leben wollten, die gesellschaftliche Grenzen austesteten und
dadurch allmählich erweiterten.
Allerdings dauerte es ein paar Jahre, bis sich in Deutschland diese
Tendenzen durchsetzten. Deutsche Schauspieler wie Heinz Rühmann, Heinz
Erhard, Uschi Glas oder Judy Winter waren Garanten erfolgreicher
Filmkomödien. Harmlose Paukerfilme hatten Hochkonjunktur. Aber es gab auch
andere Entwicklungen mit Filmen von Rainer Werner Fassbinder oder
Verfilmungen der Erzählungen von Siegfried Lenz. Krimireihen wie Stahlnetz
oder die Edgar Wallace-Filme begannen sich zu etablieren. Familienserien wie
Pipi Langstrumpf oder Salto Mortale bannten das Publikum vor den Fernseher.
Science-Fiction-Fans hatten ihren Spaß mit der Raumpatrouille oder dem
Raumschiff Enterprise. US-amerikanische Fernsehserien waren der Hit im
deutschen Fernsehen: Flipper, Lassie oder Bonanza sind nur wenige Beispiele
einer ganzen Reihe von Erfolgsserien. Die Bildung und seriösere Unterhaltung
sollte aber auch nicht zu kurz kommen. Es gab Tiersendungen wie Expeditionen
ins Tierreich oder Im Reich der wilden Tiere und Quiz- und
Unterhaltungsshows mit Robert Lembke oder Peter Frankenfeld.
Für die einen waren die 60er Jahre einfach die „Sixties“, in denen die
Miniröcke, Minikleider und die nackten Knie der Frauen für Aufregung
sorgten. Für andere war es das Jahrzehnt des politischen Aufstands mit
Rassenunruhen, Studentenbewegungen, Hippies und Friedensbewegungen. All das
kulminierte in der 68er-Bewegung. Dann gibt es diejenigen, die die 60er als
die interessantesten Jahre der Musikgeschichte betrachten. In diesen Jahren
entwickelten sich bis heute einflussreiche Musikrichtungen wie der Beat, der
Rock und Hardrock, Soul, Reggae, Flower Power, Folk und auch der Free Jazz
mit Künstlern wie Elvis Presley, Beatles, Rolling Stones, Led Zeppelin, Bob
Dylan, Beach Boys, Jimi Hendrix, Janis Joplin, James Brown, Bob Marley oder
Frank Zappa. Das Musikfestival in Woodstock ging in die Geschichte ein,
während im deutschen Radio noch bevorzugt deutschsprachige Musik zu hören
war. Die Stars waren Peter Alexander, Drafi Deutscher, Peter Kraus, Roy
Black, Heintje, Gus Backus oder Nana Mouskouri.
Die 1960er-Jahre - Eine haarige Sache
Dann war da die Sache mit den Haaren. Angepasste Haarschnitte, gescheitelt
und pomadig, gekämmt und am Kopf festgeklebt waren endgültig out. In den
60ern war es eine ganze Generation, die sich vorgenommen hat, ihre Zukunft
selbst und ihre Haare neu zu gestalten. Alles war plötzlich möglich, nichts
war provokant genug. Männer trugen eine Haartolle oder schulterlanges Haar,
Dreadlocks oder Pilzkopf. Frauen toupierten ihre Haare und besprühten sie
mit reichlich Haarspray, kreierten Ponyfrisuren und trugen Pagenkopf oder
Pixie. All das provozierte, denn diese Frisuren signalisierten: Wir Männer
ziehen nicht mehr in den Krieg und wir Frauen stehen nicht mehr hinter dem
Herd. Die Eltern- und Großelterngenerationen waren empört. Sie fühlten sich
in allem, was sie repräsentierten, abgelehnt und missverstanden. 1968 wurde
das Musical Hair uraufgeführt und wurde eines der erfolgreichsten Musicals
weltweit.
Internationale Filmstars der 1960er Jahre wurden zu Legenden. Die Frauen
fanden ihre Vorbilder in Audrey Hepburn, Brigitte Bardot, Catherine Deneuve,
Romy Schneider, Sophia Loren und Claudia Cardinale. Die Männer konnten Rock
Hudson, Alain Delon, Clint Eastwood oder Dustin Hoffman nacheifern. Aber
auch die Filmregisseure gingen mit Filmklassikern in die Geschichte ein:
Alfred Hitchcock, Billy Wilder, Roman Polanski, Stanley Kubrick oder Sergio
Leone. Die Filme wurden gesellschaftskritischer wie „Asphalt Cowboy“ und
brutaler wie „Psycho“ oder „Rosemaries Baby“. Es gab moderne Western wie
„Spiel mir das Lied vom Tod“, Science-Fiction wie „2001: Odyssee im
Weltraum“, Liebesfilme wie „Die Reifeprüfung“ und Roadmovies wie „Easy Rider“.
Die 1960er Jahre werden wohl immer mit dem Vietnam-Krieg in Verbindung
gebracht werden. Die Attentate 1963 auf John F. Kennedy und 1968 auf Martin
Luther King bewegten die ganze Welt. 1969 saßen eine halbe Milliarde
Menschen vor den Fernsehgeräten, als Neil Armstrong als erster Mensch den
Mond betrat. In Deutschland war Ludwig Erhard Bundeskanzler, in Kuba drehte
sich alles um
Fidel Castro und Che Guevara. Der Gummibaum brachte Exotik in
die deutschen Wohnzimmer, in denen Möbel mit Hair Pin Legs, also mit
Haarnadelbeinen, und futuristischen Designs in grellen Farben Platz fanden.
Die Klein- und Mittelklassewagen hießen Opel Kadett und Kapitän, Trabant
601, Renault 4, Fiat 500, Ford Taunus oder waren einfach nur die Ente von
Citroën und der Käfer von VW.
Die 1960er Jahre waren in allen Bereichen und allen gesellschaftlichen
Belangen stilbildend und setzten Maßstäbe, die noch heute gültig sind.